Sonntag, 31. Mai 2015

Respekt für Tiere

DSCN4846
Wie berichtet habe ich das Buch Die Gefühle der Tiere von Peter Wohlleben gelesen. Er bezeichnet es als Plädoyer für Respekt und Achtsamkeit. Das gefällt mir gut. Er weist nach, daß Tieren nicht nur Gefühle sondern auch Intelligenz eigen sind und führt u.a. das berühmte Beispiel der Krähen an, die sich aus Draht Haken biegen, um an eine begehrte Leckerei heranzukommen.
Schwierigkeiten habe ich dann aber bekommen, als er an mehreren Stellen den Menschen die höchste Intelligenz zuschreibt, weil sie z.B. in den Weltraum fliegen können. Da kann man jetzt natürlich streiten (oder es besser sein lassen), was denn überhaupt Intelligenz ist. Daß Menschen in der Lage sind, Atombomben zu bauen, Schuldenkrisen zu produzieren und Tiere unter entsetzlichen Bedingungen als Sklaven zu halten, ist in meinen Augen ein klares Zeichen von Intelligenzmangel.
Ich sehe es so - und bin mir bewusst, daß das eine sehr radikale Sichtweise ist: erstens zähle ich Menschen zu den Tieren, nämlich zu den Säugetieren. Zweitens bin ich sicher, daß jede Art (und da schließe ich natürlich auch die Pflanzen, die Pilze, die Mineralien usw. mit ein) eine einzigartige Aufgabe im lebendigen Organismus Gaia hat. Und dann sind Vergleiche, welche Art jetzt intelligenter ist, völlig überflüssig.
Was mir nach wie vor sehr am Herzen liegt: wie ist es möglich, daß alle Lebewesen auf dieser Planetin kooperieren können?

Heute geriet mir ein älterer Spiegel in die Finger. Darin fand ich ein Interview mit einem italienischen Ökologen über die zunehmenden Wolfsrudel in Deutschland. Es gibt weit auseinanderliegende Meinungen und hoch kochende Emotionen. Dieser Mann plädierte für Gelassenheit im Umgang mit diesen schönen und faszinierenden Tieren. Da sie in Italien nie ausgerottet waren, gebe es einen unaufgeregten Umgang mit ihnen. Ja, Wölfe sind Raubtiere und töten andere Lebewesen. Menschen auch. Und auch Vegetarier und Veganer müssen töten um zu leben.
Übrigens hat mir sehr gut gefallen, was Peter Wohlleben, der Förster ist, über das Thema Jagd geschrieben hat: er würde gern alle Jäger in Deutschland entwaffnen und die Jagd auf die unnatürlich hohe Population von Rehen, Hirschen und Wildschweinen den wieder zuwandernden Wölfen und Luchsen überlassen. Aber die Jägerlobby reicht ja bekanntermaßen in die reichen und einflussreichen Kreise hinein. Da ist er dann auch schon zu einer Schande für seinen Berufsstand erklärt worden.
Ich find's gut: nehmt den Jägern die Waffen ab, und bei der Gelegenheit kann der Verkauf von Fallen dann auch gleich unter Strafe gestellt werden.

Vor drei Tagen sind die Bienen ein drittes Mal geschwärmt. Dieses Mal war es leicht sie zu fangen. B. hat sie bekommen, weil von ihren vier Völkern nur zwei den Winter überlebt haben. Ich nehme es als gesundes Zeichen, daß "meine" Bienen so schwarmfreudig sind.
DSCN4849

Sonntag, 24. Mai 2015

Neues vom Schwarm

DSCN4840
Da zog der Schwarm in den Top bar hive ein... und am nächsten Tag zog er wieder aus.

