Mittwoch, 24. September 2014

Einverstanden sein

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Soviel Holundersaft hat die gestrige Ernte ergeben!

In Ursula Seghezzis Buch Kompass des Lebens fand ich diese Stelle: "Wenn nach der rosaroten Verliebtheitsphase die Unvollkommenheit des Partners oder der Partnerin sichtbar wird, entscheidet sich, ob die Schwächen des anderen angenommen werden - wei die Eigenen angenommen sind - oder ob sie bekämpft werden. Im zweiten Fall benehme ich mich in Bezug auf die Liebe noch wie ein Kind. Ich übertrage das kindliche Bild mütterlicher Vollkommenheit auf meine Partnerin und den vollkommenen Vater auf meinen Partner - und bin dann enttäuscht, wenn die Unvollkommenheit zutage tritt."
Kennen wir das nicht alle? Der Andere wird erzogen, was das Zeug hält, beschimpft, bedrängt, verantwortlich für alles gemacht, was in unserem Leben nicht rund läuft. Er wird mit Bedingungen überhäuft, die er alle erfüllen muss, damit er liebenswert ist. Manche halten das lange aus, manche nicht. Meine erste Ehe war diesbezüglich ein einziges gruseliges Übungsfeld. Natürlich fanden diese Erziehungsversuche gegenseitig statt, aber ich erinnere mich vor allem an meine eigenen mit mehr oder minder großer Beschämung.
Nein, ich meine nicht, daß alles akzeptiert werden muss oder kann. Es gibt ernsthafte Beziehungshindernisse, z.B. Gewalt und Sucht.
Aber darum geht es jetzt nicht. Ich habe die Erfahrung gemacht: je mehr ich mit mir selbst einverstanden bin, auch und gerade damit, daß ich kein perfekter Mensch bin, daß ich Fehler mache, daß ich nicht immer in Höchstform bin, desto mehr kann ich andere Menschen sein lassen, wie sie sind.
Und wie kommt eine dahin, mit sich selbst einverstanden zu sein? Ursula Seghezzi findet, daß eine psychologische bzw. therapeutische Herangehensweise nicht ausreicht. Sie führt als Beispiele die Märchen an, in denen der Held oder die Heldin Fehler machen, in Fallen laufen, sich blamieren, Aufgaben nicht lösen können und schließlich gerade dadurch schließlich zu starken und selbstverantwortlichen Menschen werden. Ich glaube das auch. In meinem Fall haben gerade die gemeisterten Krisen dazu beigetragen, immer mehr in meine eigene Kraft zu kommen und anzuerkennen, welche schlimmen Situationen ich meistern konnte. Es geht nicht darum, gute Noten zu bekommen, auch nicht im übertragenen Sinne - dann mache ich mich ja wieder nur abhängig von den Bewertungen anderer Menschen. Mich hat es weiter gebracht zu sehen: Hey, ich kann überleben, auch wenn ich anschließend etwas gefleddert aussehe. Am meisten habe ich wohl aus meinem Scheitern gelernt, besonders dem Scheitern meiner beiden Ehen. Das war traurig, das war sehr schmerzhaft, aber es hat dazu geführt, daß ich mich immer wohler mit mir selbst und der Welt fühlen konnte. Allerdings ist es auch gut, Freunde, Freundinnen, Helfer, vielleicht auch mal eine Therapeutin oder einen Mentoren zu haben.
Gut gefallen hat mir übrigens der Blogeintrag von Luisa Francia vom 22.9. (http://www.salamandra.de/tagebuch/start.php). Der passt zum Thema.
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Nachdem ich gestern so schwärmerisch über die netten Kontakte beim Spazierengehen geschrieben habe, hatte ich heute gleich die nächste Begegnung, die sich zu einer richtig genussvollen Klatschorgie entwickelte. Hat Spaß gemacht!

