Dienstag, 19. Juli 2016

Eigenständiges Denken...

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...du sagst es, Ganga. Und selber wahrnehmen, fühlen, sich auf die eigene Wahrnehmung und die innere Stimme verlassen.
Daß die Lehrbücher und Studien immer nur einen kleinen Teil der Wahrheit abbilden - wenn überhaupt - habe ich letzte Woche wieder erlebt: da beobachtete ich, wie ein Bienenschwarm aus dem TBH kam, in dem der erste Schwarm vom Mai dieses Jahres sich einlogiert hat. Nach imkerlicher Lehrmeinung und der Meinung der Imker, die ich dazu befragt habe, geht das gar nicht, daß ein neues Volk vor der ersten Überwinterung schwärmt. Das habe ich dann auch geglaubt. Meine Nachbarin hatte mir schon erzählt, daß der große Schwarm, den ich nach meiner Harzreise vor zwei Wochen im Pflaumenbaum vorgefunden habe, aus eben diesem Volk gekommen sei. Ich wollte es ihr nicht glauben. Vorgestern habe ich in das Volk geschaut und fand vier Weiselzellen vor. Das heißt also: sie haben geschwärmt, und meine Nachbarin hatte Recht. Und noch seltsamer: die Hälfte des letzten Schwarms ist vor meinen Augen wieder in ihr Volk zurückgekehrt!
Ich kann es immer noch nicht fassen, da ich ungefähr alle drei Wochen hineingeschaut habe. Das Volk hatte sich gut entwickelt und neun Oberträger mit Waben ausgebaut, aber es sah nicht nach Überfüllung aus.

Neulich hatte ich einen dystopischen Traum: ich streichelte eine Katze mit starrer Plastikhaut und suchte in meiner Erinnerung nach einem Bild, wie Katzen früher ausgesehen haben. Irgendwann fiel mir dann ein, daß sie mal schönes weiches Fell hatten.
Dieser Traum scheint mir wie ein Sinnbild der Entfremdung vom Lebendigen, der kollektiven Krankheit, die die Menschheit erfasst hat.
Gleichzeitig begegne ich auch der Sehnsucht nach Verbindung: am letzten Wochenende fand der wahrscheinlich einzige Kräuterkurs dieses Jahres statt. Das machte Spaß mit den Frauen und Mädchen, die unverdrossen in sumpfigen, mit reichlich Brennnesseln bewachsenem Gelände nach Mädesüß suchten und sich darüber freuten, ihr eigenes Heilmittel herstellen zu können.

In der letzten Oya fand ich diesen schönen Satz von Arundhati Roy:
"Eine andere Welt ist nicht nur möglich, sie ist bereits am Entstehen. An einem stillen Tag kann ich sie atmen hören."
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Donnerstag, 14. Juli 2016