Der Schwarm hing heute vormittag noch ganz friedlich und wohlgeformt in der Eibe. Gegen Mittag brauste es auf, und eine kleine Wolke von Bienen kreiste in der Luft, setzte sich dann aber wieder in die Traube. Um 14:30 fing ein sehr lautes Brausen an, und innerhalb weniger Minuten hatte sich die Schwarmtraube aufgelöst, und Tausende schwirrender Bienen tanzten am Himmel. Die ganze Nachbarschaft schaute zu, wie sie über den Dachfirst des gegenüberliegenden Hauses gen Westen flogen. Möget ihr ein gutes Zuhause gefunden haben!
Es ist doch sehr eindrucksvoll, wie diese kleinen Wesen innerhalb von etwas mehr als 24 Stunden zu einem Konsens gekommen sind. Wer kann von wem etwas über den sozialen Organismus lernen?
Heute fühlte ich mich wieder recht gut. Ich bin zwar immer noch hier und da etwas angeschwollen und sehe im Gesicht aus, als wöge ich mindestens 10 kg mehr. Aber ich versteckte mich nicht, arbeitete im Garten und genoss das schöne Sommerwetter. Ein paar Freundinnen erkundigten sich nach meinem Befinden, was mir ein Gefühl von Geborgenheit gab.
Ich habe viel über die Erlebnisse mit den stechenden Bienen nachgedacht. Ob ich etwas falsch gemacht habe, weiß ich nicht. Es ist ja immer ein Eingriff in einen Schwarm, wenn ich ihn einfange und ihm eine neue Behausung anbiete. Die Bienen können ihre Entscheidung gut ohne mich treffen, wie ich heute so eindrucksvoll erleben durfte.
Jetzt habe ich die Worte meiner Imkerlehrer in den Ohren: die Honigbiene kann heute ohne den Imker nicht überleben.
Aber das wissen wir gar nicht. Vielleicht würde die Honigbiene ohne unser Einwirken aus sich heraus Mittel und Wege finden, sich zu regenerieren (auch wenn mein Leser aus Bayern das anders sieht). Daß ein Volk wieder wehrhafter wird, nehme ich als gutes Zeichen. Gut, es ist sehr schön ohne Schutzkleidung arbeiten zu können, aber wenn es den Bienen besser geht, bin ich gern bereit, Schleier und Jacke zu tragen.
Vielleicht ist es wie mit den Antibiotika: lässt man dem Immunsystem gar keine Zeit, seine eigene Antwort auf Krankheiten zu finden, schwächt man es auf die Dauer nur.
Und daß mein Organismus mit den Stichen mittlerweile besser umgehen kann als vor drei Wochen, führe ich auf die homöopathische Behandlung zurück: ein paar Informationen, einige neue Impulse, den Rest macht er selbst.
Das ist mit Cortison nicht möglich, auch wenn eine damit zugebenermaßen schneller wieder wie eine selbst aussieht.

Noch was Zauberhaftes: am Freitag kroch ich im Pendlerverkehr über die A 7 bei HH-Schnelsen und hatte die Gelegenheit, eine blühende schwarze Bilsenkrautpflanze auf dem Mittelstreifen zu sehen. Die ist so dermaßen selten in Deutschland, ich habe sie davor erst einmal auf dem Parkplatz am Hambacher Schloss im Pfälzer Wald gesehen. Das ist übrigens die Pflanze, auf die man klicken muss, um in dieses Blog zu kommen. Wie kam sie dahin? Von selbst? Oder hat da einE Guerilla-GärtnerIn seine/ihre Finger im Spiel gehabt? Jedenfalls habe ich mich sehr gefreut. So ein Stau kann auch was Gutes haben.
DSCN4826