Dienstag, 23. September 2014

Alltag

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Es gibt ja diese Redewendung vom "grauen Alltag". Auch ich bin lange Zeit der Meinung gewesen, wenn ich nicht regelmäßig meine Kicks und Thrills bekomme, ist das Leben grau und langweilig. Gestern fiel mir auf, daß mich dieses Bedürfnis schon lange verlassen hat. Eigentlich geschehen fast jeden Tag schöne und spannende Sachen.
Gestern ging ich mit selbst gebackenem Pflaumenkuchen zu einer Freundin, die in der Nähe wohnt. Wir waren verabredet, aber sie war nicht da. Also ging ich erst mal nach Selent zum Einkaufen. Ich ärgerte mich nur ein kleines bisschen über ihre Unzuverlässigkeit und musste über mich grinsen: nur weil ich so eine Pünktliche bin, kann ich offensichtlich noch lange nicht erwarten, daß alle anderen auch so sind. Außerdem gelang es mir selbst vor langer Zeit nie pünktlich zu sein. Daß sich das geändert hat, habe ich tatsächlich von meinem letzten Ehemann gelernt, der immer lieber viel zu früh als zu spät kam.
Weil ich ahnte, daß sie immer noch nicht da sein würde, drehte ich eine Runde durch den Wald und entdeckte dabei viele Holundersträucher voller reifer Beeren. Welch ein Segen! Dabei hatte ich gar nicht mehr damit gerechnet, dieses Jahr noch Saft machen zu können.
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Heute schien die Sonne und ich fuhr mit meinem Fahrrad und zwei Eimern zum Holunderpflücken. Dabei traf ich einen jungen Mann, den ich gestern bei meiner Freundin kennengelernt hatte. Er mähte den Waldweg. Wir hielten einen kleinen Schnack. Das ist so eine von den Alltäglichkeiten, die ich wirklich zu schätzen gelernt habe: man trifft hier auf dem Lande Menschen und beim zweiten oder dritten Mal kommt man miteinander ins Gespräch. Meist geht das am schnellsten mit HundehalterInnen. Ich habe zwar keinen Hund, aber wenn mir einer begegnet, begrüße und streichele ich ihn meistens. Schon gibt es auch Kontakt mit den Menschen.
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Mittwoch, 10. September 2014

Freiheit

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Vor einigen Wochen entdeckte ich zwischen dem Dost ein winziges Pflänzchen, dessen Blätter mich an ein Nachtschattengewächs erinnerten, aber ich wusste nicht welches.
Gestern fand ich heraus, daß es ein Stechapfel ist. Den kenne ich sonst nur von großen Erdhaufen, z. B. auf Baustellen. Einmal habe ich versucht, ihn in unserem Garten in Münster zu kultivieren. Aber die Schnecken fanden so großen Gefallen an ihm, daß nichts von ihm übrig blieb.
Jetzt ist er von selbst zu mir gekommen, in Bonsai-Format. Ich freue mich und bin gespannt, welche Botschaften er für mich hat.
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Liebste Astrid, ich habe mich sehr über deine Nachricht gefreut. Ja, wie schön, daß wir beide verbunden sind, obwohl eine so große Entfernung zwischen uns liegt.
Ich möchte zum Thema Schule gar nichts mehr sagen und einfach die Meinungen nebeneinander stehen lassen.
Zum Thema Freiheit kann ich sagen, daß sie etwas ist, was im Laufe der Jahre immer mehr gewachsen ist. Für mich bedeutet Freiheit zur Zeit, daß ich mich nicht mehr davon abhängig fühle, was andere Menschen von mir denken, daß ich meine persönliche Wahrheit äußern kann, auch vor einer großen Menschenmenge, daß ich mich "selbstübereinstimmend" fühle (ein Wort, das du mal über mich gesagt hast, erinnerst du dich?), und daß ich immer mehr meinem Herzen folge, weil das die einzige zuverlässige Instanz zu sein scheint. Und das alles fühlt sich so gut an!
Du erinnerst dich sicher daran, als während unserer gemeinsamen Alma mater Zeit Luisa Francia ihr geplantes und von uns ersehntes Kommen kurzfristig absagte. Einige von uns, auch ich, waren sehr enttäuscht und wütend, und ich habe ihr noch eine böse Mail geschrieben. Daraus entwickelte sich ein zunächst hitziger Austausch, der dann aber friedlich ausging. Mitgenommen habe ich davon ihre kompromisslose Art, den Zeichen der Geister (so nannte sie das) zu folgen. Jetzt weiß ich, was sie damit meinte: ich habe gerade ein für mich sehr attraktives Seminar gecancelt, was ich seit einem Jahr geplant hatte und was mit nicht unerheblichen Kosten verbunden war. Meine innere Stimme hat mir ganz deutlich gesagt, daß ich lieber einen mir nahestehenden Menschen unterstützen möchte.
Und weißt du was: wie so oft, wenn ich eine Entscheidung aus dem tiefsten Inneren getroffen habe, kommt mir das Leben entgegen. Ich habe sogar die Seminargebühr zurückerstattet bekommen, obwohl ich sie schon abgeschrieben hatte.
An manchen Tagen habe ich das Gefühl, ich schwebe vor lauter Glück, auch wenn traurige und erschütternde Sachen geschehen.
So, du liebe Freundin, jetzt schicke ich dir viele Küsse nach Portugal.

