Samstag, 26. Juni 2010

Sommer

Litha-2010-022
Am Sonntag haben wir ein lustiges Mittsommerritual an einem See in meiner Nähe gefeiert: ein magischer Platz zwischen drei alten dicken Eichen, an dem sonst nur Hunderte von Wildgänsen wohnen. Offensichtlich haben wir - und sicher viele andere an anderen Orten auch - den Sommer herbei gelockt.
Alma mater-Schwester Renata hatte mich eingeladen, also fuhr ich gestern bei strahlendem Sonnenschein und in bester Sommerstimmung nach Hamburg, kaufte ein wenig ein und genoss das Großstadtflair, bevor ich zu Renata nach Alsterdorf weiterfuhr. Sie bewirtete mich in ihrem idyllisch an der Alster gelegenen Haus sehr üppig. Abends fuhren wir zu Doras Palaverabend nach Pinneberg.
Dora und ich erzählten vom Kongress am Hambacher Schloss. Dabei kamen auch die mangelhaften Seiten dieses Kongresses zur Sprache: zu wenig Sitzplätze, zu dicht gedrängte Vorträge, daß an behinderte Frauen und Männer offensichtlich gar nicht gedacht worden war, zu wenig Platz für Gespräche und Zusammensein, zu wenig Raum für Tanz und Musik. Auch die Touristen, die überall herumliefen und sich teilweise hämisch über die Feministinnen äußerten, wurden als störend empfunden.
Ich stimme all diesen Punkten zu. Dennoch bin ich - ich sagte es bereits - dankbar, daß es diese Veranstaltung überhaupt gegeben hat. Ich gebe zu, daß ich stundenlang auf dem Fußboden sitzen kann und nicht unter Platzangst leide. Und mehr als drei Vorträge hintereinander tue ich mir auch nicht an.
Stutzig machte mich gestern die große Enttäuschung über die Unzulänglichkeiten dieses Kongresses. Es wurde dann auch von anderen Frauen die Meinung vertreten, daß eine Feministin (nämlich die, die dieses Ereignis geplant hat) sich doch durch besondere Fürsorglichkeit und Weitsicht auszeichnen müßte. Vielleicht müßte sie es, aber sie hat es eben nicht. Ich könnte sie darauf hinweisen, und sie würde das vielleicht beim nächsten Mal berücksichtigen. Wenn meine Aufmerksamkeit aber überwiegend auf die Unzulänglichkeiten gerichtet bleibt, bringe ich mich um die schönen Ereignisse, die der Kongress eben auch zu bieten hatte.
Ein Mann, der eine lange und unglückliche Liebesgeschichte hinter sich hatte, sagte zu mir: "Das Leben ist nicht so, wie es sein sollte." Dieser Satz erscheint mir trostlos und gleichzeitig ziemlich größenwahnsinnig. Kann ich wissen, wie das Leben sein sollte? Ist nicht das Leben viel größer als ich kleines Menschentier? Vielleicht ist das Leben nicht so, wie ich es mir wünsche - ja, das ist schon oft passiert. Und dennoch hat es sich im Nachhinein immer herausgestellt, daß all der Schmerz, die Unvorhersehbarkeiten, die Umwege und das Scheitern mich weitergebracht und zu der Person geführt haben, die ich bin: eine, die mit sich und dem Leben einverstanden ist.
Litha-2010-024