Samstag, 23. Mai 2015

Schwärme und neue Stiche

DSCN4836
Vor zwei Tagen kam ich nachmittags nach Hause und wurde Zeugin, wie die Bienen schwärmten. Sie hängten sich in den kleinen Holsteiner Cox und konnten leicht von mir allein in die Schwarmkiste gestoßen werden. Ich brachte sie nach Kiel, so Jans schon alles vorbereitet hatte, und wir ließen sie einziehen und freuten uns an dem großen und friedlichen Schwarm.
Aber am nächsten Tag bekam ich einen Anruf von Jans: die Bienen waren verschwunden, offensichtlich wieder ausgezogen. Ich habe ja schon gehört, daß das vorkommt, wenn es ihnen nicht gefällt. Das ist der Grund, warum einige Imker die Schwarmkiste mit den Bienen für ein bis drei Tage in "Kellerhaft" halten. Dann sind sie so hungrig, daß sie keine Energie mehr haben umzuziehen. Aber das verträgt sich mit meiner Vorstellung von wesensgemäßer Bienenhaltung. Ich denke immer: wie würden sie das in freier Natur machen? Bestimmt würden sie nicht freiwillig länger im Baum hängen als nötig.
Ich war ein wenig traurig und fragte mich, was falsch gelaufen sein könnte. Der Standort war sicher nicht ideal: zu schattig und feucht und zu wenig Platz für mich, um bequem am Top bar hive zu arbeiten.
Natürlich rechnete ich mit einem Nachschwarm. Der kam dann heute. Ich machte das Badezimmerfenster auf, wunderte mich über das laute Summen und sah die Bienen in die Eibe an der Grenze zum Nachbargrundstück hängen, eine sehr schöne gleichförmige Schwarmtraube.
Weder B. noch ihr Sohn waren da. Wer konnte mir helfen? Denn dieses Mal saßen die Bienen so hoch in dem engen Baum, daß es ohne Leiter und zusätzliche Hände nicht gehen würde. Mein Nachbar erklärte sich netterweise bereit, obwohl er keine Erfahrung hat. Er bekam eine Netzhaube, ich zog mir meine Imkerjacke an, musste dann aber den Hut wieder absetzen, weil er mir auf der Leiter die Sicht versperrte und es in dem Baum einfach zu eng war. Als ich in Reichweite des Schwarms war, ließ ich mir den Eimer geben und versuchte, den Ast mit Schwung nach unten zu ziehen. Mein Nachbar meinte hinterher, es wäre besser gewesen, ihn mit der Astschere abzuschneiden, wie ich es ursprünglich vorhatte. Mag sein, ich weiß es nicht. Wie auch immer: die Bienen flogen auf, und ich spürte die ersten Stiche.
Ich finde es immer wieder erstaunlich, wie gut der menschliche Organismus auf solche Situationen eingerichtet ist: Adrenalin ist schon ein feines Hormon. Ich registrierte die Stiche und trat den geordneten Rückzug an, in Ruhe und ohne Panik (während immer neue Bienen auf mich einstachen). Mein Nachbar hatte längst die Leiter losgelassen und stand auf der Straße. Da hat wohl sein Selbsterhaltungstrieb die Oberhand gewonnen.
Noch einen Versuch habe ich nicht gewagt. Es tut mir in der Seele weh, diesen schönen Schwarm da hängen zu sehen - mittlerweile ist es Abend.
Ich habe mir diverse Stacheln aus Oberschenkel, Hand, Unterarm und Ohren entfernt, und im Gesicht sind auch Stiche, insgesamt habe ich mindestens sieben. Meine linke Hand ist sehr geschwollen und tut weh, ich habe ein ganz ungewohntes Doppelkinn, sehe aber längst nicht so verunstaltet aus wie beim letzten Stich. M. hat mir übrigens auch gleich wieder mit Apis C 200 und Vespa C 200 geholfen. Mein Herz schlug heftig, mir ist wieder heiß und kalt. Das ist unangenehm aber auszuhalten.
Aber ich fühle mich irgendwie aus dem Lot geraten, könnte heulen, fühle mich persönlich gemeint von den Bienen. Soll ich es als gutes Zeichen ihrer neu erworbenen Wehrhaftigkeit sehen? Aber man sagt doch immer, Schwärme stechen nicht, und das war bisher auch meine Erfahrung.
L.kam, um mich zum Trommeln abzuholen, aber ich wollte allein sein. Als sie wieder weg war, fühlte ich mich plötzlich einsam und verletzlich.