Dienstag, 9. September 2014

Kolonialismus

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Hallo Christine, du schreibst: "Die Mädchen in Tibet werden Schulen benötigen, um heraus zu finden, wie sie leben möchten. Um Alternativen zu Althergebrachtem entdecken zu können, muss mehr als die Tradition ins Wissen, ins Bewusstsein gelangen."
Auf die Gefahr hin, dich vor den Kopf zu stoßen: genau das meine ich mit Kolonialismus. Was bringen denn solche Schulen, von Weißen mit eurozentrischem und kapitalistischem Hintergrund eingerichtet, den Mädchen in Tibet für Alternativen bei: unsere westlichen Maßstäbe. Wissen wir, ob sie die brauchen? Nein, wir können nicht wissen, was sie brauchen. Wenn wir aber so tun, als wüssten wir es, handeln wir überheblich und übergriffig.

Ein Beispiel aus unserer eigenen Geschichte: wie kam es denn am 12. November 1918 dazu, daß die Frauen in Deutschland endlich das Wahlrecht bekamen?
Sie haben es sich selbst erkämpft. Sie haben aus sich selbst heraus "Alternativen zum Althergebrachten" entwickelt und dann auch die Energie gehabt, sie in die Realität zu bringen. Genau auf diese Weise ist in der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts der Paragraf 218, der Schwangerschaftsabbrüche unter Strafe stellte, gekippt worden. Und so war es mit allen sozialen Veränderungen.

Die Auffassung, wir müssten den tibetischen oder afrikanischen Mädchen Schulen verpassen (die ihnen dann natürlich zwangsläufig die westlichen kapitalistischen "Werte" vermitteln und wie meine Freundin Astrid so trocken feststellte, "sie damit fit für den Herzinfarkt" machen), zeugt von einem tief verwurzelten Misstrauen gegenüber der Fähigkeit von Menschen, ihr eigenes Leben zu gestalten. Und genau dieses Misstrauen ist ein Leitsymptom unserer kranken westlichen Kultur.
Gut gemeint ist eben tatsächlich meistens das Gegenteil von gut.

Ich habe bei mir selbst und in meiner Arbeit mit Suchtpatienten so oft erlebt, daß die wirklichen Veränderungen nicht deshalb geschehen, weil äußere Institutionen oder Menschen Hilfe anbieten. Nein, sie geschehen, weil etwas im Inneren wächst, das immer lauter und schließlich unüberhörbar nach Veränderung ruft. Und dann kommt der Moment, wo das Leben mir entgegen kommt und hilft, diese Veränderung in die Welt zu bringen.

Welche kreativen Möglichkeiten Frauen anderer Kulturen entwickeln, um gegen Männergewalt und Unterdrückung vorzugehen, zeigt besonders schön die indische Gulabi Gang. Es lohnt sich, die mal zu googeln. Die Begründerin dieser in rosa Saris gekleideten Frauengang hatte schlicht die Schnauze voll vom Althergebrachten.