Pyrrolizidinalkaloide

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Gestern Abend druckte ich den neuen Trachtkalender der schleswig-holsteinischen Stiftung Naturschutz aus und war beim Lesen erst mal fassungslos. Da werden nämlich ausdrücklich alle Rauhblattgewächse (also Beinwell, Vergissmeinnicht, Lungenkraut, Borretsch, Natternkopf usw.) sowie Huflattich, Kreuzkräuter und Wasserhanf ausgespart, mit dem Hinweis auf die giftigen PAs. GärtnerInnen sollen diese Pflanzen also nicht halten, damit die Bienen kein Gift in ihren Honig bringen.
Himmel, Leute, ihr werdet immer verrückter! Eigentlich will ich mich über so viel Schwachsinn nicht mehr aufregen, andererseits habe ich direkt damit zu tun, wenn ich in Kräuterberatungen immer wieder von Neuem erklären muss, daß hier schlimmste Hysterie verbreitet wird, weil eine Pflanze PAs im Mikrogrammbereich enthält.
WelcheR Angst um seine/ihre Leber hat, sollte erst mal seinen/ihren Alkoholkonsum unter die Lupe nehmen: wie regelmäßig und welche Mengen? Oder sich mal fragen, welche Medikamente er/sie zu sich nimmt: die beliebtesten sind heutzutage ja Paracetamol (gibt's ohne Rezept), Betablocker und Schlaftabletten. Was meint ihr, was eure Leber dazu sagt? Das steht übrigens im Kleingedruckten, aber es werden keine reißerischen Artikel darüber in der Zeitung geschrieben, wie in den letzten Jahren über den Borretsch.
Und zum Bienenhonig: ich finde, daß Honig ein absolutes Luxusprodukt, ja eigentlich Medizin ist und nehme nur ganz wenig davon. Wenn dann ein wenig Pyrrolizidin drin ist, stört mich das nicht, wohl aber die Tatsache, daß massenweise Agro-Chemikalien im Raps-Honig stecken. Ich weiß das, weil ich seit Jahren erlebe, wie der Raps viele Male pro Vegetationsperiode gespritzt wird. Auch das muss meine Leber bewältigen.
Mich erinnert dieses hysterische Miesmachen von altbewährten Heilpflanzen an die 70er Jahre, als mein Sohn geboren wurde und jungen Müttern ernsthaft vom Stillen abgeraten wurde, weil die Muttermilch so schadstoffbelastet sei (damals noch DDT, auch ein weltweit eingesetztes Agrogift. Ich finde es übrigens ziemlich übel, daß diese Substanzen "Pflanzenschutzmittel" genannt werden).
Unser Fettgewebe ist das chemische Gedächtnis unseres Körpers, und natürlich finden sich Gifte aller Art in der Muttermilch. Aber welchen Schluss ziehen wir daraus? Auf alles Natürliche zu verzichten oder endlich mal Schluss mit der Vergiftung der Natur zu machen?
Und die Gifte in den Pflanzen? Die Dosis macht's, das wusste schon Paracelsus.
Ich werde weiterhin Borretsch in Frankfurter grüner Soße essen. Beinwell habe ich kürzlich erst wieder mehrere Wochen lang kurmäßig in starker Konzentration zu mir genommen (gut für meine Gelenke), und meine bei der Betriebsärztin bestimmte Gamma-GT ist bestens.
Ha!

Ein Trost war mir dieser Anblick heute auf dem Markt: die Natur setzt sich letztlich immer durch!
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Montag, 11. Juli 2016