Ich war den Rest des Nachmittags dann lieb zu mir, habe in der Sonne gesessen, viel Wasser zum Entgiften und Milchkaffee für den Genuss getrunken, Rhabarberkuchen gegessen und gelesen. Das Buch von Hetty Kemmerich Sagt, was ich gestehen soll musste ich übrigens weglegen. Es handelt von den Hexenverfolgungen und war zu harter Stoff für meinen Gemütszustand. Grundsätzlich kann ich es allerdings empfehlen. Stattdessen fing ich mit Peter Wohllebens Die Gefühle der Tiere an.
DSCN4838

Mittwoch, 13. Mai 2015

Missverständnisse und viele Worte

DSCN4831
Heute Morgen rief mich eine Frau aus dem Kieler Fischgeschäft an, in dem für heute zwölf grüne Heringe bestellt hatte: Warum ich die Fische gestern nicht abgeholt hätte.
Nun war ich mir sicher, daß ich sie für heute bestellt hatte. Sie sagte: "Ach ja, steht hier ja auch. Entschuldigen Sie vielmals."
Als ich in Kiel ankam, waren die Heringe nicht da. Großes Suchen im Laden. Schließlich stellte sich heraus, daß die Fische an eine andere Interessentin verkauft worden waren, da ich sie nicht abgeholt hatte. Nun, das Ganze war nicht mehr zu klären. Es fanden sich dann aber noch zehn ausgenomme kopflose grüne Heringe. Die wollte ich erst nicht haben, da ich sie ja selbst ausnehmen und Kopf und Rogen Skadi geben wollte.
Der Besitzer gab mir schließlich die Köpfe und Innereien, und ich nahm die zehn Heringe. Übrigens haben alle herzlich über diesen Vorfall gelacht.
Dann fuhr ich zur Tischlerei, wo der zur Zeit unbewohnte Top bar hive zum Umarbeiten stand. Das war schon nicht so einfach, da der israelische Staatspräsident sich in Kiel aufhielt, wo gerade ein neues U-Boot für Israel gebaut wird (mit dem dann im schlimmsten Fall wieder Cruise missiles in die Palästinensergebiete gefeuert werden können. Nein, ich bin nicht anti-semitisch, ich bin nur ultra-genervt von dem Dauerkrieg gegen die Palästinenser. Daß die auch Mist machen - keine Frage! Aber wer Bilder von der Mauer zwischen Israel und den Palästinensergebieten gesehen hat, kann das nur widerwärtig finden. Noch widerwärtiger finde ich die provozierende Siedlungspolitik der Netanjahu-Regierung!)
Jedenfalls herrschte rund um die Kieler Förde Ausnahmezustand in Form von blau blinkenden Polizeiautos und Uniformierten. Alle Straßen, auf denen ich es versuchte, waren gesperrt.
Als ich schließlich doch noch auf Umwegen an mein Ziel gekommen war, stellte sich heraus, daß der Top bar hive nicht nach meiner Beschreibung umgearbeitet worden war.
Offensichtlich ein Missverständnis.

Früher habe ich geglaubt, daß ich nur lernen müsse, mich präzise auszudrücken, um verstanden zu werden. Ich habe viel an meiner Sprache gearbeitet.
Heute weiß ich, daß Sprache nur einen Bruchteil der Verständigung ausmacht und daß lange Reden und gründliche Beschreibungen die Sache oft sogar schlechter machen, weil die Zuhörer irgendwann abschalten. Ich fasse mich gerade an die eigene Nase: ich rede gern, aber ich ermüde auch schnell, wenn Menschen etwas mit großer Gründlichkeit erzählen.
Mittlerweile habe ich auch eine regelrechte Aversion gegen die "Befindlichkeitsrunden", Relikt aus Psychogruppen.
Mir scheint, daß das Wirkliche kaum durch Sprache ausgedrückt werden kann und nur im Schweigen echte Erfahrung möglich ist.
DSCN4824
Skadi hat übrigens die Fischinnereien verschmäht. Ich habe die Heringe gebraten, einen Teil eingelegt, zwei frisch aus der Pfanne verspeist. Lecker!

