Samstag, 24. Juni 2017

Mittsommer

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Eigentlich hätte ich dieses Wochenende Dienst. Und eigentlich war für heute ein Fest mit den Geflüchteten in Selent geplant, zu dem ich nach dem Frühdienst gehen wollte. Das wäre dann mein Mittsommerfest geworden, und ich freute mich darauf. Dann wurde es verschoben, weil es auf dem letzten Tag vom Ramadan lag und deshalb viele der Teilnehmer*innen beim Essen und Trinken nur hätten zuschauen können. Gut, dachte ich, dann fahre ich zu Option zwei, dem großen Feuer, mit dem die Ziegel am Schmoeler Hexenstein gebrannt werden sollen. Ich bin diesem Projekt seit einigen Jahren fern geblieben: es hat sich einfach so ergeben, weil ich zu keinem der Vorbereitungstermine kommen konnte und die Verbindung immer schwächer geworden ist. Aber auf das tagelange Feuer war ich schon etwas neugierig.
Als ich am letzten Wochenende aus Hamburg kam, hatte ich Halsschmerzen. Am Mittwoch kamen starker Husten und Schnupfen dazu. Der Husten nervte mich besonders, da ich über ein halbes Jahr lang unter trockenem Husten gelitten hatte, der gerade erst dank konsequenter Anwendung von Spitzwegerichtee verschwunden war. Da mir außerdem heiß und kalt war, beschloss ich, mich krankschreiben zu lassen. Die freundliche Ärztin war besorgt wegen meines Dauerhustens und empfahl mir versuchsweise ein Cortison-Spray; es könne sich ja um was Allergisches handeln. Ich wollte nicht mit ihr über meine Einstellung zu Cortison argumentieren, und sie war respektvoll genug, mich nicht zu nötigen. Ich denke, sie macht ihren Job nach bestem Wissen und Gewissen und überlässt mir die Entscheidung. So soll es doch auch sein. Die wirklich empfehlenswerte Apotheke in Selent hatte unerwarteterweise Isländisch Moos, aus dem ich mir zusammen mit selbstgesammeltem Huflattich einen Hustentee machte, der es wirklich bringt. Und er ist so schön bitter, daß sich mein Immunsystem freut.
In den letzten beiden Nächten habe ich mehr als neun Stunden tief und fest und ohne Husten geschlafen. Super!
Mein persönliches Mittsommerfest bestand darin, daß ich mir heute alles genehmigte, worauf ich Lust hatte: ich backte einen schönen Kuchen aus dem letzten Rhabarber in diesem Jahr, von dem ich einen Teil in der Nachbarschaft verschenkte. Ich finde nämlich, daß gerade jetzt die Natur so mit vollen Händen schenkt, daß ich das einfach auch tun kann.
Da es fast den ganzen Tag reichlich geregnet hat - gut so, da die Erde knochentrocken war - habe ich gemütlich im Holzschuppen Kaffee getrunken und den gerade flügge gewordenen Rauchschwalben bei ihren Flugübungen zugesehen. Später habe ich stundenlang in dem schönen Buch The Language of Ma - the Primal Mother von Annine van der Meer geschmökert und Kuchen gegessen. Abends habe ich dann noch ein wenig getrommelt.

Eins der neuen Modeworte heißt Narrativ. Ich finde es ein bisschen affig, man kann ja auch einfach Geschichte oder Erzählung sagen. Wie auch immer: heute Morgen hörte ich im Radio eine dieser mutmachenden Geschichten. Es ging um den G20-Gipfel in Hamburg, zu dem natürlich auch Tausende Gegner erwartet werden. Die wollten in einem der Parks campieren, was sie aber jetzt nicht dürfen. Es kamen einige Hamburgerinnen zu Wort, die den Gipfel-Gegnern ihren privaten Räume zur Verfügung stellen wollen. Zwei von ihnen sagten, man könne ja mit den Demonstranten nur solidarisch sein, wenn man sich anguckte, welches Ausmaß an Destruktivität der Kapitalismus entwickelt habe, der einer/einem einredet, daß Kaufen glücklich macht. Was mich daran freut? Daß immer mehr Menschen beginnen, unser System zu hinterfragen.
Mich macht Kaufen schon lange nicht mehr glücklich, wohl aber Schenken.
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Skadi hat für Kaufen gar nichts übrig

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