Regulieren

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Bei Skadi bemerke ich, wie schnell sie in der Lage ist, sich auf neue Situationen einzustellen. Im Gegensatz zu mir scheint sie keine Pläne zu haben. Eben noch auf dem Stuhlkissen gechillt, dann die Fliege jagen, die gerade vorbeikommt. Wenn sie spielen will, ich aber nicht - na gut, dann eben nicht. Wenn ich sie rufe, kommt sie manchmal, manchmal auch nicht. Wie alle Tiere lebt sie ohne Gepäck, sie trägt nur ihren Körper mit sich herum. Welche Freiheit!
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Vielleicht stimmt es ja, was einige sagen: daß der Sündenfall der menschlichen Gattung die Sesshaftigkeit war. Denn mit ihr kamen Ackerbau und Viehzucht und in der Folge persönlicher Besitz, Grenzen, Bevölkerungsexplosion und die mehr oder minder massive Einwirkung auf das gesamte ökologische System.
Menschen fühlen sich schnell berufen, Dinge zu "regulieren". In den letzten Tagen fiel mir das an zwei Beispielen auf:
es war die Rede von den sogenannten Neophyten, wie der Herkulesstaude und dem indischen Springkraut, die angeblich die natürliche Vegetation kaputt machen und alles überwuchern, weshalb man sie eindämmen müsse. Gegen eine weitere Pflanze, das Jakobskreuzkraut, wird eine regelrechte Vernichtungskampagne ausgerufen.
Vergessen wird immer wieder, daß alle Pflanzen, die uns heute so selbstverständlich als einheimisch erscheinen, mal irgendwann Neophyten waren, z. B. nach der letzten Eiszeit vor 10 000 Jahren. Pflanzen kommen und gehen in Wellen, das ist normal. Und die Horrorvision von den Pflanzen, die alle anderen verdrängen, macht systemisch gesehen keinen Sinn. Wer sich in der sich selbst überlassenen Landschaft umsieht, erkennt, daß die Vielfalt von Pflanzen nur da verloren geht, wo vorher der Mensch großflächig "regulierend" eingegriffen hat. Auf dem Gelände einer ausgeräumten Kiesgrube wächst in den ersten Jahren nur Huflattich. Nach und nach kommen dann Kamille, Königskerzen, Honigklee und andere. An den begradigten Flüssen mit ihrer ruinierten Ufervegetation kommt als erstes das indische Springkraut, nach einigen Jahren dann vielleicht Brombeeren, Weiden, Schwarzerlen... Diese Pflanzen sind wie Schorf auf einer Wunde, unter dem der Boden wieder heilen kann.
Und das Jakobskreuzkraut, das angeblich Tiere vergiftet?
Mittlerweile haben sich in meinem wilden Garten auch zwei dieser Pflanzen angesiedelt. Ich sehe sie mir jeden Tag an und lerne sie kennen. Was können sie, wozu sind sie da? Wenn eine Pflanze in großen Mengen auftritt, hat das eine Bedeutung. Übrigens fressen Tiere sie nicht, weil sie gallebitter sind (hab ich selber probiert). Aber in der Silage können sie wahrscheinlich problematisch werden. Susun Weed empfiehlt in ihrem Buch Menopausal Years Jakobskreuzkraut als Tinktur bei bestimmten Wechseljahresbeschwerden. Ich habe damit vor ungefähr zehn Jahren keine schlechten Erfahrungen gemacht, und meiner Leber geht es großartig, obwohl ich lange und häufig die angeblich leberschädigenden uralten Heilpflanzen Beinwell und Huflattich angewendet habe/noch anwende (Ich war neulich zur Routineuntersuchung bei der Betriebsärztin und habe mich über meine spitzenmäßigen Leberwerte gefreut).
Die Natur ist gefährlich, das ist die Sichtweise, die hinter der Panikmache steht. Ja, stimmt! So gesehen, ist das ganze Leben gefährlich. Und aus dieser Perspektive heraus müssen wir Krieg führen gegen die Neophyten, die Schnecken, müssen hohe Zäune aus Natodraht gegen die Fremden bauen, die in "unser" Land kommen.
Wenn ich im Garten bin, sehe ich aber die Fülle, die Großzügigkeit, die Schönheit, die Bedingungslosigkeit, mit der die Erde gibt und gibt. Manchmal tauchen fremde Pflanzen auf und wecken meine Neugier. Hier beginnt für mich Frieden.
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Jakobskreuzkraut - eine alte Heilpflanze

Samstag, 9. Juli 2016

Zeit

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Am Wochenende war ich zum De Immen-Ausflug im Harz. Es war kalt und feucht. Wegen des vielen Regens musste ein Alternativprogramm gefunden werden. Dabei zeigte sich wie schwer es ist, die Bedürfnisse von zwölf Menschen unter einen Hut zu bringen. Ich mag die endlosen Diskussionen nicht mehr, eigentlich habe ich sie nie gemocht. Als ich Sonntagabend nach Hause kam, hing ein ziemlich großer Bienenschwarm im Pflaumenbaum. Damit hatte ich gar nicht mehr gerechnet.

