Dienstag, 27. September 2011

Altweibersommer

HTuNG-2011-012
Letzte Woche feierten wir ein schönes Herbst-Tag-und-Nacht-Gleiche-Ritual am Vogelsee. Zwei Silberreiher saßen in einem Baum und sahen uns zu.
Und danach wurde das Wetter besser: trocken, warm und sonnig.
Ich bin heute aus der Nachtwache gekommen, habe am Nachmittag eine Gang nach Selent zum Einkaufen gemacht, die restlichen Kartoffeln aus der Erde geholt und Feldsalat eingesät. Dafür ist es recht spät, aber vielleicht klappt es noch.

Am Wochenende habe ich den Treckern mit ihren riesigen Eggen jenseits der Gartengrenze zugesehen: zwei Tage und auch einen Teil der Nächte waren sie zu Gange mit ihren tranceinduzierenden brummenden Motoren. Wieder dachte ich: Männer lieben Maschinen, und die haben ja auch etwas Faszinierendes. Andrerseits sehe ich, wie brutal diese Art des Felderbestellens ist. Für die kleinen Tiere, die auf und in der Erde leben, muß das doch einem Erdbeben gleichkommen.

Die Behandlung bei Heilpraktiker L. habe ich letzte Woche beendet. Anders als beim Rolfung habe ich dieses Mal auf meine innere Stimme gehört.
S. hat mir Pilates empfohlen, um meinen Rücken zu stärken. Sie sagte, daß meine Zeit im Gipsbett in meinem ersten Lebensjahr mir geholfen habe, langsam im Erdenleben anzukommen.
Ich habe Erinnerungen an diese Zeit - Eindrücke, Farben, Geräusche, Licht - die ich mit Alleinsein und Geborgenheit assoziiere. Mein Vater sagte, ich wäre in dieser Zeit ruhig und zufrieden gewesen.

Manchmal in der letzten Zeit erfüllt mich ein Gefühl von Weite, eine Art von Liebe, die sich auf alles richtet. Es ist gar nicht genauer zu beschreiben, so neu und ungewohnt ist es.
HTuNG-2011-001

Samstag, 17. September 2011

Herbststimmung

Schnitterin-2011-083
Heute fand der ImkerInnen-Kurs zum letzten Mal statt: noch einmal Besuch bei den Bienen, die mich immer auf unbeschreibliche Weise berühren. Noch einmal praller Unterricht mit praktischem Tun: Propolis von den Rähmchen kratzen und eine Tinktur daraus ansetzen.
Das Highlight war der Beitrag des anthroposophischen Arztes Markus Peters über Bienenmedizin.
Ich habe seit dreißig Jahren beste Erfahrungen mit anthroposophischen Ärtzen gemacht, obwohl ich selbst keine Anthroposophin bin: sie nehmen sich Zeit, sie bemühen sich, den ganzen Menschen zu sehen, sie haben eine Weltsicht, die ich in vielem sehr schlüssig finde, sie haben eine Art über Krankheit und Gesundheit zu denken, die mich einfach sehr anspricht.
Herr Peters sprach mir aus der Seele, als er über die schwachsinnige EU-Verordnung sprach, daß alle Medikamente standardisiert werden müssen, um zugelassen zu werden. Das geht aber z.B. mit Propolis-Zubereitungen nicht, weil die je nach Region, Wetter, Trachtangebot unterschiedlich ausfallen. Ich sage in den Kräuterkursen gerne, daß die Pflanzenmedizin nicht standardisiert sein muß, weil auch der Mensch nicht standardisiert ist, ebenso wenig wie andere lebendige Systeme. Standardisierung ist ein Konstrukt, mehr nicht.
Wahrscheinlich ist es ganz gut, daß die EU Propolis nicht als offizielle Medizin zulässt: dann können sich keine Pharma-Konzerne reinhängen, die Bienen für ihre Zwecke auszubeuten. Und wir ImkerInnen machen einfach unsere eigene Medizin. Just do it!
Zum Abschied gab es herzliche Umarmungen, und ich fuhr mit ganz warmen Gefühlen nach Hause.
Da schwang ich mich gleich aufs Fahrrad und erkundete einen schönen verwunschenen Wald hinter dem Gut Friedeburg, bespritzte meine helle Hose mit Schlamm, keuchte die endlose Steigung zum Gallenberg hoch und genoss die Herbststimmung. Ich liebe den Herbst: er hat etwas Heimeliges mit seinem Nebel, seinen Erdfarben, dem Ernten, Einmachen und Einlagern.
Schnitterin-2011-086

