Donnerstag, 6. Oktober 2016

Herbst

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Jetzt ist ganz plötzlich der Herbst da mit Kälte und Sturm. Ich habe heute meinen Wintermantel aus dem Schrank geholt. Mir soll's recht sein. Ich mag die Jahreszeiten.
Das Leben kommt mir wieder sehr entgegen.
Gestern war ich zum Tee bei N. und ihrem Mann A., zwei meiner afghanischen SchülerInnen eingeladen. Es hat mir gefallen, diese junge Familie in ihrem privaten Umfeld kennenzulernen und mich mit ihnen auf Englisch, Deutsch und mit Hilfe von A.s Sprachapp auf seinem Smartphone zu unterhalten. Es ging sogar um Religion. Die beiden wollten etwas über den Unterschied zwischen katholischer und protestantischer Kirche wissen und waren ganz entsetzt, daß katholische Priester nicht heiraten und keine Familie haben dürfen: "Aber Gott hat doch Mann und Frau geschaffen, damit sie zusammen sind." Sie halten mich für eine Protestantin. Ich habe es erst mal dabei belassen. Wie soll ich ihnen erklären, daß ich keiner Glaubensrichtung angehöre.
N. legte, kaum waren wir in der Wohnung, ihr Kopftuch ab und zeigte nackte Arme. Sie stillte ganz entspannt ihr neugeborenes Kind, das anschließend auf dem Oberschenkel ihres Mannes schlief. Der ältere Sohn leistete uns kurz Gesellschaft und nannte mir die Namen der orientalischen Süßigkeiten.
Mir wurde mal wieder klar, wie sehr diese Menschen uns gleichen und daß der ganze Kulturkram nur der dünne Firnis über dem Menschsein ist.
Und zum Thema Kopftuch möchte ich mich jetzt auch einmal äußern: sie als Symbol der Unterdrückung der Frauen in muslimischen Ländern zu sehen, entspringt der tief verankerten europäisch-amerikanischen Überheblichkeit. Die Anstrengungen einiger Politiker, diese Kopfbedeckung zu verbieten, ist schierer Kolonialismus: wir wissen, was gut für euch ist.
Nee, wisst ihr nicht! Das können nur die Frauen dieser Länder wissen. Wenn sie kein Kopftuch mehr tragen wollen, werden sie schon damit aufhören. Solange es hierzulande noch Sexismus gibt, solltet ihr euch lieber an die eigene Nase packen.
Ich erinnere mich noch gut an hiesige Kleidungstabus: in den 60er Jahren durfte ich eines Tages nicht die Aula meines Gymnasiums betreten, weil ich wegen des winterlichen Wetters statt des damals noch für Mädchen üblichen Rocks eine Skihose anhatte. Diese Anordnung kam übrigens von einer Frau, unserer Direktorin.

Dann bekam ich endlich Paletten, auf die ich mein frisch geliefertes Holz stapeln kann. Sie wurden mir sogar vor die Tür geliefert, obwohl ich sie auch abgeholt hätte. Aber der Mann, von dem ich sie bekommen habe, meinte beim Anblick meines Autos, daß man ihm das nicht zumuten könne.
Nach meiner letzten superanstrengenden Sensenmähaktion, bei der ich ständig in den dicken Moospolstern hängen geblieben bin, habe ich einige Tage über den Kauf eines leistungsstarken Rasenmähers nachgedacht. Mir ging es nicht gut damit, aber das Moos ist wohl deshalb so gewachsen, weil ich in den letzten Jahren nur einmal im Herbst gemäht habe. Mittlerweile gibt es stellenweise fast nur noch Moos, keine Wildwiese mehr.
Ich redete mit meinem Nachbarn über Rasenmähertypen, und er brachte mich ganz schnell von einem Benziner ab. "Wir haben Ökostrom, wir heizen mit Holz und wir wissen, daß wir eigentlich unsere Autos abschaffen müssten - und dann sollen wir mit einem Benzin-Rasenmäher zurückfallen?!"
Recht hat er. Ich dengelte meine Sense und beschloss, mir jetzt doch erst mal keinen Rasenmäher zu kaufen, auch keinen elektrischen. Demnächst bekomme ich einen geliehen, mit dem ich das ganze Gelände einmal glatt mähen will. Dann versuche ich es mit einem elektrischen Vertikutierer (den ich mir auch leihen werde) und im nächsten Jahr mit zweimal Mähen. Dann kann wieder eine richtige Wildwiese entstehen. Dicht am Haus mähe ich ja ohnehin mit meinem kleinen Handrasenmäher, sobald die Krokusse verblüht sind.