Dieses Jahr beweist sich wieder mal die Siebenschläfer-Wetterregel: am 27. Juni hatten wir gemischtes Wetter, Sonne und Regen, und so geht es seitdem weiter. Heute hätte ich gern endlich was im Garten getan, aber als ich gerade Erbsen palend draußen saß, fing es an zu regnen und goss dann den ganzen Nachmittag heftig. Also putzte ich die Fenster, wenigstens schon mal von innen. Fensterputzen gehört nicht zu meinen Lieblingsbeschäftigungen. Sprossenfenster sind zwar schön, aber blöd zu putzen. Außerdem stehen alle Fensterbänke voll. Ich nahm es als Karma-Yoga, als etwas, was getan werden muss und machte es so gegenwärtig, wie ich Yoga mache. Das ging gut, und ich war schneller fertig, als ich gedacht hatte.
Der Garten ruft. Ich möchte so viel mehr in ihm tun, erst recht, nachdem die neue Oya über diverse Konservierungsmethoden berichtet.
Schichtdienst und Selbstversorgung sind kaum kompatibel. Mittlerweile erwarte ich immer sehnsüchtiger meine Rente.
Das Gefühl zu wenig Zeit für das zu haben, was ich gern machen will, begleitet mich ungefähr seit meinem Abitur. Es gab einfach immer so viele Sachen, die ich außer Schule und Arbeit für wichtig und interessant hielt. In diesem Jahr ist die Permakultur-Ausbildung dazu gekommen. So habe ich fast kein freies Wochenende mehr.
Einen zugesagten Kräuterkurs in Hamburg habe ich deshalb vor einigen Wochen wieder abgesagt. Ich hätte dafür viel mehr Geld bekommen als für meine selbstorganisierten Kurse und fühlte mich zunächst auch am Bauch gepinselt wegen der Anfrage. Aber dann war mir meine Zeit wichtiger.
Was ich mache, möchte ich mit ganzem Herzen tun. Das ist nur möglich, wenn nicht in meinem Kopf schon die Uhr tickt: schnell, schnell, es gibt noch so viel zu tun!
Vor einigen Jahren war ich sehr verärgert, als Luisa Francia ihre Teilnahme als Referentin bei Alma mater kurzfristig absagte. Ich schrieb ihr sogar eine bitterböse Mail, so enttäuscht war ich. Sie antwortete, und nach einigem Hin und Her konnte ich ihre Gründe respektieren. In ihrem Fall war das kein Zeitproblem. Sie war in der Zwischenzeit zu dem Ergebnis gekommen, daß es für sie nicht passte, bei Alma mater zu unterrichten. Im Nachhinein kann ich nur sagen: alle Achtung, Frau, du stehst konsequent zu dir selbst!
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Donnerstag, 30. Juni 2016

Brexit

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Jetzt möchte ich auch meinen Senf zum Brexit-Votum abgeben: Ich finde die Empörung über den Austrittswillen der Mehrheit der Briten selbstgerecht. Es geht nach dem Motto: ohne uns seid ihr nichts. Diese immense Arroganz haben bereits die Griechen in voller Härte spüren dürfen.
Vielleicht hätte ich, wäre ich Britin, auch für den Brexit gestimmt. Was hat die EU den Menschen in Europa bisher gebracht (und ich meine die normalen Bürger, nicht die Politiker und schon gar nicht die Wirtschaftsbosse)? Den südlichen Mitgliedsländern außer Leid und Elend gar nichts. Ansonsten hat die EU uns allen eine Verlängerung der Glyphosat-Zulassung um weitere 18 Monate gegen den erklärten Willen der Mehrheit der Bürger gebracht. Und Herr Juncker, der als luxemburgischer Staatschef Steuerbetrug ermöglicht hat, will jetzt CETA durchwinken, das Handelsabkommen mit Kanada, das wir definitiv nicht gebrauchen können.
Mir fällt nichts Positives zur EU ein. Echte Gemeinsamkeit entsteht kaum durch Wirtschaftsabkommen, sie muss sich organisch entfalten.
Ob die Briten in wirtschaftlicher Bedeutungslosigkeit versinken, wie Luisa Francia in ihrem Blog (www.salamandra.de) prophezeit hat, wird sich zeigen. Vielleicht finden sie ja kreative Lösungen, nachdem Margret Thatcher das Land in den lebensverachtenden Neoliberalismus hineingesteuert hat ("There ist no alternative"). Vielleicht finden sie ja die angeblich nicht vorhandene Alternative, z. B. regionales Wirtschaften.
Mir ist schon klar, daß es auch Faschisten und Nationalisten unter den Brexit-Befürwortern gegeben hat. Aber vor allem hat das britische Volk ein Votum abgegeben.
Wenn sie schlau sind, machen jetzt die Brüsseler mal zur Abwechslung ihre Hausaufgaben (Ich fürchte, sie sind nicht schlau).
Passend zum Thema hat mich heute mein Sohn auf einen Artikel von Tim Parks in der Süddeutschen Zeitung hingewiesen:
http://www.sueddeutsche.de/kultur/exil-brite-tim-parks-ueber-das-referendum-was-soll-das-selbstgerechte-brexit-bashing-1.3055232
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Montag, 27. Juni 2016