Donnerstag, 15. September 2011

Sensenfrau

Schnitterin-2011-088
heute Vormittag
Schnitterin-2011-090
mein Werkzeug
Schnitterin-2011-091
heute Mittag
Ha, ich bin stolz. Das Sensen klappt dank der neuen superscharfen Grassense schon ganz gut. Langsam habe ich den Bogen raus (im wahrsten Sinne des Wortes).
Ich habe mich heute immer zwischen den wasserreichen Schauern, die den diesjährigen norddeutschen Sommer ausmachen, im Garten betätigt und bin sehr zufrieden mit meinem Werk.
Abends dann Yoga in Kiel für meine beanspruchten Muskeln. Jetzt ist Feierabend!

Samstag, 10. September 2011

sich selbst gehören

Schnitterin-2011-056
Woraus ich meine Pflanzenmedizin mache?
Aus allen möglichen Heilpflanzen, die ich in der freien Natur finde. Und aus einigen, die ich in meinem Garten ausgesät habe, z. B. aus der Ringelblume.

Ich möchte mal wieder für die Oya werben. Die gibt es auch in Bahnhofsbuchhandlungen. Zitieren will ich hier ein paar Sätze aus einem genialen Artikel von Johannes Heimrath:
"Gehört in der Commonie (gemeint ist die Allmende, also das, was einer Gemeinschaft zur Verfügung steht, ohne Privatbesitz zu sein - Anmerkung von mir) allen alles? Oder nur das, was alle nutzen? Ich fühle das elementarer: In der Commonie würde primär alles sich selbst gehören. Das würde aus bisherigen Objekten, über die der Homo industrialis sich anmaßt, räuberisch zu verfügen - Boden, Pflanzen, Tiere, Kinder, Arbeitskräfte, Dinge, Wasser, Luft - Subjekte machen: Träger und Präger je eigener Rechte. Und es würde zumindest die menschlichen Subjekte mit der impliziten Pflicht erfüllen, achtungsvoll, dankbar, lebensfördernd und allen anderen Subjekten gegenüber dienend in der Welt zu sein."
Was für eine Umwälzung wäre diese Art zu denken!
Und was würde das bedeuten für den Umstand, daß wir Lebewesen töten, um zu überleben: Tiere, Pflanzen.
Ute Schiran ist davon überzeugt, daß es zwischen jagendem und gejagten Tier im Vorfeld des Tötens, also bevor der Adler zugreift, die Katze eine Maus fängt usw., eine Kommunikation gibt. Sie hat beobachtet, daß es eine Form von Einverständnis gibt: du darfst mich essen.
Ich habe vor kurzem eine Geschichte erlebt, die vielleicht in eine ähnliche Richtung weist:
Die große Hausspinne, die im Flur lebte und sich von den Kellerasseln ernährte, die durch die Wohnungstür hereinkommen. ließ sich von mir auf meine Kehrichtschaufel nehmen, als ich den Fußboden wischen wollte. Als alles fertig war, ging sie wieder herunter. Aber wenig später saß sie auf meinem Wohnzimmerteppich direkt neben meinem Stuhl. Als ich aufstand, sah ich sie und hatte das deutliche Gefühl, das sie mir etwas mitteilen wollte.
Einige Tage später fand ich sie säuberlich zu einem Päckchen verschnürt und von den kleinen Zitterspinnen ausgesaugt in der Ecke liegen. Ihr könnt mich gern für spinnert (!) halten, aber vielleicht hat sie ihr Ende gefühlt und sich den anderen Spinnen als Nahrung angeboten.
Zurück zu den Tieren, die wir essen: wenn alles sich selbst gehört, sind natürlich auch solche Perversitäten wie Hühnerfabriken, Massentierhaltungen, Enthornung von Kühen nicht mehr machbar.
Ach ja, und privat kommt von lat. privare, d. h. rauben. Unsere Gesetze, die Privatbesitz schützen, schützen also Diebe. Interessanter Blickwinkel, nicht?
Schnitterin-2011-073