Heute im Café in Kiel bekam ich ein Stück Maronentarte von der Kellnerin geschenkt, und im Bioladen wollte mir ein etwas skurriler junger Mann ein Stück Kuchen kaufen. Er hatte mich zunächst um eine Beratung gebeten: "Haben Sie Geschmack? Dann müssen Sie mir jetzt helfen." Wobei ich ihm helfen sollte, weiß ich nicht, weil dann der Verkäufer kam und übernahm. Ich wollte kein weiteres Stück Kuchen. "Dann für Ihre Kinder." Wir lachten alle herzlich.

Und im Haushaltswarenladen, in dem es alles gibt, kaufte ich einen neuen Besen für draußen, ein richtig großes Teil mit dicken Borsten und musste an die Frauen denken, die auf den alten Bildern auf einem Besen reiten. Das wäre heute beim Sturm besonders gut gekommen.IMG_0574

Montag, 3. Oktober 2016

Feuer

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Morgens auf dem Weg vom Nachtdienst nach Hause nehme ich halbbewusst am allmählich hellwerdenden Himmel eine schwärzliche lockere Wolke wahr. Dann ist plötzlich klar, das ist keine Wolke sondern Rauch. Es muss also irgendwo brennen. Hinter der Lärmschutzwand an der B 76 pulsieren unzählige Blaulichter und dann sehe ich schon das hell lodernde Feuer. Was da brennt, kann ich nicht erkennen. Auf der Gegenfahrbahn kommt mir ein weiterer Feuerwehrwagen entgegen.
Ich ertappe mich bei dem Impuls, von der Schnellstraße abzufahren, um näher an das Feuer zu kommen. Die Erwachsene in mir übernimmt sofort: fahr nach Hause und leg dich schlafen.
Ein Gefühl von Aufregung bleibt. Feuer hat etwas Faszinierendes, es kann schrecklich und schön sein. Mein geliebter Opa, der sich bis ins Alter eine sehr lebendige kindliche Seite bewahrt hatte, hat wohl kaum eine Gelegenheit ausgelassen, ein Feuer zu machen, wenn wir unterwegs waren: kein bewachsener Bahndamm war vor ihm sicher - er scherte sich nicht darum, daß das verboten war- und ich erinnere mich an Kartoffelfeuer auf dem Acker. Ich mochte übrigens als Kind keine Kartoffeln, hatte einen regelrechten Ekel besonders vor Salzkartoffeln und wurde von meinem Vater immer gezwungen, sie trotz Würgreiz zu essen. Aber die verkohlten Kartoffeln aus der Glut von Opas Feuer schmeckten mir.
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Samstag, 1. Oktober 2016