Freitag, 18. Juni 2010

Blickwinkel

Walpurgis-2010-086
Heute morgen wachte ich auf und hörte vor meinem Schlafzimmerfenster das zärtliche Plaudern eines Schwalbenmännchens. Bevor ich mittags zum Dienst fuhr, erlaubte ich mir eine halbe Stunde an meinem Platz an der Schuppenwand, hörte den Raben zu, sah die Schwalben durch die Luft flitzen, freute mich über die ersten geöffneten Holunderblüten, naschte bittere Löwenzahnblätter (gut für Stimmung und Leber) und fühlte mich mal wieder einfach nur vom Leben beschenkt.
Wie lange habe ich gebraucht, um so zu fühlen!
Ich habe einiges dafür getan, um soweit zu kommen, das habe ich an anderer Stelle in diesem Blog bereits erzählt. Und dennoch hätte ich mir vor zehn, zwanzig Jahren nicht vorstellen können, daß Glückseligkeit sich so anfühlen kann.
Es sind die einfachen Dinge, und dazu gehört auch, daß meine Kollegin und ich heute Nachmittag auf der Station zusammen mit den Patienten das Fußballspiel Deutschland - Serbien schauen konnten. Ich bin kein Fußballfan, aber das war nett. Ich mag gern wohlgeformten Männern zusehen, die sich schön bewegen können.

In meinem Umkreis gibt es zwei Frauen, die offensichtlich nicht in der Lage sind, das Schöne in ihrem Leben zu erkennen. Ich fühle mich in ihrer Gegenwart schnell angestrengt, vielleicht weil ich mich bemühe, ihnen einen anderen Blickwinkel zu zeigen. Einer gab ich gestern Abend einen ungebetenen Rat, wo sie mit ihren chronischen Gelenkproblemen Hilfe finden könnte. Dann verstand ich, daß sie keinen Rat und keine Hilfe, sondern uns anderen ausführlich über ihre Beschwerden berichten wollte.
Erst ärgerte ich mich, dann erinnerte ich mich an mich selbst aus meinen depressiven Zeiten: wie habe ich damals meinen Mitmenschen das Leben schwer gemacht, besonders denen, die mir sehr nah standen. Depression ist absolute Selbstbezogenheit, da gibt es kaum Raum für Anderes und Andere. Kein Argument, kein Rat, keine Freundlichkeit kann eine da rausholen. Und zwar deshalb nicht, weil die/der Depressive das gar nicht will. Auf eine verdrehte Art steckt die ganze Lebenskraft ja in der Depression. Das ist eine Art Selbsthypnose, eine immer wiederholte Geschichte des Mangels: ich habe das und das nicht bekommen, ich bin als Kind schlecht versorgt worden, ich bin ganz arm dran, und jetzt erkannt das verdammt noch mal endlich an, statt mir das wegzureden.
All das ändert sich, wenn der Blickwinkel auf das eigene Leben geändert wird, das ist ein aktiver Akt, dem eine Entscheidung vorausgeht.
Als Außenstehende kann ich also nur akzeptieren, daß es um mich herum Menschen gibt, die diesen anderen Standpunkt noch nicht einnehmen wollen/können, vielleicht sogar Mitgefühl entwickeln, weil ich diesen unangenehmen Zustand ja selber kenne (und mich verdünnisieren, wenn es mir zuviel wird).

Werte Tochter, auf den Schunkelfotos (sie sind nicht hier im Blog) sind Evelyn, Andrea und ich. Grüße nach Münster!

Freitag, 11. Juni 2010

Wildes Wetter

Hambacher-Schloss-114
Evelyn und ich vor dem Hambacher Schloss. Das Foto hat mir Hanna freundlicherweise überlassen, und Evelyn hat erlaubt, daß ich es öffentlich mache. Mir gefällt es, auch wenn Evelyn sich etwas müde findet.

Hier ist wildes Wetter: Wind, heftiger Regen und Gewitter. Ich mag das: ich habe den Nachmittag nach der Arbeit genutzt, meinen morgigen Kräuterkurs vorzubereiten, Hausputz zu machen und dabei laut die Lieder von Carien Wijnens CD "Womyn with Wings" mitzusingen, im Regen Kräuter für die Suppe zu sammeln und mich mal wieder zu fragen, wie ich es zwei Jahre lang in der Stadt und ohne Garten ausgehalten habe.
Als der Regen etwas nachließ, sah ich zwei Jungen aus der Nachbarschaft in Gummistiefeln und mit nassen Haaren ganz eifrig mit einem großen Spaten die Löcher auf der unbefestigten Straße zuschaufeln. Es macht mir Freude, ihr Tun zu beobachten. Und es erinnert mich an meine Kindheit in Hannover. Wir wohnten in der Altstadt, nahe der Marktkirche. Damals war da noch keine Fußgängerzone, aber wir sind auf der Straße Rollschuh gefahren. Es gab ja kaum Autos. In den Ferien hatte ich Wald und Wiesen im Solling, wo meine Großeltern lebten.