Samstag, 3. September 2011

Wilde Medizin

Schnitterin-2011-068
Es macht mir enorm viel Freude, eigene Medizin herzustellen. Das habe ich beim heutigen Kräuterkurs mal wieder festgestellt.
Die einfachen Hausmittel, die so effektiv sein können. Genau abgestimmt auf mich, vom Moment des Sammelns an, die Zubereitung im Bewußtsein, daß die grüne Wesenheit mir erlaubt, ein Heilmittel herzustellen. Das Gefühl von Eigenmacht und die wundersame Resonanz mit den Pflanzen: heute z.B. die Karde, die mit ihrer stolzen, wehrhaften Gestalt und ihrer enormen Bitterkeit ebenso wie mit den erstaunlichen Wasserbecken am Grunde ihrer Blätter mich so sehr anspricht.
Ich hatte um gutes Wetter gebeten, und das kam, so daß wir den ganzen Tag draußen sein konnten: die Libellen und Schwalben umschwirrten uns, der Tisch bog sich unter den leckeren Sachen, die die Frauen zum Mittagsimbiss mitgebracht hatten, die Damhirsche zeigten sich und dieser paradiesische Fleck Erde lag offen in seiner ganzen Schönheit.
Schnitterin-2011-063
Im Kiesgrubenbiotop wachsen so erstaunliche Sachen wie gelbe Tomaten und Lampionblumen. Wie die da wohl hingekommen sind?

Mittwoch, 31. August 2011

Glühbirne

Schnitterin-2011-065
Heute hörte ich im Radio, daß ab morgen keine normalen 60W-Glühbirnen mehr verkauft werden dürfen. Ich hielt also bei Edeka in Selent an, um zu erfahren, daß es keine 60W-Birnen mehr gibt. Dumm gelaufen. Na ja, ich habe noch ein kleines Depot zu Hause.
Warum ich nicht die sogenannten Energiesparbirnen kaufe?
Weil sie erstens in meinen Augen große Volksverarschung sind, zweitens ich das Licht unangenehm finde, drittens ich so wenig Strom verbrauche, daß ich nicht gerade an den harmlosen Glühbirnen sparen will und viertens ich mich daran beteiligen will, daß noch mehr Sondermüll in Form von Quecksilber produziert wird. Ich gehe auch davon aus, daß viele Menschen diese giftigen Birnen ganz normal über den Hausmüll entsorgen werden, aus Mangel an Information oder aus Bequemlichkeit.
Dafür hat man vor einigen Jahren die zuverlässig funktionierenden Quecksilber-Fieberthermometer aus dem Verkehr gezogen, weil das Quecksilber so gefährlich ist.
Eine ähnliche Volksverarschung ist der E10-Sprit, den glücklicherweise kaum eineR haben will. Ist euch auch schon aufgefallen, daß es immer mehr Maisfelder gibt? Das ist der Rohstoff für den sogenannten Bio-Sprit. Lebensmittel sollen in den Tank wandern - der Gipfel einer kollektiven Geisteskrankheit.

Ich habe mich wegen meiner weiterhin tauben Hände und Arme in die Behandlung eines Osteopathen begeben. Sie scheinen eine Folge der seit meiner Geburt bestehenden Skoliose zu sein, die trotz Gipsbett und intensiver Krankengymnastik in meinem ersten Lebensjahr immer noch deutlich sichtbar ist. Ich soll Krafttraining machen. Das gefällt mir nicht, aber einen Versuch ist es wert. Wieder zurück im Dorf habe ich bei B. Honig gekauft und mich von ihr zum Kaffee einladen lassen.
Es ist wirklich schön, daß Frauen wie sie hier wohnen.
Schnitterin-2011-067

Dienstag, 30. August 2011

Selbstfürsorge

Schnitterin-2011-059
Am Freitag war ich zur Hochzeit von Markus und Svenja in Surendorf am Strand.
Es war alles sehr anrührend, und viele Tränen flossen während der Trauungszeremonie im Zelt. Nachdem ich nun zwei Ehen, die halten sollten "bis der Tod uns scheidet", hinter mich gebracht habe, erscheint es vielleicht komisch, daß ich mich der Intensität des gegenseitigen Versprechens der beiden jungen Leute nicht entziehen konnte und sie beneidete.
Es wird ja behauptet, daß das westliche Ideal der lebenslänglichen Lebensgemeinschaft von zwei Menschen aus der Romantik stammt und nichts Ursprüngliches ist. Mag sein. Aber es gibt eben auch die Beispiele in der Natur, wo das klappt: etwa bei Rabenvögeln und Schwänen. Es soll ja auch Menschen geben, die es schaffen, sich über einen sehr langen Zeitraum gemeinsam weiter zu bewegen.
Da komme ich gleich wieder zu meinem Thema: Die Notwendigkeit, für mich zu sein, um auch mit anderen sein zu können. Für symbiotische Beziehungen bin ich nicht gemacht. Ich glaube auch, daß Symbiose der Tod des Eros ist.
Man hat mir Egoismus vorgeworfen, weil ich mir konsequent mein Bedürfnis nach dem Für-mich-Sein erfüllt habe. Wenn Selbstfürsorge Egoismus bedeutet, dann bin ich egoistisch. Andrerseits: wer ist hier egoistisch? Vielleicht genau so sehr derjenige, der vom Anderen ständiges Zusammensein verlangt, damit der seine innere Leere füllt.
Generell wird Selbstfürsorge nicht gern gesehen. Irgendwie spukt in uns immer noch die Vorstellung, wir wären erst mal dazu da, die Bedürfnisse der anderen zu erfüllen - und verlangen von den anderen natürlich das gleiche. Ich glaube, wenn alle Erwachsenen in der Lage wären, ihre eigenen Bedürfnisse klar zu erkennen und sich zu erfüllen, natürlich ohne anderen Lebewesen zu schaden, wären auch die Beziehungen besser.