Borrelien

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Ein Dreier... von flott kann aber keine Rede sein.

Ich arbeite mich gerade durch Stephen Buhners Healing Lyme über Borrelien und die Krankheiten, die sie hervorrufen können. Das ist spannend,kenne ich doch Menschen, die damit zu tun haben/hatten und völlig unterschiedliche Herangehensweisen haben/hatten.
Im Kapitel über die Diagnostik von Borreliose sagt Stephen Buhner, daß keine der vielen Diagnosemethoden sicher ist. Wenn eine Testung negativ ausfällt, heißt das nicht, daß keine Borreliose vorliegt. Wenn sie positiv ist, heißt das nicht, daß man nicht infiziert ist. Gut, das wusste ich bereits. Aber daß ein Erythema migrans, das nur bei einem Drittel der Infizierten vorliegt, das einzig absolut sichere Kriterium für eine Borreliose ist, daß aber wiederum ein Biopsie trotzdem negativ ausfallen kann, war mir gänzlich neu.
Vor neun Jahren, während der Trennunsphase von J., entdeckte ich ein unverkennbares Erythema migrans an meinem linken Oberschenkel. Der Dermatologe, zu dem ich damals ging, entnahm eine Biopsie und verschrieb mir Doxycyclin. Nach einer Woche hatte ich das Ergebnis: kein Hinweis für eine Infektion mit Borrelien. Der Dermatologe sagte, die Biopsie sei absolut sicher. Das Erythema migrans müsse anderen Ursprungs sein, aber ich solle das Antibiotikum noch zwei weitere Wochen nehmen, sicherheitshalber. Ich setzte es sofort ab und fühlte mich sicher.
Wenn Stephen Buhner Recht hat, habe ich damals eine Borrelien-Infektion gehabt. Offensichtlich ist mein Immunsystem dann damit irgendwie zurecht gekommen.

Was mir zu denken gibt: Borrelien sind eng verwandt mit den Bakterien, die Syphilis verursachen. Sie machen auch ähnliche Sachen im Körper.
Syphilis gibt es in Europa erst, seit Amerika "entdeckt" wurde. Hier wurde sie zu einer regelrechten Volksseuche, aber die amerikanischen Ureinwohner kamen mit diesen Bakterien offensichtlich ohne große Probleme klar. Also muss es umgekehrt möglich sein, mit Borrelien klar zu kommen.
Vielleicht wohnen sie jetzt einfach wie unzählige andere Bakterien in mir. Vielleicht sind sie gar nicht grundsätzliche Feinde, sondern können auch Verbündete sein. So wie die Darmbakterien, ohne die wir gar nicht leben könnten.
Wie auch immer: mir geht es gut und ich bin dankbar für meinen kräftigen und gesunden Körper.
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Samstag, 11. Juni 2016