Sonntag, 7. September 2014

Sinn-voll

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Ich lese immer noch Stephen Buhners Plant Intelligence and the Imaginal Realm und nachdem es ein Weilchen etwas trocken daher kam, hat es mich nun wieder voll gepackt.
Ich bin jetzt in dem Kapitel angekommen, in dem er sich mit Überzeugungen wie "Menschen sind eine Fehlentwicklung der Natur" und "Wir müssen die Erde vor der Zerstörungswut der Menschheit retten" befasst. Großartig!
All die Bewegungen, die die Rettung der Erde zum Ziel haben, kranken an der gleichen Hybris wie diejenigen, die nach der biblischen Maxime handeln: Macht euch die Erde untertan. Wir leben, gemessen am Alter der Erde, gerade mal für die Dauer eines Lidschlags. Wer sind wir also, daß wir meinen, wir könnten oder müssten die Erde retten?! Das wird sie schon selber tun, sollte es denn notwendig sein - was sehr fraglich ist. Das einzige, was mir für uns Menschen sinnvoll erscheint, ist, daß wir uns selbst fragen: Wie wollen wir leben? Wofür bin ich auf diese Planetin gekommen?
Auch ich habe ja zeitweise Anwandlungen der Art gehabt, daß ich meiner Gattung nicht allzu viel abgewinnen konnte. Aber in den letzten Jahren wird mir immer klarer, daß auch die Entwicklung der Menschen als eine der unzähligen Varianten des Lebendigen einen tiefen Sinn haben muss. Nichts geschieht umsonst oder aus Versehen. Deshalb halte ich auch die Form des Feminismus für faschistoid, die die Schuld an den gesellschaftlichen Fehlentwicklungen den Männern zuweist und ihnen mehr oder minder unverhohlen eine gewisse Minderwertigkeit attestiert.
(Ja, ja, es wird jetzt wieder einige geben, die mich virtuell steinigen. Sei's drum, es muss gesagt werden!)
Auch das Männliche ist nicht ohne Grund in die Welt gekommen und hat mit der Tendenz der Erde zu tun, immer differenziertere Organismen hervorzubringen, die ganz spezifische Aufgaben im Ökogefüge des gesamten Universums haben.
Ich habe gerade in den letzten Jahren viele kluge, empathische, ernsthafte, humorvolle und fühlende Männer kennengelernt - mit einigen von ihnen pflege ich schöne Freundschaften - und sie bereichern mein Leben.

Das ändert nichts an der Tatsache, daß auch der Feminismus eine Notwendigkeit war, denn natürlich war es nicht akzeptabel, daß wir Frauen den Männern untergeordnet waren. Es erscheint mir auch weiterhin wichtig, sehr wachsam zu sein.
Es gibt Länder, in denen ich als Frau nicht leben möchte. Alle Bestrebungen von außen, die Befreiung der dortigen Frauen nach unserem Verständnis voran zu treiben, sind in meinen Augen aber kaum verhohlener Kolonialismus: wer sagt uns denn, daß die Mädchen in Tibet Schulen brauchen (um nur ein Beispiel zu nennen)?
Überlassen wir es doch ihnen, für sich herauszufinden, wie sie leben wollen. Und wenn das klar ist, dann wird das Leben ihnen helfen und dann können wir sie unterstützen, indem wir ihre eigene Idee von Freiheit respektieren.

Donnerstag, 4. September 2014

Aufgewühlt

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Ich kann nicht schlafen, bin aufgewühlt von Telefonaten, die ich nach der Arbeit geführt habe. Seit ich aus der Rhön zurüclk bin, überfluten mich seltsame und erschreckende Nachrichten, die verdaut werden müssen.
Ich habe von der schweren Krebserkrankung eines Menschen aus meinem näheren Umfeld erfahren. Auch wenn es vor einigen Wochen schon eine deutliche Ahnung davon gab, war die Bestätigung dann doch ein Schock für mich. Für mich heißt es jetzt auch, Entscheidungen zu treffen, in welcher Weise ich dem Betroffenen beistehen möchte.
Mehr kann und will ich nicht darüber berichten.