Dienstag, 8. Juni 2010

Grenzenloses Zusammenleben

Walpurgis-2010-083
Liebe Sabine,
deine Anregung, doppelt soviel zu pflanzen, entspricht meinem Denken. Und auch ich habe in den vielen Jahren, die ich mich mit Gartenarbeit befasse, erkannt, daß Schnecken vor allem schwache Pflanzen fressen. Sie sind das Räumkommando im Garten und haben im großen Gefüge ihre Aufgabe. Ich gibt mir zu denken, daß die spanische Nacktschnecke sich hier so rasant ausbreitet, seit wir immer mehr Obst und Gemüse aus Spanien, dem Land der monströsen Monokulturen, beziehen. Könnte es sein, daß dieses unbeliebte Tier in Wirklichkeit ein großer Regulierer ist?

Liebe Astrid,
mit den Grenzen bin ich in diesem Fall nicht einverstanden. Ich will versuchen, das zu erklären: Ich sehe einen Unterschied zwischen meinem Kind und den Pflanzen im Garten. Wenn eine Pflanze auf dem Platz, auf dem ich lebe, nicht überleben kann, dann gibt das mir Stoff zum Nachdenken. Als ich anfing, den Garten hier zu kultivieren, habe ich mir vorgenommen, nicht nur meine Bedürfnisse mit ihm zu erfüllen, sondern eine Wahrnehmung für die Bedürfnisse dieses Flecken Erde zu entwickeln: was will der Garten, was wollen die Tiere, wie können wir zusammen leben? Wenn Kalle meinen Thymian frisst, kann ich mich z.B. fragen: mein Thymian? Gehört er wirklich mir? Klare Antwort: Nein!
In der freien Natur ist das in der Regel kein Problem: Pflanzen werden gefressen, andere bleiben stehen. Ausgerottet wird keine auf diese Weise. Es ist genug für alle da: die Fülle eben.
Wann werden Tiere zum Problem (für uns Menschen, wohlgemerkt)? In Monokulturen, deshalb werden die ja in der Regel auch wie blöde mit Gift besprüht. Warum Kalle sich gerade jetzt über meine Kräuter her macht, wurde mir heute morgen klar: ich sah Kalle auf dem Stückchen Vorgarten, das ich noch nicht umgegraben hatte. Da fraß er mit Hingabe die wilden Pflanzen. Ein großer Teil meines Gartens wurde vor zwei Tagen mit meiner Zustimmung vom Nachbarjungen gemäht. Ich war froh, daß er mir diese Aufgabe freiwillig abnahm und habe dabei nicht bedacht, wie gründlich er alles Wilde tilgen würde. Er hat sogar eine meiner Beifußpflanzen abgemäht. Natürlich hat er es gut gemeint.
Was lernt eine daraus? Nächstes Mal selber den Rasen mähen und wilde Ecken lassen.
Übrigens können sich Kaninchen in Nullkommanix unter einem Zaun durchbuddeln.
Ach nee, dieses Grenzenziehen im Garten, das habe ich lange genug praktiziert. Es ist anstrengend und bringt nur begrenzt das gewünschte Resultat.
Ich bin bereit, etwas Neues zu lernen.