Drogen und Geld

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Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Marlene Mortler, hat erklärt, daß Cannabis auf keinen Fall legalisiert werde wegen seiner gesundheitlichen Risiken. Dagegen sei bei Alkohol "wissenschaftlich bewiesen", daß er in kleinen Mengen unschädlich sei.
Ich kann mich immer wieder nur über die Rückständigkeit der diversen Bundesregierungen wundern: bereits in den 90er Jahren gab es ernsthafte Vorstöße von klar denkenden Politikerinnen, z. B. Heide Moser, damalige Sozialministerin von Schleswig-Holstein, Cannabis zu legalisieren.
Das fände ich deshalb vernünftig, weil nicht mehr Haschisch oder Grass mit schädlichen Zusätzen auf den Markt käme und weil es ohnehin für viele Menschen zum Alltag gehört, genau wie für noch viel mehr der Alkohol.
Seit ich Krankenschwester bin, habe ich mit Suchtkranken zu tun. Meistens sind es Alkohol- und Tablettenabhängige, also solche, die Sklaven von legalen Drogen geworden sind. Besonders bei Alkoholikern sehe ich schwerste und irreversible Folgeschäden: entweder geht die Leber kaputt oder das Gehirn. Da hilft dann auch keine Therapie mehr. Vom sozialen Absturz, der sich in der Regel vor den körperlichen Schäden ereignet, mal gar nicht zu reden.
In meinem Umfeld gibt und gab es nicht wenige Menschen, die regelmäßig Alkohol konsumieren und sich ein Leben ohne nicht vorstellen können. Die unschädliche Grenze ist sehr niedrig, und vom Mythos von der herzschützenden Wirkung des Rotweins spricht heute zu Recht kaum noch einer.
Cannabisabhängige gibt es auch, klar. Sie kommen gelegentlich auch in die Klinik. Sie haben vielleicht mitbekommen, daß der Dauergebrauch von Cannabis zu Lethargie und Interessenlosigkeit führen kann. Ich habe aber auch Kiffer kennen gelernt, die völlig alltagstauglich geblieben sind. Die kommen natürlich nicht in die Klinik. Ich gehe davon aus, daß eine körperliche Folgeerscheinung von regelmäßigen Grassrauchen Lungenkrebs sein kann. Aber ich habe bei Kiffern noch nie kaputte Gehirne, Nerven- und Leberschäden gesehen. Und das immer wieder vorgekramte Argument, daß Cannabis Psychosen hervorruft, ist erst mal nur eine Behauptung. Sogar Psychiater räumen mittlerweile ein, daß es wahrscheinlich umgekehrt ist: Psychosekranke benutzen Cannabis gern zur Selbstmedikation.
Ich habe übrigens noch nie einen gewalttätigen Kiffer erlebt, wohl aber hochexplosive Trinker, um die ich gern einen großen Bogen mache.
Worauf ich hinaus will: mich stört die extrem bevormundende Haltung unserer Regierung, die Doppelmoral. Na klar, daß keiner der Mächtigen am Alkoholkonsum ansetzen will. Alkohol ist die Volksdroge Nr. 1, gefolgt von Tranquilizern und Schlaftabletten. Und gerade in der Politik wird bekanntermaßen ordentlich gebechert.
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Noch ein Thema beschäftigt mich:
vor etwa zwei Wochen habe ich im Radio die Rezension eines Buches gehört, die sich mit der geplanten Abschaffung des Bargeldes befasst. Mit dem 500 Euro-Schein fängt es an.
Da ist mir ganz schlecht geworden, was die Folgen wären. Nicht nur, daß dann jede unserer finanziellen Transaktionen nachverfolgt werden kann. Ich könnte keinem Bettler mehr einen Euro geben. Im Falle eines weiteren Bankencrashs oder einer Staatspleite könnte unser auf der Bank liegendes Geld zur Rettung der Banken und der Staatskasse genommen werden. Beides ist bereits geschehen: in Zypern nahm man den Menschen einen Großteil ihres Ersparten einfach weg. Und die argentinischen Bürger kamen gar nicht mehr an ihr Geld.
Das ist Diebstahl, aber wenn der Staat das macht, heißt es Bankenrettung.
Nachdem mir das Thema eine Weile schwer im Magen gelegen hatte, fiel mir die Schenkökonomie ein. Geneviève Vaughn hat ein dickes und sehr schwer zu lesendes Buch darüber geschrieben. Aber eigentlich ist der Gedanke ganz einfach: ursprünglich gab es nur Schenkökonomie. Die Natur beschenkte uns mit allem, was wir brauchten. Das tut sie heute noch, auch wenn wir es vielleicht nicht mehr wahrnehmen.
Schenken ist nicht Tauschen. Ich verschenke gern Dinge und Dienste. Am schönsten finde ich es, wenn die andere Person sich nicht verpflichtet fühlt, mir etwas zurückzugeben. Trotzdem bekomme ich etwas, oft ganz unerwartet. Von Herzen schenken scheint Kreisläufe in Gang zu bringen.
Überhaupt ist Schenken wohl etwas ganz Ursprüngliches: auch meine Katze schenkt mir gelegentlich eine frisch gefangene Maus. Neulich war es ein Rotkehlchen. Zu dieser Art Geschenke habe ich aber ein ambivalentes Verhältnis.
Wenn es also kein Bargeld mehr geben sollte, dann haben wir bis dahin hoffentlich gelernt, uns wieder aus vollem Herzen gegenseitig zu beschenken: mit Saatgut, Gemüse aus dem Garten, selbstgestrickten Socken, Zeit... Vielleicht stellen wir dann auch fest, daß es nicht der Besitz von Sachen ist, der uns glücklich macht.