Politik

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Unsere Jahreskreisfeste wollen sich mal wieder verändern. A. und ich, die wir für die Vorbereitung zuständig sind, haben große Probleme Zeit dafür zu finden. Auch die anderen Frauen haben einen sehr vollen Alltag.
Nun gibt es neue Vorstellungen, darunter auch die, auf irgendeine Weise politisch aktiv zu werden und das mit der rituellen Arbeit zu verbinden.
Vor langer Zeit war ich Mitglied einer politischen Organisation und habe einen großen Teil meiner Zeit dieser Arbeit gewidmet. Geblieben ist davon eine Abneigung gegen lange Diskussionsrunden. Auch meine Beteiligung an Demonstrationen hat sich seitdem extrem reduziert: ich war danach nur noch auf der großen Demo gegen den Irakkrieg. Allein in Berlin waren wir 500 000, und in anderen Städten auf der ganzen Erde kamen am selben Tag ähnlich viele auf die Straße. Trotzdem fingen wenig später die Bombardements der Bush-Administration an und bereiteten so den Boden für IS und ähnliche Phänomene.
Ich glaube nicht mehr so recht an die Wirksamkeit dieser Form politischer Betätigung. Parteipolitik kommt natürlich gar nicht in Frage, weiß ich doch: Wahlen ändern nichts, sonst wären sie verboten! Außerdem habe ich bei einigen meiner ehemaligen linken Genossen, die später zu den Grünen wechselten, erlebt, wie sie sich zu ihrem Nachteil veränderten, ihr Feuer verloren, sich nach der Decke streckten und schließlich nur noch darauf aus waren, gewählt zu werden.
Wie also kann sich etwas verändern?
Daß sich etwas verändern muss, ist meines Erachtens nicht mehr zu übersehen: das Tempo, in dem wir auf den Abgrund zurasen, hat sich in der letzten Zeit rasant beschleunigt. Es wird immer deutlicher, daß alle ökonomischen, ökologischen und sozialen Entgleisungen miteinander zusammen hängen.
Menschen in meinem Kreis sind in vielen Bereichen aktiv, um etwas daran zu ändern. Ich sehe ihre Anstrengungen und die Gefahr auszubrennen. Wenn ich nicht klare Grenzen zöge, würde mich meine Arbeit mit geflüchteten Menschen verzehren: es gibt da soviel Bedürftigkeit, soviel Not.
Ich denke, jede und jeder tut, was er oder sie kann. Und ich ahne, daß hinter dem ganzen Engagement für oder gegen etwas Tieferes stehen muss, wofür ich keine Worte habe.
Ich kann mich dem nur annähern: vielleicht ist es das Vertrauen, daß der Weg sich erst beim Gehen erschließt, vielleicht das Annehmen des Nicht-Wissens wie es sein wird, vielleicht die Bereitschaft, alle Sicherheiten und Gewissheiten zu verlieren.
Eine dieser Gewissheiten ist die von der Menschheit als intelligentester Spezies. Da sind uns z. B. die Bakterien Lichtjahre voraus. Stephen Buhner beschreibt ihre Fähigkeit sich selbst zu organisieren in Healing Lyme, daß ich nur staunen kann. Wir können uns von diesen vermutlich ältesten Verwandten viele Scheiben abschneiden.
Oder: seit einigen Wochen taucht in der Kieler Förde immer wieder ein Delphin auf. Er sucht die Nähe von Menschen, er schwimmt mit ihnen, er spielt mit ihnen. Was mich daran so berührt, ist daß er das macht, obwohl unsere Gattung so grausam mit anderen Lebewesen umgeht. Was für ein großes Herz muss dieser Delphin haben!
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Freitag, 23. September 2016

Trickster

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Holz hinter der Hütte

Eine Teilnehmerin meiner Kräuterkurse ist dieses Jahr im Kiesgruben-Biotop gewesen, in dem wir so oft gemeinsam wilde Pflanzen besucht haben. Sie erzählte, das sich dort ganz viel verändert habe, Erdbewegungen von Menschenhand hätten stattgefunden, und der erst vor wenigen Jahren errichtete Erdwall vor unserem ehemaligen Eingang sei planiert worden.
Heute fuhr ich dahin, das erste Mal in diesem Jahr und mit einem mulmigen Gefühl wegen ihrer Erzählungen. Ich fand ein völlig unberührtes Biotop vor, all die alten Bekannten waren noch da: Beifuß, Johanniskraut, Königskerze, Rainfarn, Steinklee, wilde Möhre... mittlerweile weitgehend verblüht. Kein Mensch hatte etwas zerstört. Ich scheuchte ein Reh auf, ansonsten war ich dort für mich. Der Erdwall am ehemaligen Eingang stand immer noch da, völlig überwuchert, so daß nichts mehr daran erinnerte, daß es dort mal einen Weg gab.
Wo war diese Frau nur gewesen? Es kann nicht dieser Ort gewesen sein. Vielleicht hatte ein Trickster-Wesen sie an der Nase herum geführt.
Heute schien jedenfalls ein Trickster unterwegs zu sein. Ich war gekommen, um Rainfarn für Bienentabak zu sammeln. Als ich damit anfing, die bereits trockenen Pflanzen zu schneiden, fing es an zu regnen. Ich entdeckte eine noch blühende wilde Möhre, die aus einem Stengel einen Riesendolde aus mindestens zehn normal großen Einzeldolden hervorgebracht hatte. Sie sprang mir schon von Weitem ins Auge, so ungewöhnlich sah sie aus. Als ich sie fotografieren wollte, streikte meine Kamera: Akku leer.
In vielen alten Kulturen gab es diese Trickster-Gestalt: Heyoka und Coyote bei den First Nations von Nordamerika, Eshú in Westafrika, Loki in der germanischen Mythologie. Das sind Namen für die Kraft, die alles durcheinander bringt, die die gewohnten Abläufe stört, die das Leben eines Menschen auf den Kopf stellt. Sie ist eine paradox wirkende Kraft, die nicht den Gesetzen der Logik folgt und sich kein bisschen um irgendeine Moral schert. Man konnte sich weder bei ihr einschmeicheln noch mit ihr verbünden. Aber es war wohl gut, von ihrer Existenz zu wissen. Sie war einfach die anarchische Kraft, die dafür sorgte, daß Gewissheiten und Selbstzufriedenheit zu Staub zerfielen.
Heutzutage ignorieren wir die Existenz dieser chaotischen Energie. Das hält sie nicht davon ab, hin und wieder unsere Pläne zu durchkreuzen.