Etwas anderes bewegt mich auch:
Gestern hat sich für mich in meinem Arbeitsbereich etwas auf sehr konkrete Weise bestätigt, was ich schon seit längerem immer deutlicher sehe. Daß es nämlich das sogenannte Gesundheitswesen wirklich sehr krank ist. Das gilt wohl für die meisten, wenn nicht alle Kliniken in Deutschland, ja für den ganzen Bereich, der damit verknüpft ist. Es geht wirklich nur noch um Geld. Und wenn das zu fehlen droht, dann wird es an den Berufsgruppen eingespart, die ohnehin schon das kümmerlichste Gehalt, teilweise sogar unter Mindestlohn, bekommen, also an Pflege- und Reinigungspersonal und Ergotherapeuten, um nur ein paar Beispiele zu nennen. Nicht eingespart wird hingegen bei den Herren und Damen (letztere sind aber noch in der absoluten Minderzahlt) in den oberen Etagen, den Anzugträgern, die sich nie die Hände schmutzig machen und die politischen Entscheidungen treffen. Die bekommen Gehälter, die so extrem hoch sind, daß mir schleierhaft ist, wofür man soviel Geld ausgeben kann.
Nun gab es gestern die Gelegenheit zu einem Gespräch, ich möchte es eher Wortwechsel nennen. Denn dabei wurde mir klar, daß es keinem der Verantwortlichen um gute Arbeit, um Qualität geht. Der Patient und seine bestmögliche Versorgung war überhaupt nicht das Thema. Das ist die Realität heute.
Ich kann das beurteilen, weil ich seit vierzig Jahren in der Pflege arbeite. Gemessen an heute arbeiteten wir mit vorsintflutlichen Mitteln, hatten noch kein Einmalmaterial, mussten viel mehr putzen, hatten keine Desinfektionsmittel, wuschen uns damals aber auch ständig die Hände, was heute gänzlich aus der Mode gekommen ist. Gleichzeitig hatten wir viel mehr Zeit für die Patienten, für menschlichen Kontakt. Heute sitzen wir immer länger am Computer, der Patientenkontakt beschränkt sich demgemäß auf das Allernötigste. Was ich gelernt habe, immerhin habe ich eine Fachausbildung, kann ich gar nicht mehr anwenden - keine Zeit. Jede politische Reform hat es in den letzen zwanzig Jahren nur noch verschlechtert.
Gestern sah ich plötzlich glasklar, daß zwischen denen, die gerne gute Arbeit machen und mit Menschen angemessen und würdig umgehen wollen und denen, die in den allerhöchsten Etagen leben, kein Gespräch möglich ist. Da gibt es keine Brücke, keine Verständigung, da stoßen zwei so diametral entgegengesetzte Denkweisen zusammen - da geht nichts!

Wenn ich ein Krankenhaus als lebendigen Organismus sehe, dann ist also der Kopf, die Leitung völlig getrennt von der Leber, dem Herzen, dem Darm usw., also dem Pflegepersonal, den (nichtleitenden) Ärzten, den Reinigungskräften, den Physio- und Ergotherapeuten, den Bürokräften... Und es scheint, als wüchse in diesem Kopf ein Tumor, der immer größer wird und über kurz oder lang den ganzen Organismus umbringen wird.

Ich vermute, daß der Hauptbeweggrund für dieses ständige Kreisen um Geld Angst ist. Und je mehr Geld es zu behüten gibt, desto größer muss doch die Angst werden.
Meine Tochter kam vor Jahren mal mit einer Tabelle aus der Schule und zeigte uns ganz erschreckt, daß mein damaliger Mann und ich als Krankenpflegekräfte zur Unterschicht gehörten, wegen unseres niedrigen Gehaltes. Ich sagte ihr: "Ich bin froh, daß ich zur Unterschicht gehöre, da beute ich keine anderen Menschen aus."

Es scheint mir unumgänglich und lohnend, Selbsthilfekeimzellen zu bilden, parallell zu den Einrichtungen des offiziellen "Gesundheitswesens". Wir können uns auf unsere eigene Kraft besinnen und Heilweisen neu träumen.
Denn unsere Gesellschaft krankt an einer besonders aggressiven Krebsart: der Ideologie vom ständigen Wachstum, dem Kapitalismus.

