Samstag, 3. September 2016

Internet

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Gestern hatte ich Besuch von meinem Bruder und meiner Schwägerin. Seltene Gäste, da beide in Süddeutschland leben. Ich finde es immer wieder schön, daß ich Besuch in meiner kleinen Wohnung unterbringen kann. Wir waren am Strand, wo ich Huflattichblätter für meine immer noch strapazierten Bronchien gefunden habe. Abends haben wir im Slow Food-Restaurant Pur in Lütjenburg gut gegessen (Danke, A., für deinen Tip). Dann musste ich leider zum Nachtdienst und habe die beiden mit Skadi allein gelassen. Vorhin rief mein Bruder an, um mir mitzuteilen, daß sie nach sechs Stunden auf der Straße endlich in Münster bei unserer Mutter angekommen sind. Die Staus auf den Autobahnen werden immer krasser. Ich freue mich schon auf den Tag, wenn ich nicht mehr fast täglich mit dem Auto unterwegs sein muss.
Gefreut habe ich mich auch über die sehr herzliche Rückmeldung einer Leserin meines Blogs. Ich mag gern meine Gedanken und Erlebnisse mit Anderen teilen, und ich mag es, mich von den Gedanken und Erlebnissen Anderer inspirieren zu lassen. Die Idee, daß das Internet ein Sinnbild für das große Netz des Lebens ist, das alles mit allem verbindet, finde ich sehr zutreffend. Im Grunde ist das Internet ein anarchistisches Medium, das Menschen hilft, sich auszutauschen, die sich sonst nie im Leben begegnen würden. Daß es da auch üble Seiten gibt, weiß ich: wie alles wird auch das Internet für Ausbeutung und Manipulation benutzt.
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Meine Tochter und der Rasenmäher

Donnerstag, 25. August 2016

Menschen - Tiere

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Pyar Troll-Rauch äußert in dem schon erwähnten Interview, daß wir Menschen den Tieren das Beten bzw. die spirituelle Anbindung voraus haben. Ich weiß nicht, wie sie darauf kommt. Ich sehe es so: wir wissen gar nicht, ob nicht auch Tiere eine Form von Spiritualität haben. Wir Menschen neigen sehr dazu, Tieren alles Mögliche abzusprechen: Intelligenz, Fühlen, vorausschauendes Handeln. Es scheint ein gerades suchthaftes Bedürfnis in den Menschen der westlichen Kultur zu geben, sich als überlegen gegenüber nicht-menschlichen Lebensformen zu sehen. Warum nur?
Mein Ex-Mann brachte es sehr knackig auf den Punkt: Tiere haben Spiritualität nicht nötig, weil sie noch nicht getrennt vom Großen Ganzen sind. Ich glaube, er hat Recht.
Im Übrigen sehe ich uns auch als Tiere, Menschentiere, wie Wilhelm Reich uns nannte. Und was die Überlegenheit angeht: vielleicht ist es ja genau umgekehrt, daß nämlich die mehr-als-menschliche Welt uns überlegen ist. Wir sind, soweit ich das sehe, die einzige Gattung auf dieser Planetin, die dabei ist, sich selbst und andere Arten auszulöschen.
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An dieser Stelle mal was Erfreuliches: ich habe in diesem Jahr eine richtig gute Ernte gehabt. Heute habe ich riesige Kartoffeln aus der Erde geholt. Es gab auch schon reichlich Tomaten, Buschbohnen, dicke Bohnen, Zwiebeln, Knoblauch.
Danke, liebe Erde!