Montag, 7. Juni 2010

Kalle, das Kaninchen

Walpurgis-2010-084
Auf dem Bild seht ihr Kalle, das Kaninchen, ganz gemütlich in meinem Kräuterbeet liegen, das ich mit viel Mühe und jungen Pflanzen angelegt habe. Kalle besucht meinen Garten regelmäßig und scheint sich hier wohl zu fühlen. Die Mutter des Jungen, zu dem er gehört, sagte mir, daß Kalles Freiheitsdrang so groß ist, daß er keinen Käfig toleriert und immer wieder ausbüxt. Er hat bis jetzt sowohl den strengen Winter wie auch die Dorfhunde überlebt.
Kalle lässt sich von mir streicheln und tut auch sonst so, als wäre er hier zu Hause: er hat nämlich meinen blühenden Thymian und den neu gepflanzten Ysop mit seinen Nagezähnen rasiert, zwei Kamillenpflanzen ausgegraben, sich auf eines der zarten Bilsenkräuter gelegt (was dieses nicht überlebt hat) und gelegentlich buddelt er Löcher, besonders gern da, wo ich gerade gehackt habe.
Als er sich dann gestern abend vor meinen Augen mal wieder genüsslich in meinem Kräuterbeet räkelte und begann, die Wurzeln des Heilziests freizulegen, hatte ich eine ganze Palette sehr böser Gefühle ihm gegenüber.
Jahrelang habe ich mit Schmerzen zugesehen, wie die Schnecken meine Pflanzen weggeraspelt haben. Ich wollte sie nicht töten, also schaffte ich mir Laufenten an. Da hatte ich keine Schnecken mehr, dafür andere Probleme, weil Laufenten halbwegs artgerecht zu halten ist genauso aufwendig wie jeden Tag Schnecken von den Beeten zu sammeln und weg zu tragen.
Jetzt ist Kalle meine neue Herausforderung. Und ich wage noch gar nicht daran zu denken, daß auch das Damwild vielleicht irgendwann mal die Leckereien in meinem Garten entdeckt.
Ich gehe in mich: ich rede hier von "meinem" Garten. Aber möglicherweile sehen auch Kalle, die Schnecken, die Schwalben, die Hummeln und Hornissen und was hier sonst noch so kreucht und fleucht diesen Flecken Land als ihren Garten. Und ob der Thymian in meiner Linsensuppe oder im Kaninchenmagen landet, ist ihm wahrscheinlich egal. Es widerstrebt mir, Zäune aufzustellen und harte Maßnahmen gegen die sogenannten Fressfeinde (was für ein perverses Wort) zu ergreifen. Beginne ich nicht gerade zu begreifen, daß wir Westmenschen alle verseucht sind vom Virus des Mangel-Denkens? Ist nicht unser kapitalistisches System, das verheerendste aller Wirtschaftssysteme, auf der Ideologie des Mangels aufgebaut? Haben wir nicht schon mit der Muttermilch aufgesogen, daß es nicht genug für alle gibt? Und weiß ich nicht, daß das eine große verdammte Lüge ist, weil in Wirklichkeit die Erde genug für alle Wesen bereit hält!
Und weil ich das weiß, will ich lernen, damit umzugehen, daß Kalle Spaß am Thymian und Heilziest hat und die Schnecken vom Bilsenkraut gekostet haben.
Denn außer mir fühlen sich hier noch einige andere Wesen sehr zu Hause. Wer sollte das besser verstehen als ich?

