Freitag, 30. Juli 2010

Männerberg - Frauenberg

Litha-2010-073
Liebste Astrid,
Männerberg und Frauenberg, das klingt irgendwie ansprechend. Automatisch mußte ich übrigens daran denken, daß ich in Kiel auf dem "Nervenberg" arbeite, wie der Volksmund das Gelände der Psychiatire hoch über der Kieler Förde nennt.
Spannend auch die Schilderung eures Geschlechterexperiments. Allerdings frage ich mich, ob die Idee, daß Frauen die Innenwirkenden sind und Männer diejenigen, die "das Feld halten" (diese Formulierung finde ich ganz schön) nicht wieder eine Festlegung ist, wie wir sie en masse in Bezug auf die Rolle der Geschlechter hatten. Und jede dieser Zuschreibungen hat uns doch wieder nur begrenzt: z.B. Frauen sind passiv,
Männer sind aktiv; Frauen sind emotional, Männer sind rational usw. Ich weiß ehrlich gesagt weniger denn je, was die Funktion des Männlichen und des Weiblichen ist. Natürlich ist es eine Tatsache, daß Frauen die Kinder zur Welt bringen und anschließend stillen können, und daß Männer den für die Entstehung des Kindes erforderlichen Pollen liefern (ich benutze nicht das gängige Wort "Samen", weil es biologisch gesehen schlicht falsch ist. Den Samen tragen wir Frauen in Form von Eizellen in uns). Aber was ist darüber hinaus männlich und weiblich? Ich wünsche mir da mehr Weite in der Vorstellungswelt. Wenn wir es jedem Mann und jeder Frau überlassen könnten, für sich selbst herauszufinden, was denn eigentlich wirklich seins/ihrs ist, würden wir vielleicht nicht nur einige Überraschungen erleben, sondern eine große Freiheit erfahren.
Ja, auch ich habe dich vermisst. In Italien bist du mir in einer unserer Trancen auf einem der silbernen Schiffe erschienen. Gern würde ich dich im September hier sehen!

Eigentlich wäre dieser Text, der sich ganz speziell an dich wendet, ganz gut in einer Mail aufgehoben. Andererseits finde ich diese Überlegungen zu Frau-Mann-Beziehung so interessant, daß ich sie gern in ein größeres Feld gebe.
Astrid (Gast) - 2. Aug, 17:55

Liebe Marie-Luise,

danke für deine "öffentliche Mail", ich antworte denn auch mal öffentlich zurück (hatten wir das nicht auch irgendwann einmal: Das Private ist Politisch?...Wobei natürlich gleich die Frage auftaucht, inwieweit "öffentlich" und "politisch" das Gleiche meint. Bei Hannah Arendt, die ich gerade mal wieder studiere, ist es das, sie nennt es nur anders, als "in der Welt und von der Welt sein" ...)
Ich möchte noch mal auf deine Bedenken der Festlegung von Frauen und Männern eingehen, wenn wir bestimmte "Funktionen" lokalisieren ... Was ich an unserem "Experiment" interessant finde, ist das ja keinEr irgendeiEn auf irgendetwas festlegt. Also im Sinne einer Zuschreibung von Aussen. Sondern dass das, was geschieht, sich ganz kreatürlich entwickelt. Der Ausgangspunkt ist ein Konflikt, den wir Frauen hier gerade austragen über die Frage weiblicher Autorität im Sinne des Affidamento: Vertrauen wir uns genug, um uns in unserem ganzen Sein zu stärken und zu unterstützen und uns einander anzuvertrauen, ohne uns beieinander "ab zu laden" - oder gehen wir auf der Ebene der alten und oft falschen Zuschreibungen und Polaritäten (die "starken" versus die "schwachen" Frauen, die Wortgewandten versus die Schweigsamen, die Intellektuellen versus die Emotionalen etc. pp.) in Konkurrenz? Können wir Anders-Sein und Differenz nicht nur aushalten, sondern für unser Miteinander nutzen? Und wenn ja wie ...?
Das ist nur ein kleiner Abriß der Fragen, die wir "im Inneren" bewegen, was durchaus weder ein inaktiver noch ein bloß innerlicher Prozeß ist. Aber wie die Spinne, die erst die Verbindungsfäden knüpft um daran das ganze Netz aufzuziehen, so stärken wir mit dieser "Arbeit" unser aller menschlicher Basis als Grundlage für alles weitere.
Damit will ich nicht sagen, dass Männer diese Prozesse nicht auch haben und gestalten können. Und - ich sehe, dass es zuallererst die Verständigung der Frauen ist, die stattfindet - und wahrscheinlich auch stattfinden muss. Denn wie ein Zauberbann liegt das über den Männern, und jetzt, wo wir darin voranschreiten, löst sich etwas - auch für die Männer.
Ich finde diese Zusammenhänge interessant und beobachte sie zuallererst einmal, wertungsfrei, so weit mir das als Frau und Mensch möglich ist. WAs ich wahrnehme ist, dass wenn Frauen in diese "Arbeit" einsteigen, Freiraum für alle entsteht. Und welche weiß schon, wie wir alle zusammen hängen ...

Es grüßt dich aus dem warmen, windigen udn sonnigen Süden deine
Astrid

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