Mittwoch, 24. August 2016

Seltsame Krankheit

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Die seltsame Krankheit hat mich mehr als eine Woche im Griff gehabt. Nachdem ich nächtelang durchgehustet habe, sobald ich mich in die Horizontale begab und keins meiner Kräuter Linderung brachte, auch nicht stundenlanges Reiki direkt auf meine Bronchien, schrieb mir der Arzt in Selent Codein-Tropfen auf. Das Rezept habe ich nicht in der Apotheke eingelöst, und den Arzt hatte ich nur aufgesucht, um krankgeschrieben zu werden.
Ein paar Tage hatte ich noch gedacht, daß ich die Nachtwache, die ich am Wochenende von einem kranken Kollegen übernommen hatte, doch noch machen könnte. Ich versuchte, da ich nur erhöhte Temperatur hatte, etwas im Garten zu tun - nur leichte Arbeiten. Nach drei Tagen gab ich den Widerstand gegen die Krankheit auf, weil jede Tätigkeit mich anstrengte und ich immer nur erschöpft war.
Dann hatte ich auch kein schlechtes Gewissen mehr, daß ich die Nachtwache nicht machen konnte. Im Nachhinein sehe ich die Krankheit sogar als Geschenk. Das klingt vielleicht komisch, aber ich konnte mich entspannen, endlich ausschlafen, als dann doch der Husten lockerer wurde und viele Gedanken denken.
Z. B. den: seit einigen Jahren kommt es immer häufiger, wenn nicht sogar regelmäßig vor, daß ich (und meine KollegInnen) die Schichten auf der Station allein machen müssen. Eigentlich sollen zwei oder sogar drei Kollegen da sein. Nur dann kann eine vernünftig arbeiten. Ist eine allein, sind keine richtigen Pausen mehr drin. Wenn dann etwas nicht glatt läuft (renitente Patienten, krawallige Aufnahmen, Notfälle) steht eine auf dem Schlauch. Habe ich neulich erst erlebt.
Mich kotzt das alles gewaltig an. Ich bin ausgebildete Krankenschwester für Psychiatrie, ich habe viel gelernt und kann es nicht anwenden, weil die Zeit fast immer nur für das Nötigste reicht. Und dann gibt es ja so Schlaumeier, die meinen, wir müssten noch länger arbeiten, bis 69 oder so. Vergesst es: Ich packe mittlerweile den Schichtdienst deutlich schlechter als vor zwanzig Jahren. Solange Vorstände 500.000 Euro Jahresgehalt plus "Erfolgsprämie" von über 150.000 Euro bekommen, ist ja offensichtlich Geld vorhanden. Es müsste halt mal gerecht verteilt werden, dann reicht es auch für die Renten.
Jedenfalls hat mir die Krankheit geholfen, mich daran zu erinnern, wofür ich tatsächlich verantwortlich bin: für mein eigenes Wohlergehen.
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Besuch im Garten

So, genug geschimpft! Mir geht es wieder gut. Am Wochenende hatte ich Besuch von meinem Sohn und seiner Freundin. Das war schön. Am Montag waren wir im Kino: Captain Fantastic. Ein Hippie-Vater (gespielt von Viggo Mortensen, den ich ziemlich attraktiv finde) lebt mit seinen sechs Kindern in der Wildnis und bringt ihnen alles bei, was Menschen zum Leben brauchen: Jagen, Gemüse anbauen, Lesen, Schreiben, körperlich sehr fit zu sein, soziales Verhalten. Natürlich sind Konflikte vorprogrammiert. Der Film hatte einige störende Brüche und Unstimmigkeiten, dennoch gab es ans Herz gehende und sehr humorvolle Szenen.

Dienstag, 16. August 2016

Der Sommer ist wieder da

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Fast genau sieben Wochen nach Siebenschläfer ist der Sommer endlich wieder da: viel Sonne und keine Regengüsse. Aah!