Mittwoch, 8. Juni 2016

Alles ist richtig

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Das wächst in der Kieler Innenstadt ganz öffentlich.

In den letzten Wochen hatten wir hier im Norden ganz schönes Sommerwetter. Ich war viel draußen und fand alles schön: die Blütenpracht, die üppigen Pflanzen, das Summen der Bienen, das Zwitschern der Schwalben. Mindestens einmal am Tag sagte ich mir oder anderen, die gerade da waren: wir haben es gut, es ist so schön hier!
Ja, ich sehe auch, was nicht schön ist: den breiten brauen Glyphosatstreifen unterhalb des Elektrozauns an der Schafweide, die Flüchtlinge, die jetzt dank der Schließung der Balkanroute wieder zu Hunderten im Mittelmeer absaufen, einen offensichtlich dissozialen Anwärter auf das amerikanische Präsidentenamt...
Aber auf einer anderen Ebene scheint das alles einen tieferen Sinn zu haben, alles hängt miteinander zusammen, alles ist viel zu groß, als daß wir es verstehen könnten. Ja, und jenseits von der Ebene von gut und schlecht sehe ich die Schönheit, die Fülle und wie gut ich es habe und fühle mich sehr beschenkt.
Ich habe häufig das Gefühl, daß es nichts mehr zu erreichen gibt, und das ist überraschenderweise ein ziemlich gutes Gefühl. Einfach die Hände in den Schoß legen und das Leben bestaunen!
Das sind Tage, an denen ich mit einem Urlaubsgefühl zur Arbeit fahre und mich morgens um Viertel vor sechs eine Frau anlächelt, die ihren Hund ausführt.
Mit den Geflüchteten übte ich heute die Anwendung von Verben mit Akkusativ. Das Verb vermissen kannten sie alle und bildeten Sätze damit: "Ich vermisse mein Land" und "Ich vermisse meine Heimat". Das kann ich so gut verstehen. Möge es ihnen gelingen, auf diesem schönen Flecken Erde Wurzeln zu schlagen.
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Meine Tochter war zu Besuch

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