Anschließend fuhr ich zu B. nach Plön. Sie zeigte mir den neuen Naturkostladen Die Wegwarte. Es gibt manchmal Orte, wo ich mich einfach wohlfühle. Dieser ist einer davon. Das machen nicht nur die schönen alten Möbel, der Holzfußboden, der Tresen, der an die Kaufläden meiner Kindheit erinnert, als es noch keine Supermärkte gab und man fast alles lose kaufen konnte. Es war einfach zu spüren, daß hier ein freundlicher Geist lebt.
Wir gingen dann mit einem Cappucino (ganz unökologisch im Pappbecher) und einer Waffeltüte mit leckerem Schoko-Straciatella-Eis an den See und genossen die Sonnenstrahlen.
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Dienstag, 20. September 2016

Suizid

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Meine Tochter hat mich auf ein Interview in der Schweizer WOZ mit dem italienischen Philosophen Franco Berardi aufmerksam gemacht: http://www.woz.ch/1636/franco-bifo-berardi/unser-ueberlebenspaket-fuer-die-naechsten-jahre-ist-die-ironie
Vieles darin finde ich sehr gut auf den Punkt gebracht, z. B. die Tatsache, daß die Suizidrate rasant zugenommen hat, daß die Attentate von Nizza, vom 11. September 2001 und noch einige andere scheinbar politisch motivierte in Wirklichkeit erweiterte Suizide von verzweifelten jungen Männern waren. Er rechnet aber auch das Verhalten des Finanzkapitals oder die Selbstdemontage der Deutschen Bank zu den Suiziden.
Ich füge noch hinzu: der ganze Kapitalismus bzw. seine Steigerungsform, der Neoliberalismus, bedeutet globalen Suizid.
Da fällt mir wieder der Ausspruch eines ehemaligen Freundes ein, der sehr viel Geld geerbt, angelegt und durch die Finanzkrise teilweise wieder verloren hatte: "Aber der Kapitalismus hat sich bisher noch immer wieder erholt." Als sei der Kapitalismus ein Wesen, das krank und dann wieder gesund werden kann. In gewisser Weise ist er ja auch ein Wesen, ein Monster nämlich.

Ich hab's gut: da ich nicht besonders viel Geld habe, brauche ich mir auch keine Sorgen darum zu machen.
Heute habe ich ein weiteres Stück Wiese mit der Sense gemäht. Das war superanstrengend, weil der Bewuchs so verfilzt und moosig war. Es sieht jetzt ziemlich gerupft aus, das macht mir aber nichts. Es war danach ein gutes Gefühl, das geschafft zu haben.
Heute Abend fuhr ein mir unbekannter Mann mit dem Fahrrad vorbei. Er grüßte mich wie eine alte Bekannte, machte ein bisschen Smalltalk und fragte dann, ob ich etwas Saatgut für ihn hätte. Ich fand das seltsam, gab ihm aber Samen von meinen Ringelblumen und sagte ihm noch, das die dem Boden gut täten und ich sie immer zwischen die Kartoffeln säe.
Ich verschenke gern mein eigenes Saatgut, wenn ich viel davon habe. Die Vorstellung, auf diese Weise gute Pflanzen zu verbreiten, macht mir Freude. Außerdem ist das Verschenken von Samen im Zeitalter der Patentierungen ein subversiver Akt. Ohnehin scheint mir die Schenkökonomie die Wirtschaft der Zukunft zu sein.
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Montag, 19. September 2016