Ich habe heute Nacht wie ein Stein geschlafen, keine Unterbrechungen durch Hustenattacken. Aber die Halsschmerzen sind sehr schlimm, trotz Gurgelns mit Salbeitee. Ich mag nicht essen, und Sprechen fällt mir sehr schwer. Auch sonst fühle ich mich noch richtig krank, obwohl ich kein richtiges Fieber habe.
Heute Morgen fing ich an, darüber nachzudenken, was ich mache, wenn ich bis Donnerstag nicht in der Lage bin, meine Wocheneinkäufe zu machen. Wenig später rief L. an, die ich am Samstag wegen meiner Erkrankung nicht besuchen konnte und weshalb ich leider auch nicht in den Genuss ihrer Kochkünste kam. Sie bot mir an, für mich einzukaufen. Danke, liebe L.! Es tut gut, das zu wissen! Das Leben meint es gut mit mir!
Ansonsten driftete ich durch den Tag, hielt ab und zu ein Nickerchen - Skadi legt sich netterweise immer dazu - las, strickte, saß in der Sonne, solange ich das aushalten konnte, trank Tee und hing meinen Gedanken nach.
Nicht nur monotones Trommeln kann in andere Bewusstseinszustände führen, eine Viruserkrankung schafft das auch sehr gut. Jedenfalls ändert sie die Art des Denkens: es scheinen die üblichen Begrenzungen zu fallen, die sich der Geist im Laufe des Lebens zugelegt hat.
Ich habe an anderer Stelle schon gesagt, daß ich mit dem Begriff Spiritualität nicht glücklich bin. Er wird ja oft benutzt, wenn Denkmodelle anderer Menschen, Gurus, sogenannter spiritueller Meister nachgebetet werden. Solche Modelle bestehen den Stresstest des normalen Alltags kaum. Ich meine was anderes. Vielleicht sollte ich es eher Mystik nennen. Ein Mystiker ist ein Mensch, der seine ganz eigenen Erfahrungen mit der Rückverbindung an das Große Ganze macht und danach lebt, weil er einfach weiß, daß es die Wahrheit ist. So gesehen, gibt und gab es MystikerInnen in allen Religionen. Sicher gehört Jesus dazu, Hildegard von Bingen, Rumi und Hafiz. Letztendlich stehen aber mystische Erfahrungen außerhalb etablierter Religionen. Ich glaube sogar, sobald sich eine Institution um die Lehren eines Mystikers herum bildet, Beispiel Kirche, gerät mystische Erfahrung schnell in den Bereich der Ketzerei.
Wichtig scheint mir auch zu sein - jedenfalls für mich - daß mystisches Erleben das ganz alltägliche Leben nicht ausschließt. Sinngemäß nach Ute Schiran: Wenn du Magie nicht beim Zwiebelschneiden machen kannst, taugt sie nichts.
Einer, der in seiner Klosterzelle betet oder auf einem Berg jahrelang ohne Kontakt zu Menschen meditiert - wozu? Sind wir nicht hier, um genau dieses Leben zu leben, mit allen Banalitäten, Freuden und Pflichten?
Natürlich ist es gut, sich ab und zu für eine Zeit rauszuziehen aus dem Gewohnten, aber die dabei gewonnenen Einsichten wollen dann im Alltag angewendet werden. Sehe ich jedenfalls so.
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Montag, 15. August 2016

Synchronizität

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Feuerkraut in der Stadt

Es ist lustig: gerade habe ich Luisa Francias heutigen Blogeintrag zum Thema Intuition gelesen. Vor zwei Tagen hatte ich mit dem gleichen Thema zu tun. Ich habe ein Interview auf Youtube mit der spirituellen Lehrerin Pyar Troll-Rauch gesehen (ist schon etwas älter). Ich finde diese Frau sympathisch, ihre spirituelle Ausrichtung ist jedoch nicht meine. Sie wird auf die Rolle von Intuition angesprochen. Merkwürdigerweise weigert sie sich, etwas dazu zu sagen. Sie wiederholt nur mehrere Male, das sei wissenschaftlich noch nicht abschließend untersucht. Daß sie so wissenschaftsgläubig ist, hängt sicher damit zusammen, daß sie Medizinerin ist.
Natürlich gibt es Intuition. Ich habe selbst einige Erfahrungen damit, wie wir alle wohl. Mir ist's erst mal ziemlich egal, welche wissenschaftliche Begründung es dafür geben könnte. Intuition tritt bei mir manchmal als klares Bild auf, manchmal als eine Art innere Stimme, manchmal handele ich auch sozusagen ohne Vorankündigung auf ungewohnte Weise. Im Nachhinein stellt sich heraus, daß es genau richtig war.

Daß ich mir überhaupt ein Interview mit Pyar Troll-Rauch ansehe, liegt daran, daß ich krank bin und zu nicht allzu viel in der Lage. Den ganzen Tag Lesen und Stricken ist auch nichts. Zum im Bett liegen reicht das Fieber nicht aus (nur erhöhte Temperatur), zum normalen Tun fühle ich mich zu krank. Ich habe seit einigen Tagen extreme Halsschmerzen und recht unangenehmen Husten. Heute ging ich zum Arzt nach Selent, traf dort einen meiner afghanischen Schüler, bei dem ich mich bei der Gelegenheit gleich für den Mittwochunterricht abmeldete, und ließ mich krankschreiben. Zu Hause wende ich meine altbewährten Pflanzen an: Huflattich, Holunder, Salbei und Senfmehl (für Fußbäder). Jetzt habe ich auch den Thymian entdeckt, den ich mir in den Huflattich-Tee mische. Ein freundlicher kleiner Helfer, den auch die Bienen lieben. Ich habe in der Rhön den winzig kleinen Feldthymian zwischen den Basaltsteinen blühen sehen. Der Name kommt vom griechischen thymos, das heißt Mut.