Montag, 31. Mai 2010

Goddess-Kongress

Walpurgis-2010-068
Gestern am späten Abend bin ich vom Internationalen Goddess-Kongress (organisiert von Alma mater-Mutter Siegrun Laurent) zurückgekommen. Auf einem Schotterplatz vor dem Hambacher Schloss habe ich das Bilsenkraut gefunden, und zwar die nordeuropäische Variante, die ich ausgerottet glaubte. Ich mußte mich auf den Schotter legen für die Fotos, aber das hat diese Zauberpflanze verdient. Ist sie nicht wunderschön und geheimnisvoll?
Ansonsten habe ich viele Frauen getroffen, die ich von Alma mater kenne, einige aus der Gruppe von Ute Schiran. Astrid war da (ich schicke dir Küsse über den Äther, meine Süsse). Gespräche mit Claudia von Werlhoff im Restaurant und dem lieben Rüdiger auf der Treppe in der Sonne sitzend, Susanne Fischer-Rizzi angesprochen und ein paar Worte über Kräuter und das Nord-Süd-Gefälle in Deutschland gewechselt (der Norden ist sowohl kräuterkursmäßig wie auch in puncto alternative Denkweisen ziemliches Entwicklungsland. Wir glauben beide, daß die protestantische Kirche noch viel effektiver als die katholische den ganzen alten "Heidenkram" zerstört hat).
Ich habe mir einige wenige Vorträge ausgesucht: Malika Grasshoff mit ihrer beeindruckenden Körpersprache hat viel gute Laune erzeugt, ein indigener Mann aus Bolivien hat über die neue Verfassung erzählt, in die der Schutz der Pachamama (Mutter Erde) aufgenommen wurde. Anschließend verteilte er Koka-Blätter. Ich habe auch eins gekaut, aber keine Wirkung gespürt. Kaarina Kailo aus Finnland hat über Bärenmythologie erzählt. Völlig hin und weg war ich von Beatrix Pfleiderer, die sehr persönlich über ihr Leben auf Hawai und in Deutschland, ihre Erfahrungen mit Permakultur und Delfinen und ihre Arbeit mit dem Wurzelchakra berichtet hat.
Ich habe auch endlich eine kleine handliche Trommel gefunden, die ich mit nach draußen nehmen kann (meine alte ist sehr schön und klingt gut, macht aber bei feuchtem Wetter schlapp und ist zu groß). Danke Carolina, daß du mit dieser Trommel gekommen bist.
Jans hat mich zum Kongress begleitet. Ich fand es sehr angenehm mit ihm: man hat gemacht, wozu man Lust hatte, und unsere Kommunikation klappte ohne Anrufe und SMS so gut, daß Jans am Samstagabend sogar den Weg zum Vietnamesen fand, für den meine Begleiterinnen und ich uns spontan entschlossen hatten. So was kannte ich bisher nur aus Liebesbeziehungen.
Es waren einige wenige Männer da. Darüber habe ich mich gefreut: ich stehe ja auf beherzte Männer, die aus den eingefahrenen Gleisen rauswollen.
Ich bin ganz beschwingt zu Hause angekommen. Danke,Siegrun, daß du das alles organisiert hast!

Mittwoch, 26. Mai 2010

Ach ja, das Bilsenkraut

Walpurgis-2010-066
Wenn Astrid das Bilsenkraut nicht erwähnt hätte, wäre ich dir die Antwort auf deine Frage schuldig geblieben, liebe Evelyn. Wie sich doch alles wieder gefügt hat: eine gibt der anderen Stichworte. So liebe ich das!
Bilsenkraut ziehe ich seit vielen Jahren aus Samen. Die Pflänzchen setze ich dann im Mai in den Garten und freue mich an ihrer auffälligen Gestalt und ihren schönen Blüten. Es ist ja eine alte Zauberpflanze, die in Hexensalben Verwendung gefunden haben soll. Ich habe sie in Deutschland noch nie in der freien Natur gefunden, vermutlich ist sie ausgerottet oder Opfer der Landwirtschaft geworden. Meine erste Bilsenkrautpflanze habe ich auf der Festungsmauer von Valetta, Malta gefunden und mir Samen mitgebracht. Später habe ich auf Lanzarote blühendes Bilsenkraut entdeckt. Zur Zeit verwende ich Samen von Dreschflegel. Sie entsprechen eher der hellgelben südlichen Variante. Unsere einheimische mit dem dunkel geäderten Blüteninneren habe ich bis jetzt noch nicht gefunden.
Ich habe noch nichts damit gemacht außer sie häufig angesehen und mich darüber gefreut. Sogar auf meinem Stadtbalkon wuchs sie und hat sich im letzten Jahr selbst ausgesät.
Eines Tages werde ich damit experimentieren, wenn die Zeit gekommen ist. Ich bin nicht ängstlich, aber vor dieser Pflanze habe ich Respekt. Und nachdem ich vor vielen Jahren ein Tollkirschenexperiment mit eher unangenehmen Folgen gemacht habe, bin ich weniger gierig. Wenn es so weit ist, werde ich berichten.