Anspruch und Wirklichkeit

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Das ist ein ganz altes Thema von mir: die Dinge, die ich machen möchte und was ich real schaffe. Die Regel ist, daß ich nicht alles schaffe, was ich machen will. Zum Problem wird es, wenn alles keinen Spaß mehr macht, weil mir die Zeit im Nacken sitzt.
Ich habe das heute mal wieder gemerkt, als ich mir den Garten ansah. Da wucherte der Ehrenpreis so üppig, daß der Anfang August ausgesäte Feldsalat ganz darunter verschwand. Gleichzeitig ruft die Wiese nach der Sense. Aber erst mal kommt der freundliche türkische Holzlieferant, und wir räumen gemeinsam das Brennholz aus dem Anhänger. Wann soll ich das denn bloß stapeln? Und das durchgetrocknete Holz vom letzten Jahr muss auch noch in den Schuppen.
In den letzten Jahren habe ich im September auch noch Holunderbeeren geerntet und entsaftet. Aber heute habe ich festgestellt, daß es dafür endgültig zu spät ist.
Ein alter Freund hat die Devise: mein Lebensmittelpunkt ist da, wo ich arbeite.
Das kann ich von mir so nicht sagen, zumindest nicht, wenn die Geldverdienarbeit gemeint ist. Eine befreundete Bäuerin erzählte Samstag am Herbst-Tag-und-Nacht-Gleiche-Feuer in meinem Garten, wie ihre drei Kinder immer bei ihr gewesen seien, wo immer auf ihrem Hof sie arbeitete.
Als meine Kinder klein waren, fand ich es zwar auch ganz schön, wenn sie mal woanders waren und ich Zeit für mich hatte (das kennt wohl jede Mutter), aber das Prinzip, zu Hause zu arbeiten, finde ich erstrebenswert. Ich bin das viele Autofahren so leid, ich finde den Schichtdienst zunehmend anstrengend und asozial, weil ich oft erst nach 22:00 zu Hause bin, ich möchte nicht mehr den Spagat zwischen zwei Orten machen.
Als ich heute bei schönem Sonnenschein in dem überwucherten Beet saß, den Feldsalat "befreite" und neben mir im Borretsch die Bienchen summten, hatte ich dann doch Freude an meinem Tun.
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Sonntag, 11. September 2016

Wendungen

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Zwei überraschende Wendungen:
vor zwei Tagen telefonierte ich mit dem alten Imker aus dem Wendland, der mir im Frühjahr seine selbstgemachte Oxalis D7-Tinktur geschickt hatte. Ich hab's glaube ich erzählt, daß wir ein langes Telefonat hatten, in dem ich von ihm erfuhr, wie er mit diesem homöopathischen Präparat seine Bienen behandelt. Ich hatte Hoffnung geschöpft, daß ich mit Hilfe dieser Medizin meinen Bienen in Zukunft die strapaziösen Säurebehandlungen ersparen könnte. Ich glaube ja, daß wir uns damit ein neues Problem aufgehalst haben, vergleichbar den multiresistenten Keimen in der Humanmedizin, die durch den exzessiven Missbrauch von Antibiotika entstanden sind.
Ich habe also in den letzten Monaten brav alle zwei bis drei Wochen meine Bienen mit Oxalis D7 behandelt, was durchaus mühsam und zeitraubend war (einen vollausgebauten Oberträger von etwa 2 kg mit einer Hand halten und dann von beiden Seiten einsprühen ist ziemlich kniffelig).
Bei dem Telefonat erfuhr ich nun, daß dieser Imker seine Bienen zusätzlich doch mit Ameisensäure behandelt hat, in diesem Jahr war der Varroa-Befall sogar ganz extrem. Ich kann den Befall bei meinen Bienen schlecht einschätzen, weil in den TBHs leider Bienen unter das Gitter kommen und alles auf den Windeln durcheinander wirbeln. Das ist ein Konstruktionsfehler, der sich erst mal nicht korrigieren lässt.
Na ja, ich war ziemlich schockiert über seine Auskunft und sehe keinen Sinn mehr in der Oxalis-Behandlung. Eigentlich sollte die Ameisensäurebehandlung im Juli beginnen und im August abgeschlossen sein. Aber weil jetzt so tolles warmes Sommerwetter ist, konnte ich heute doch noch damit anfangen. Mein Permakulturlehrer hat mich darin bestärkt.