Steven Buhners Healing Lyme kann ich zur Zeit nicht gut lesen. Ich brauche was Warmes, Tröstendes, Erfreuliches und habe mir deshalb mal wieder Hilary Harts Das Wiedererwachen weiblicher Spiritualität und Sabrina Gunderts Auf dem Herzenswege vorgenommen. Darin finde ich die Berichte von den Sufi-Frauen sehr spannend.
Ich frage mich, wie ich das nennen möchte, aus dem alles entstanden ist und das sich in allem bewegt. Eine Zeitlang war für mich Göttin oder Große Mutter richtig. Das ist mittlerweile nicht mehr richtig stimmig. Es ist ja so, daß wir alle nicht wirklich wissen können, was es ist, was alles hervorbrachte und immer noch hervorbringt. Eine männliche Bezeichnung schließt das Weibliche aus, eine weibliche enthält zwar schon eher das Männliche (weil es evolutionär eine Differenzierung des Weiblichen ist). Annette Kaiser nennt es DAS, Lynn Barron Das große Geheimnis. Beides finde ich nicht schlecht. Der Große Geist der First Nations gefällt mir auch, allerdings stört mich da wieder der männliche Artikel.
Ja, das sind die Dinge, mit denen sich mein Geist beschäftigt, während die Viren eine wilden Tanz mit meinem Immunsystem tanzen.
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Sonntag, 7. August 2016

Nichts-Tun

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Heute Mittag nach dem Aufstehen (ich habe Nachtdienst) saß ich mit meinem Milchkaffee im Garten. Die Sonne schien schön warm, am Himmel trieben sich dicke weiße Wolken herum. Als ich die Augen schloss, traten die Geräusche hervor: das Zirpen der Grillen, das Raunen des Windes, das Zwitschern der Rauchschwalben, das Rufen der Kolkraben, das Rascheln der Grashalme. In diesem Moment fühlte ich mich als Teil des Ganzen, nicht mehr und nicht weniger, und verbunden mit all den großen und kleinen Wesen, die außer mir auf diesem Flecken Erde leben. Und ich wusste, wenn ich mir diese Augenblicke häufiger und länger gestattete, würde ich die Sprache der Tiere und Pflanzen verstehen.
Nichts-Tun scheint der Schlüssel für einen neuen Raum zu sein.
Patsy Hawk Wing, eine nordamerikanische Medizinfrau, spricht in einem Interview mit Hilary Hart über den "Heiligen Raum", den es immer wieder neu zu schaffen gilt. Ich habe diesen heiligen Raum über viele Jahre morgens in einem Ritual geschaffen, mit Hilfe von einigen Körperübungen und meditativen Elementen. Dabei sind einige Male innere Bilder erschienen, die sich später als wahr herausgestellt haben. Das Gestalten des heiligen Raumes führte also zu einer Vertiefung meiner intuitiven Möglichkeiten.
Dieses Morgenritual hat mir in all den Jahren geholfen, mich zu zentrieren und gut in den Tag zu kommen. Aber vor einiger Zeit entwickelte sich ein Widerwillen gegen die feste Form. Ich habe einfach das Bedürfnis nach Rumsitzen und Nichts-Tun. Und genau das ist es, was ich jetzt jeden Morgen nach dem Aufstehen mache: draußen sitzen, Kaffee trinken und lauschen.
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Donnerstag, 4. August 2016