Sonntag, 10. Mai 2015

Fassungslos

DSCN4822
Gestern fand ein schöner Wilde-Medizin-Kurs statt: fröhliche und sich voll einlassende Teilnehmerinnen, gutes Essen (die Idee, daß jede was für gemeinsame Mittagessen mitbringt, hat sich voll bewährt). J. hatte mir eine kleine homöopathische Hausapotheke zusammengestellt, nachdem sie hier von meinem Bienensticherlebnis gelesen hatte (vielen Dank, du Liebe!). C. schickte heute ein Gedicht zum Giersch.
In der letzten Oya fand ich den Satz: "Wenn es keinen Spaß macht, ist es auch nicht nachhaltig." Wie wahr!
Eine Begebenheit hat mich im Vorfeld fassungslos gemacht. Eine Frau rief an und wollte sich für die verbleibenden fünf Wilde-Medizin-Kurse anmelden. Sie hatte meinen Flyer so verstanden, daß alle Kurse zusammen 60 Euro kosten, also 10 Euro für acht Stunden und Material. Als ich ihr vorlas, was sie offensichtlich nicht wahrgenommen hatte, fand sie es zu teuer. Mittlerweile habe ich meine Fassung wiedergewonnen und möchte dazu nur sagen: solche Teilnehmerinnen brauche ich nicht!
Heute Abend erreichte mich der Aufruf zu einer Petition zum Verbot von Klebefallen. Abgebildet war darauf eine Ratte, die mit einer Körperseite auf einer solchen Falle klebte. Der Todeskampf dauert Tage, die Tiere beißen sich oft die Füße ab, um zu entkommen. Der Anblick ging mir bis ins Mark. Die Dinger werden sogar bei Amazon vertrieben: ein Grund mehr für mich, bei denen nichts mehr zu bestellen. Warum tun Menschen Tieren sowas Entsetzliches an?
Dann fiel mir ein Gespräch mit meiner Mutter ein: sie erzählte von KZ-Häftlingen aus Bergen-Belsen, die sie kurz vor Kriegsende auf dem Hof einer Schule in ihrer damaligen Heimatstadt Soltau gesehen hatte, bewacht von etwa fünfzehnjährigen Jungen mit Gewehren. Die Häftlinge hätten alle elend und halb verhungert ausgesehen. Sie sind dann wohl vor der Ankunft der englischen Panzer ermordet und in einem Wald bei Soltau verscharrt worden.
Menschen gehen ja nicht nur mit Tieren sondern ebenso mit ihresgleichen um.
Im Moment fällt es mir wieder schwer, Menschen zu mögen.
DSCN4830

Mittwoch, 6. Mai 2015

Bienenstich

DSCN4821
Kleines Walpurgisfeuer

Am Montag hat mich eine Biene in die Stirn gestochen. Ich habe wohl den ganzen Inhalt ihrer Giftdrüse abbekommen. Die Biene hing noch an mir, als ich endlich vorm Spiegel stand und den Stachel entfernen konnte. Am nächsten Morgen war mein rechtes Auge völlig zugeschwollen, ich konnte nur noch mit links sehen und sah aus wie Quasimodo.
Rhus tox C 30, das ich von einem homöopathischen Arzt für solche Fälle bekommen hatte, ist offensichtlich nicht mein Mittel. Apis C 30, was meine Imkerkollegen empfehlen, auch nicht.
Gestern verkroch ich mich in der Wohnung, schwitzte und fröstelte, schlief viel und fragte mich, ob ich weiter Bienen halten kann. Nein, ich habe keine Angst, daß ich durch einen Bienenstich sterbe, aber ich finde es eine große Beeinträchtigung, tagelang mit so starken Schwellungen herumzulaufen.
Heute Morgen war auch das andere Auge dick, dafür konnte ich aber wieder aus beiden sehen, wenn auch nur aus Schlitzen. Da ich einen weiteren Tag in der Wohnung nicht ausgehalten hätte, ging ich mit Sonnenbrille in den Garten und setzte Kartoffeln in die Erde.
Hilfe kam in Gestalt meiner Nachbarin M., die Homöopathin ist und mich mit Vespa versorgte. Jetzt sehe ich immer noch nicht aus wie gewohnt, aber die Asymmetrie ist aus meinem Gesicht verschwunden. Abends brachte mir B. ein Öl zum Einreiben vorbei, das ich gleich ausprobieren werde.
Ein Freund riet mir, mich in schulmedizinische Hände zu begeben und mir Cortison geben zu lassen. Damit werde ich aber gar nicht erst anfangen, denn es löst ja das Problem nicht. Beim nächsten Stich ist dann wieder Cortison fällig.Nee, nee! Ich möchte dem auf die Spur kommen, was meinen Körper so heftig reagieren lässt.
Als ich heute auch noch mit dem rechten Fuß auf den Stufen vorm Haus umknickte und an der Schwellung und den Schmerzen im Gelenk merkte, daß ich mir eine Verstauchung eingehandelt hatte, musste ich schon grinsen: das war doch ein Wink mit der Dachlatte, aus dem Rödelmodus herauszukommen, in den ich mich nach meiner Rückkehr aus Hessen sofort wieder begeben hatte, obwohl ich mir das ganz anders vorgenommen hatte.
Unangenehme Erfahrungen, zugleich lehrreich und herzerwärmend soviel Hilfsbereitschaft zu erfahren. Und lustig: ich mag Sonnenbrillen überhaupt nicht und finde es ganz unangenehm, wenn ich mich mit einem Menschen unterhalte und dabei die ganze Zeit nur in die Gläser vor seinen Augen schauen muss. Das hemmt den Gesprächsfluss enorm.
Früher haben wir uns über die jungen Männer lustig gemacht, die abends mit Ponys bis zur Nasenwurzel und dunklen Sonnenbrillen ramonesmäßig in Münsters Hard Rock Café erschienen. Jetzt gehe ich selbst in der Abenddämmerung mit Sonnenbrille spazieren. Übrigens: nichts gegen die Ramones!
DSCN4834