Da lese ich in der Zeitung, daß auf der A1 ein Kind zur Welt gekommen ist, weil die Mutter den langen Weg von Fehmarn nach Lübeck zur Entbindung machen musste. Die geburtshilfliche Abteilung des Oldenburger Krankenhauses hat nämlich vor kurzem dichtgemacht. Hebammen können von ihrem Gehalt nicht mehr leben, weil die Versicherungsbeiträge unbezahlbar geworden sind.
Auch solche Vorkommnisse sehe ich als Aufruf zur Selbsthilfe: wie sind denn früher die Kinder zur Welt gekommen? Da gab es erfahrene Frauen, die bei den Geburten zur Seite standen.
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Sonntag, 31. August 2014

Rhön-Exkursion

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Die Exkursion in die Rhön hat stattgefunden: Jacqueline und ich haben sie einfach gewagt, nachdem sie die einzige blieb, die sich angemeldet hat.
Wir sind wieder im Spiegelshof in Melperts untergekommen und haben dieselben Zimmer bekommen, die meine Tochter, ihr Freund und ich im letzten Jahr bewohnt haben.
Drei Tage bestes sonniges Wetter und angenehm warm. Dieses Mal gab es den hübschen Augentrost in Mengen, den faszinierenden blauen Eisenhut, Goldrute in verschiedenen Unterarten, Prachtnelken und Heidenelken, echtes Labkraut und natürlich die schöne Herbszeitlose auf den Kuhweiden.
Wir sahen ein neugeborenes Rhönschaflämmchen aus der Herde unserer Wirtin, Eidechsen, eine Blindschleiche, Frösche und Kröten, Kolkraben, Milane... und immer diese magische offene Landschaft.
Natürlich waren wir auch wieder im Zauberwald am Schafstein, besuchten das Rote Moor, die Quelle der Ulster und den Oberelsbach und hatten Begegnungen mit den Nebelgeistern am Heidelstein.
Die drei aufeinanderfolgenden Wanderungen von jeweils etwa 20 km bergauf-bergab hatten es in sich: ich habe schon lange keinen solchen Muskelkater gehabt.
Es war schön, und jetzt brauche ich Zeit zu Hause anzukommen.
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Freitag, 15. August 2014

Traum

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Heute habe ich Hausputz gemacht und dabei die Lieder von D.s CD rauf und runter gesungen, einen Essay über die Kräuterweihe geschrieben, im Garten gearbeitet und genug Zeit für Kaffeepausen gehabt. Währenddessen dachte ich viel an die Begegnungen in Bonn. Wie spannend ich mein Leben immer wieder finde! Auf der Einfahrt in den Kölner Hauptbahnhof dachte ich daran, daß ich 1988 in diese Stadt ziehen wollte. Münster war mir zu klein und provinziell, ich mochte die Rheinländer und Karneval. Ich hatte sogar schon die Zusage einer großen psychiatrischen Klinik. Dann kam alles anders: ich bekam eine sehr interessante Stelle im Teutoburger Wald angeboten und dann kam J. in mein Leben.
Wie oft stehen wir an solchen Wegkreuzungen und schlagen eine neue Richtung ein. Nie wissen wir, was uns wirklich erwartet. Letztlich ist nichts planbar.
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Obwohl ich gestern Abend vorm Zubettgehen über eine Stunde Yoga gemacht habe, habe ich ganz schlecht geschlafen. Etwas nicht wirklich Fassbares bedrängte mich, das spiegelte sich dann auch in meinen Träumen: ich war an irgendeinem Bahnhof und alles lief schief. Dann bückte ich mich, um meine Schuhe zuzubinden und als ich mich wieder aufrichtete, lag meine Handtasche leergeräumt auf dem Boden. Schreiend lief ich durch den Bahnhof. Dann wachte ich auf: Ah, Erleichterung, es war nur ein Traum.
Aber dieses bedrängte Gefühl nahm ich mit in den Tag. Seltsam.
Abends zeigte sich mir dann dieser schöne Regenbogen.
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