Wandern

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Vier Tage Wandern in der Rhön, wie in den letzten Jahren. Dieses Mal war außer meiner Tochter und ihrem Freund auch mein Sohn dabei, für zwei Tage. Ich glaube, das häufigste Wort in diesen Tagen war "hätte". Es fing schon damit an, daß ich meinen ersten Gedanken, das erste Stück über Landstraße bis Bornhöved zu fahren, wieder verwarf und stattdessen die A 7 ab Kiel nahm. Da standen wir dann zweieinhalb Stunden im Stau.
Am zweiten Tag, nachdem wir uns im NABU-Haus am Roten Moor mit köstlichem Kuchen gestärkt hatten und frohen Mutes den Weg über eine der Rhön-typischen Wiesen gingen, überraschte uns ein heftiger einstündiger Regen. Es gab weit und breit nichts, worunter wir hätten Schutz finden können, kein Wald, kein Baum, nichts. Nur Wiese und Himmel, aus dem es schüttete. Zunächst versuchte ich mich zu schützen (Regenjacke, Kapuze, wasserfester Überzieher über dem Rucksack). Nach etwa zwanzig Minuten kapitulierte meine teure Regenjacke. Es gab einen Moment des Haderns mit soviel Nässe. Und dann gab ich den Widerstand auf: ok, ich bin jetzt nass, nasser ist gar nicht mehr möglich. Und so gehe ich jetzt eben weiter, bis ich ankomme.
Uns allen ging es so ähnlich.
Martin sagte, man dürfe keinem erzählen, wo wir waren. Sonst kämen immer mehr Menschen und machten diese magische Landschaft kaputt. Wahrscheinlich hat er Recht. Aber alles für sich behalten ist auch nicht die Lösung, zumal ich gern schöne Erlebnisse teile.
In den 80er Jahren war ich mit meinem damaligen Freund Ken und meiner Tochter in der Bretagne, in Carnac. Der Campingplatz war so gut wie leer. Damals waren die kilometerlangen Alignements noch frei zugänglich. Wir gingen zwischen den geheimnisvollen Menhir-Reihen spazieren und hatten ein sehr magisches und unerklärliches Erlebnis (das behalte ich jetzt aber für mich). 1990 fuhren meine Tochter und ich wieder an diesen Ort. Der Campingplatz war schon deutlich voller und die Alignements gut besucht. Ich hatte wieder ein magisches Erlebnis mit einem einzeln stehenden Menhir.
1994 war ich mit meiner Tochter das letzte Mal in Carnac. Der Campingplatz war proppenvoll, die kleine Stadt platzte aus den Nähten und die Alignements waren zwischen hohen Metallzäunen eingeschlossen. Man hatte ein Museum direkt daneben gebaut und verlangte Eintritt für das Betreten der Steinreihen. Der Zauber dieses Ortes war zerstört. Ich hatte nie wieder das Bedürfnis dahin zu fahren.
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Am vorletzten Tag machten wir eine zehnstündige Wanderung zum Schwarzen Moor und durch das Ulstertal zurück. Dabei nahmen wir eine "Abkürzung" in Form eines Trampelpfades und bewiesen uns einmal mehr, daß vermeintliche Abkürzungen oft gigantische Umwege sind. Wir mussten uns nämlich ungefähr eine Stunde lang durch prärieartiges Gelände kämpfen. Diese riesige Wiese mit ihren vielfältigen Pflanzen zeigte mir wieder, daß das Konkurrenz-Paradigma, das für unsere Kultur so bestimmend ist, nicht stimmen kann (sogar in der Permakultur wird leider von Konkurrenz zwischen Pflanzen gesprochen). Auf den Rhönwiesen blühen vom Frühjahr bis zum September verschiedene Pflanzen. Im Mai ist dort alles voller Trollblumen, Katzenpfötchen, jetzt findet sich echtes Labkraut, Storchschnabel, Flockenblumen, dunkelroter Wiesenknopf und stellenweise Wolfseisenhut und Knabenkraut, im September sind die mittlerweile abgemähten Wiesen voller blühender Herbstzeitlosen. Zur Zeit gibt es überall Meere von Feuerkraut (Weidenröschen), in denen es von unzähligen Honigbienen nur so summt.
Die Pflanzen blühen in Wellen und vertrocknen, dann erheben sich neue Pflanzen zwischen ihnen. Da ist nichts von Konkurrenz zu sehen, diese Wiesen sind Lehrstücke der perfekten Kooperation zwischen Pflanzen und Pflanzen und zwischen Pflanzen und verschiedenen Insekten.
Im Schwarzen Moor habe ich übrigens das erste Mal in meinem Leben Sonnentau in freier Natur gesehen.
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Und wir haben den Nixenteich gefunden, einen zauberhaften Ort. Wo der ist, werde ich allerdings nicht verraten. Vor einigen Jahren haben meine Begleiterin J. und ich ihn zufällig entdeckt. Er steht nicht auf der Landkarte und es gibt auch keine Wegmarkierung. Es ist ein Ort, der nicht von allen Besuch bekommen möchte.
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Samstag, 23. Juli 2016

