Donnerstag, 22. Juni 2017

Wölfe

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Im Radio hörte ich, daß jetzt zunehmend mehr Menschen verlangen, daß Wölfe zum Abschuss freigegeben werden, da sie soviele "Nutztiere" (was für ein blödes und auch bezeichnendes Wort!) reißen.
Ich möchte nicht, daß die Wölfe, die so lange vollständig aus Deutschland verschwunden waren, abgeschossen und ein zweites Mal ausgerottet werden. Ich habe mich sehr gefreut, als sie anfingen zurückzukehren.
Ich möchte jetzt bitte nicht falsch verstanden werden: ich kann mir schon vorstellen, welche Gefühle in dem hochkochen, der morgens auf die Weide kommt und zwanzig getötete Schafe findet. Vergleichbare Gefühle hatte ich vor Jahren, als ich in meinem ersten Garten in Münster morgens von den kleinen Buschbohnenpflanzen nur noch Stümpfe fand, weil sie eben nicht nur mein Lieblingsgemüse sondern auch das der Nacktschnecken waren. Getötet habe ich die Schnecken nie, habe es aber eine Zeitlang durch Laufenten erledigen lassen.
Aber ich hatte auch immer eine deutliche Ahnung, daß die Nacktschnecken genauso in die Landschaft gehören wie ich.
Die Wölfe gehören auch genauso in die Landschaft wie wir Menschen. Daß sie gleich zwanzig Schafe auf einmal reißen, liegt ja daran, daß die Tiere eingezäunt sind und nicht fliehen können. Und Wölfe, die in der Regel von wilden Tieren die schwachen jagen, während die anderen eine Chance haben zu entkommen, beißen eben alle tot, wenn sie sie sozusagen auf dem Silbertablett serviert bekommen.
Was mich an der Sache so massiv stört: hinter der Forderung die Wölfe zu schießen steht das alte anthropozentrische Denken: alles gehört uns, alles steht uns zu. Wir kommen an erster Stelle. Und alle Tiere, die Böden, die Pflanzen haben für uns da zu sein. Da brauchen wir uns gar nicht über Trump und sein "America first" zu echauffieren (was in Wirklichkeit wohl eher heißen soll: "Trump first and last and always"). Wir Menschen verhalten uns gewohnheitsmäßig auch so, als kämen wir an erster Stelle. Bei diesem Denken gibt es keine Gegenleistung, keinen Ausgleich. Die Ackerböden sind mittlerweile so ausgelaugt, daß auf ihnen bald gar nichts mehr wachsen kann. Die Mineralien für den Kunstdünger werden aus Afrika geholt (also den Afrikanern weggenommen). Das Wild in den Wäldern ist für die Jäger, und wenn einer wie Peter Wohlleben die kollektive Entwaffnung dieser privilegierten und in der Regel ziemlich reichen Leute fordert, die sich Jagd als Luxushobby leisten können, dann geht ein Schrei der Empörung durchs Land. Ja, entwaffnet doch die Jäger, dann haben die Wölfe was zu essen, der massive Wildverbiss in den Wäldern reguliert sich auch. Dann muss sich natürlich noch mehr ändern, nämlich die ganze Forstwirtschaft.
Nein, ich habe keine fertige Lösung für das Problem. Aber ich bin mir sicher, daß es falsch ist, alles zu töten, was vermeintliche menschliche Interessen durchkreuzt.

"Was ist der Mensch ohne die Tiere?
Wenn es keine Tiere mehr gäbe, würden die Menschen an großer Einsamkeit des Herzens sterben. Denn alles, was den Tieren geschieht, geschieht auch bald den Menschen."
(Häuptling Seattle)
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Monika (Gast) - 23. Jun, 16:09

Umgekehrt wäre es wahrscheinlich für die Tiere kein Problem, gäbe es uns Menschen nicht mehr - im Gegenteil.

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