Heute habe ich im Schuppen die ersten Schwalbeneierschalen gefunden.

Dienstag, 25. Mai 2010

Traumzeit

Walpurgis-2010-059
Liebe Evelyn, ich kann mir denken, daß deine Assoziationen zu "wild" in Richtung zügellos, bewegt, vielleicht auch laut gehen. Daß eine still und wild sein kann, passt nicht so recht in unsere Vorstellungswelt.
Ich habe mal im etymologischen Wörterbuch nachgeschlagen: "wild" wird da in Verbindung gebracht mit "ungezähmt", und es wird vermutet, daß es mit "Wald" verwandt ist. Das macht für mich Sinn: das Wilde lebt im Wald, auf der anderen Seite ist das Zivilisierte, das Kultivierte, dem der Mensch seine eigene Ordnung übergestülpt hat.
Der Ausdruck "wilde Zeit" kam mir morgens beim Aufwachen. In diesem Moment wußte ich ganz klar, daß ich mir möglichst jeden Tag einen Zeitraum gönnen sollte, der völlig unverplant ist, eine Zeit des Nicht-Tuns, in der alles möglich ist. Da ich als sehr strukturierter und viel arbeitender Mensch dazu neige, meinen ganzen Tag mit Tätigkeiten zuzupflastern, ist das wirklich was Neues.
Einfach stillsitzen und gucken, was kommt. Kein Buch vor die Nase, kein Strickzeug in die Hände nehmen.
Bei vielen Tieren kann man dieses Verhalten beobachten, besonders schön bei Katzen.
Aber ich könnte diese Zeit auch "Traumzeit" nennen, in Anlehnung an die Traumzeit der australischen Aboriginals. Nach deren Weltbild wird alles ins Leben geträumt, was ist. Und alles, was lebt - Erde, Steine, Pflanzen, Tiere und Menschen träumen, was sich dann irgendwann materialisiert. Das Träumen erhält also das Leben. Wolf-Dieter Storl schreibt in seinem Buch "Das Herz", daß in unserer Zivilisation das Fernsehen der Ersatz für die Traumzeit ist. Ein schlüssiger Gedanke, finde ich.
In den Zeiten, in denen ich noch starke Raucherin war, bedeutete jede Zigarette eine Auszeit - Traumzeit - wilde Zeit in meinem mit vielen Verpflichtungen vollgepackten Alltag. Auch das Kiffen hatte für mich lange diese Funktion.
Interessant finde ich, daß in unserer Kultur, die Arbeit, Effektivität, Fleiss anbetet, ein Teil der Menschheit sich kaum oder gar keine Traumzeit gönnt, während ein anderer Teil den ganzen Tag als sogenannte Penner abhängt. Der Gesamtorganismus Gesellschaft holt sich seine Traumzeit, so wie der menschliche Organismus sich seinen Schlaf holt.
Für mich ist es jedenfalls eine Herausforderung, mir diese Traumzeit zu genehmigen und weil sie jenseits meiner gewohnten Zeitordnung und Konditionierung liegt, eine "wilde Zeit".

Auf dem Foto ist meine neue Feuerstelle zu sehen.

zurück

Aktuelle Beiträge

Ich ziehe um
https://hollesgarten.wordp ress.com/
Marie-Luise - 10. Mär, 12:06
Immer die gleiche Geschichte
Vorletztes Wochenende war ich mit I. in Flensburg....
Marie-Luise - 9. Mär, 23:24
Kummer
Meine liebe kleine Skadi ist tot. Sie ist nur drei...
Marie-Luise - 20. Feb, 21:12
Fluss
Ich hatte mir den Sonntag frei getauscht, um zum De...
Marie-Luise - 6. Feb, 17:01
Marienkirche
Am Sonntag besuchte mich M. und ich zeigte ihr unseren...
Marie-Luise - 31. Jan, 01:35

Suche

 


Profil
Abmelden
Weblog abonnieren