Todeskampf

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Manche sagen, wenn etwas Neues in die Welt kommt, bäumt sich das Alte, dessen Zeit um ist, noch einmal im Todeskampf auf. Ich wollte, es wäre so. Ich weiß es nicht. Die Welt, die wir kennen, ist ja nicht erst seit kurzem so verrückt, so gefährlich, so gewalttätig.
Gestern Abend sah ich die Bilder aus München zusammen mit den Patienten auf der Station und hörte später auf dem Heimweg die Nachrichten im Radio. Die Pressekonferenz der Münchener Polizei wurde gesendet, und mir gingen die immer gleichen - ich muss es so sagen: dämlichen Fragen - auf den Geist. Ob es ein terroristischer Anschlag sei? Das wisse man zum derzeitigen Zeitpunkt noch nicht. Welche Folgen ein terroristischer Anschlag habe? Da man noch nicht wisse, ob es sich um einen Terroranschlag handele, könne man auch noch nicht über Konsequenzen reden. Aber wenn es ein Terrorakt sei, was hätte es dann für Konsequenzen? usw. usw.
Ich habe den Polizeisprecher bewundert, der mit einer schier unendlichen Geduld auf diese penetranten und völlig überflüssigen Fragen antwortete. Ich an seiner Stelle wäre spätestens nach der dritten hypothetischen Frage ausfallend geworden.
Ich weiß schon, warum ich keinen Fernseher habe, keine Zeitung abonniert habe und nur einmal wöchentlich im Blé noir die Süddeutsche lese (die wird übrigens auch immer schlechter; den Spiegel kann ich schon seit vielen Jahren nicht mehr als Infoquelle ernst nehmen). Die Kieler Nachrichten lese ich auf der Arbeit, wenn Zeit ist. Das ist in ein paar Minuten erledigt, und dann nehme ich sie mit nach Hause, weil sie von allen Zeitungen am besten zum Feueranmachen taugt.
Gestern musste ich über die Polizei und ihre Arbeit nachdenken: In meinen jungen Jahren war die Polizei unser Feind, der lange Arm des Staates. Ich möchte das jetzt mal relativieren: ich habe gar nicht so selten mit Polizisten zu tun; sie bringen uns Patienten, die nicht freiwillig kommen, aber aus Krankheitsgründen untergebracht werden müssen. Manchmal rufen wir sie auch, wenn wir sie brauchen, bei gewalttätigen Patienten, die wir mit unseren Deeskalationsstrategien nicht erreichen. Dann bin ich froh, daß es sie gibt. Die meisten von ihnen finde ich freundlich und hilfsbereit. Und ich bin auch zu ihnen freundlich. Ich weiß, daß sie einen schweren Job machen. Es ist traurig, daß Polizei überhaupt nötig ist.
Ja, die Polizei ist der verlängerte Arm des Staates, keine Frage, aber sie können auch wichtige Helfer sein.

Daß da ein altes Monster im Todeskampf liegen könne, darauf deuten vielleicht auch Phänomene wie Donald Trump hin. Vorgestern hörte ich Teile einer Rede im O-Ton. Hängengeblieben ist mir noch der Satz: "I can fix it." Ja, der Mann ist größenwahnsinnig, er ist ekelerregend und lügt, ohne rot zu werden. Und das Schlimmste: es gibt viele Amerikaner, die auf genau das stehen. Genauso wie die Deutschen kollektiv auf den hässlichen Hitler abgefahren sind.
Immer noch der Wunsch nach dem starken Mann, der alles richtet. Immer noch die dumpfe Weltsicht: wir sind die Guten, die Anderen die Schlechten.

Im Kontrast dazu erlebe ich hier zu Hause schönstes Sommerwetter, großen Frieden, die allermeisten Menschen in meinem Umkreis sind freundlich - es ist einfach schön.
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