Die zweite Wendung:
ich wollte dieses Wochenende wie sonst auch mit dem Auto nach Hamburg zum Permakultur-Seminar fahren. Am Donnerstag erfuhr ich zufällig von der Vollsperrung der A 7 in Hamburg: dort sollen ein paar Brücken abgerissen werden. Also bin ich mit dem Auto nach Kiel und von dort mit Bahn und S-Bahn nach Altona gefahren und abends wieder zurück. Das ging prima. Ich habe gestern und heute einen guten kostenfreien Parkplatz in der Nähe des Kieler Bahnhofs gefunden, konnte ganz gemütlich im Zug lesen, dösen und mich entspannen und habe gestern Abend am Bahnhof in Hamburg mit einer Mitteilnehmerin einen Cappucino getrunken. Ich glaube, das mache ich jetzt immer so. Und teurer ist es auch nicht.
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Mittwoch, 7. September 2016

Grenzen

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Heute wurde ich beim Mähen von einer Biene in den Hals gestochen. Ich kann es ihr nicht verdenken, hatte ich doch direkt in ihrer Flugbahn mit der scharfen Sense gearbeitet. Das ist die Art dieser Tiere, ihre Grenzen deutlich zu machen.
Ich habe keinen Gartenzaun und will auch keinen. Trotzdem mag ich es nicht, wenn Menschen einfach auf mein Grundstück kommen, schon gar nicht wenn ich nicht zu Hause bin. Das ist vor Jahren einmal geschehen, und eine Nachbarin hat es mir hinterher mitgeteilt.
Mit dem Postboten habe ich eine Übereinkunft, wo er Päckchen deponieren kann, wenn ich nicht zu Hause bin. Das funktioniert gut.
Spontaner Besuch darf natürlich in den Garten kommen. Gar nicht gut finde ich es, wenn Leute einfach ins Haus kommen, ohne vorher zu klingeln und hereingebeten worden zu sein. Das kommt gelegentlich vor. Neulich stand ein Versicherungsvertreter im Flur, während ich noch in der Dusche war. Er wollte nicht mal zu mir, sondern zu meinen Vorgängern.
Grenzen setze ich auch, wenn ich Links zu indonesischen Pornoseiten aus der Kommentarfunktion lösche, die irgendein Scherzkeks da reingesetzt hat. Nennt das meinetwegen Zensur.
Was ich damit sagen will: es braucht offensichtlich immer mal wieder klare Ansagen, wo die eigenen Grenzen sind. Das ist bei Menschen sehr unterschiedlich. Und offensichtlich haben besonders Frauen Schwierigkeiten zu sagen: Bis hierhin und nicht weiter!
Wie sollen Männer sonst wissen, wie weit sie gehen dürfen. Ich habe früher einige Male im Zusammenhang mit übergriffigem Verhalten den Satz gehört: "Stell dich nicht so an!" Heute kann ich nur jeder jungen Frau sagen: Ignoriere solche Sätze. Wenn du etwas nicht magst, hat das nichts mit Anstellen zu tun. Das muss der Andere akzeptieren.

Die neue Oya ist anders als sonst und gefällt mir ganz besonders. Die MacherInnen ziehen gewissermaßen ein Resumee aus den vergangenen 39 Auflagen. Ausgehend von der Erkenntnis, daß wir alle, egal wie ökologisch wir leben und einkaufen, die Vernichtungsmaschinerie des Kapitalismus mit jedem Cent, den wir ausgeben, am Leben erhalten, denken sie öffentlich darüber nach, was das bedeutet. Wir können nicht aussteigen, wir können allenfalls den Grad unserer Beteiligung reduzieren. Das heißt, wir alle sind TäterInnen, mitbeteiligt am globalen Genozid der Arten und am Untergang der eigenen Spezies. Interessant finde ich die Aussage eines japanischen Permakulturisten: die Menschheit habe mit ihrer Neigung, immer zu tun, zu optimieren, die Welt zu retten nur Schaden angerichtet.
Die Alternative ist das Lassen. Das bedeutet ja nicht nur, die Hände in den Schoß zu legen und zur Abwechslung mal nach innen zu horchen, sondern auch Andere sein zu lassen, wie sie sind. Eine der schwersten Übungen, finde ich!
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Dieses schöne Ruprechtskraut hat M. mit seiner tollen Kamera aufgenommen.

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