Sonntag, 26. April 2015

Wieder zu Hause

DSCN4810
Gestern bin ich nach einem zehntägigen Seminar in Hessen (mal wieder "Kooperation mit der Natur") wieder im heimatlichen Norden angekommen. Ich habe viele neue Impulse und den Satz "Wenn du bei deinem alltäglichen Tun nicht ekstatisch sein kannst, dann lass es lieber ganz sein", frei nach Pir Inayat Khan, mitgenommen. Wie wahr!
Meine Rückreise führte mich nach Münster zu Mutter und Tochter. Da sie am Donnerstag, dem Streiktag der Lokführer, stattfand, musste ich umdisponieren und viermal umsteigen. Ich hatte mir aber am Morgen schon vorgenommen, ekstatisch zu reisen und alles kam mir entgegen: die helle Sonne, die leeren Bahnhöfe, die freundlichen Menschen in den DB-Reisezentren. Ich musste sie mehrmals in Anspruch nehmen, zum Geldwechseln und weil ich in Hagen meinen Anschlusszug nach Hamm verpasst hatte. Ich bekam sogar einen Kaffeegutschein und trank den leider ziemlich wässrigen Kaffee von Kamps (das nächste Mal hole ich mir den von McDoof). Ich war ganz verzaubert, obwohl ich sechs Stunden für die Fahrt brauchte.
Am Freitag fuhren Martin, Katharina und ich mit Fahrrädern (ich auf einem alten Hollandrad mit kaputter Gangschaltung und unberechenbaren Leertritten) auf Schleichwegen durch unbekannte Wohngegenden und am Dortmund-Ems-Kanal entlang in die Hohe Ward, einem ausgedehnten Kiefernwald bei Münster-Hiltrup. Ich glaube, das letzte Mal war ich vor vierzig Jahren mit N. da. Wir picknickten auf einem Birkenstamm in der warmen Sonne und pflückten Wildkräuter für unser Abendessen: Kartoffelgratin mit Wildkräutergemüse.
Mein Kühlschrank ist leer, aber Dank Giersch, Löwenzahnblättern und -knospen, Ehrenpreis, Klettenlabkraut, Gundermann und Spitzwegerich gab es bei mir heute Bratkartoffeln und Wildes Gemüse, lecker! Ich freue mich schon auf weitere Wildkräutergerichte in den nächsten Tagen - man kann ja wirklich fast alles essen, was grün ist.
Skadi hat meine Abwesenheit gut verkraftet; ich habe sie gestern Abend von B. abgeholt, wo sie mit den anderen Katzen und B.s Hund Felix spielte.
Hier sind während meiner Reise die Schwalben eingetroffen und alles ist so unglaublich grün geworden. Die Grünkraft, wie Hildegard von Bingen die Lebenskraft nannte, kann ich um diese Jahreszeit am deutlichsten wahrnehmen.
DSCN4816