Da fallen mir die Schnecken im Garten ein: sie fressen meine Zucchini, aber immer nur einen auf einmal, so daß ich die anderen ernten kann. Auch hier erkenne ich perfekte Selbstfürsorge: wir haben beide etwas davon.

Zu guter Letzt noch ein Satz, den ich mal so ähnlich bei Starhawk gelesen habe: Sorge gut für dich selbst, und du wirst sehen, das Selbst ist überall.
Eben!
Schnitterin-2011-066

Mittwoch, 24. August 2011

Natur

Schnitterin-2011-047
Heute habe ich den ganzen Tag im Garten verbracht. Endlich mal warmes Wetter ohne Regen, so konnte ich mich um meinen verwilderten Gemüsegarten kümmern: Die letzten dicken Bohnen und Erbsen abernten, auf den frei gewordenen Platz Erdbeerableger pflanzen, die erste Reihe Kartoffeln ausgraben (die sind superdick dieses Jahr), die Rose und den Lavendel einpflanzen, die ich geschenkt bekommen habe, zwischendurch einen kurzen Schnack mit einer Dorfbewohnerin halten, Petersilie und Radieschen aussäen, einen etwas längeren Schnack mit meiner Nachbarin halten, Kaffee trinken und in die Landschaft schauen, den sonoren Rufen der Raben zuhören und sie wegen ihrer lebenslängllichen Paarbindung beneiden.
Katharina hat am Sonntag J. mit meinem Auto besucht, und ihre Erzählungen haben mir mal wieder sowohl die Unausweichlichkeit der Trennung in Erinnerung gebracht wie auch mein Bedauern über diese Unausweichlichkeit hoch gekocht.
Da war Gartenarbeit genau das Richtige für mein Gemüt.
Schnitterin-2011-055
Ich lese gerade von Andreas Weber Mehr Matsch - Kinder brauchen Natur. Sehr schön und einleuchtend geschrieben, teilweise sehr anrührend.
Ich fühle mich beim Lesen immer wieder in meine Kindheit zurückversetzt, vor allem die Ferienzeiten bei Oma und Opa im Solling, das Streunen durch den Wald und über die Wiesen, die dicke Dunje-Eiche, die Hasen, die Pferde vom Milchmann, die Hühner der Nachbarin. Auch die wilden kleinen Blumen in den Alpen, die ich bei unseren Bergwanderungen fand. Die Schafe, die zu mir kamen, wenn ich nur lange genug geduldig am Zaun stand, und die Kühe, die damals alle noch Hörner hatten, nach warmem Heu dufteten und ihre weichen feuchten Lippen in meine Hand legten. Aber auch in der Stadt, in der ich aufgewachsen bin, gab es freie Natur: die besenartigen Beifuß-Büsche auf den Trümmern vom Krieg, wo wir verbotenerweise spielten, und die Erdameisen auf dem Spielplatz, die mein Vater mit einer Schaufel freilegte, um sie mir zu zeigen.
Nicht nur Kinder brauchen Natur, wilde Natur, auch Erwachsene - jeder Mensch, davon bin ich überzeugt. Die schrecklichste Trauer, die größte Verwirrung, den heftigsten Ärger habe ich mit Hilfe der Natur bewältigt. Gerade in den letzten Jahren mit J., als keine guten Gespräche mehr möglich waren, haben mich der Garten, das Draußen-Sein und die wilden Pflanzen getröstet.
Ich bin dankbar, daß ich in einer Familie und Umgebung aufgewachsen bin, in der unmittelbarer Kontakt mit der Natur möglich war.

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