Samstag, 4. April 2015

Verkehrs-Wahnsinn

DSCN4807
Am Mittwoch wollte ich nach dem Frühdienst nach Hamburg fahren, hatte dort eine Verabredung. Während der Arbeit hatte ich ein sehr deutliches Keine-Lust-Gefühl. Nachdem ich seit vier Uhr morgens auf den Beinen war, wollte ich nur nach Hause, ein Nickerchen machen, einen Kaffee trinken und meiner üblichen Routine nachgehen. Und ich wollte die Katze nicht so lange allein lassen.
Statt mich nach diesem Gefühl zu richten, dachte ich daran, wie schwer es gewesen war, einen Termin zu finden und daß die nächste Möglichkeit frühestens in drei Wochen sein würde. Ich fuhr also los und geriet in einen gigantischen Stau, der kurz hinter Kiel begann. Aus dem Radio erfuhr ich, daß der Sturm bei Neumünster einen LKW-Anhänger umgeblasen hatte. Der lag jetzt quer und musste wieder aufgerichtet werden, was aber wohl nicht so einfach möglich war.
Es war irgendwie surrealistisch: Ich stand auf der A 215 in Sichtweite der A 7, auf die ich ja wollte. Aber auch da stand alles. In den folgenden zwei Stunden kam ich gerade 500 m weiter und das in Meter-Etappen. Den größten Teil der Zeit war einfach nur Stehen angesagt. Dabei hatte ich Gelegenheit, den Müll im verdorrten Gras neben der Fahrbahn zu betrachten: Plastikfetzen, Bier- und andere Dosen, leere Zigarettenschachteln, von Wind und Wetter transformierte Reste menschlicher Zivilisation (jetzt finde ich den Begriff Zuvielisation aus der Oya noch passender). Auf der Fahrbahn klebte ein plattgefahrenes Tier. Nur der lange buschige Schwanz wehte im heftigen Wind. Diesen Anblick hatte ich über eine Stunde vor mir, und ich kann gar nicht beschreiben, welche seltsamen Gefühlszustände ich in dieser Zeit durchlief: es war ein wenig wie in einem Fiebertraum, in dem bedrängende Szenen sich abwechseln.
Neben mir stand ein dicker LKW, dessen Fahrer fast die ganze Zeit den Motor laufen ließ. Die Frau im Auto hinter mir war offensichtlich bestens mit ihrem Smartphone beschäftigt, während mein altes Handy nur (immerhin) dazu taugte, meinen Termin abzusagen. Das Radio nervte mich. Ich dachte daran, wie ich vor vielen Jahren mal auf dem Rückweg aus der Bretagne kurz vor Paris in einen Stau geriet. Meine Tochter und ich haben bei glühender Hitze über eine Stunde laut alle Lieder gesungen, die uns einfielen und den Stau bestens gelaunt hinter uns gelassen.
Aber dieses Mal war mir nicht nach Singen. Ich hätte gern ein kleines Schläfchen gemacht, aber auch das war nicht möglich.
An diesem Tag bin ich nicht nach Hamburg gekommen, aber lauthals gesungen habe ich dann abends zu Hause vor Erleichterung.

zurück

Aktuelle Beiträge

Ich ziehe um
https://hollesgarten.wordp ress.com/
Marie-Luise - 10. Mär, 12:06
Immer die gleiche Geschichte
Vorletztes Wochenende war ich mit I. in Flensburg....
Marie-Luise - 9. Mär, 23:24
Kummer
Meine liebe kleine Skadi ist tot. Sie ist nur drei...
Marie-Luise - 20. Feb, 21:12
Fluss
Ich hatte mir den Sonntag frei getauscht, um zum De...
Marie-Luise - 6. Feb, 17:01
Marienkirche
Am Sonntag besuchte mich M. und ich zeigte ihr unseren...
Marie-Luise - 31. Jan, 01:35

Suche

 


Profil
Abmelden
Weblog abonnieren