Donnerstag, 1. Juni 2017

Schuld

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Ich hab's eigentlich nicht so mit dem Begriff Schuld. Aber als ich meine Abschlussarbeit für Alma mater über die drei Nornen schrieb, habe ich darüber nachgedacht, ob Skuld mit dem Wort Schuld verwandt sein könnte. Ich halte es zumindest für möglich, in dem Sinne, daß unsere Taten über uns hinauswirken. Sie sind also das, womit wir unser Schicksal bzw. das anderer Wesen formen; sie können, einmal ausgeführt nicht mehr ungeschehen gemacht werden. Konsequenz wäre dann ein anderes Wort.
Daß Europa die Schuld am Elend Afrikas trägt, ist ja wohl weitgehend bekannt. Aber wie das genau geschieht, ist in einem Reisebericht in der neuen Oya am Beispiel Burkina Fasos beschrieben. Dort haben die Ackerbauern nach der Ernte ihrer Feldfrüchte die Hirten mit ihren Rindern auf die Felder gelassen. Die Rinder, die bestens an die klimatischen Verhältnisse angepasst waren und nur zweimal in der Woche Wasser brauchten wie Kamele, fraßen die Reste und düngten nebenbei die Erde. Also hatten alle was davon. Dann kamen Entwicklungshelfer und gruben Brunnen. Dadurch wurde Ackerbau auch in den Trockenzeiten möglich. Die Rinder kamen nicht mehr auf die Felder und düngten sie auch nicht mehr. Durch die Brunnen sank der Grundwasserspiegel.Im Zuge der neoliberalen Wirtschaftspolitik verkaufen europäische Milchbauern Milchpulver für einen Spottpreis nach Afrika, die Nomaden bekommen für ihre Milch nicht genug Geld. Es herrscht bittere Armut und Perspektivlosigkeit. Viele junge Männer schließen sich extremen Organisationen wie etwa Boko Haram an - oder sie versuchen die Flucht nach Europa.
Ein Beispiel für die Schuld des Westens. Die blödsinnige Subventionierung der europäischen Agrarindustrie tut ihr Übriges. Die Regierungen haben kein Interesse an einer Veränderung der Situation. Was können wir also tun? Keine Milchprodukte von Großmolkereien kaufen, sondern am besten von Biobauern, die sich in kleinen Genossenschaften zusammen geschlossen haben, die keine hochgezüchteten Milchkühe halten. Und am besten natürlich dabei auch noch Bauern unterstützen, die ihren Kühen die Hörner und die Kälber lassen. Das kostet dann mehr, klar, und das ist auch absolut gerechtfertigt. Stattdessen kann man sparen, indem man nicht mehr jedes Jahr ein neues Smartphone kauft, zum Beispiel. Was den Nebeneffekt hätte, daß die Kongoregion nicht mehr ganz so massiv zerstört würde, weil man nicht mehr soviel Koltan abbauen müsste.

Ein zweites Beispiel: De Maizieres unglaubliche Behauptung, Afghanistan sei ein sicheres Herkunftsland, in das man afghanische Geflüchtete abschieben könn (Na gut, nach dem jüngsten Bombenanschlag in Kabul wurden die Abschiebungen vorerst ausgesetzt). Pro Asyl hat da übrigens eine schöne Postkarte designen lassen mit De Maiziere in schusssicherer Weste und Stahlhelm auf dem Kopf, wie er gerade aus einem in Kabul gelandeten Hubschrauber steigt: https://www.proasyl.de/wp-content/uploads/2016/09/PRO_ASYL_Afghanistan_Postkarte_web_Sep16.pdf
Das zum Thema "sicher".
Mit seinen Abschiebungen macht er sich schuldig.
Nebenbei gesagt: daß er den unsäglichen Begriff "deutsche Leitkultur" wieder ausgegraben hat und als eins ihrer Merkmale das Händegeben zur Begrüßung nennt, zeigt seine Weltfremdheit. Neuerdings ist es ja üblich, besonders bei Ärzten, keine Hand mehr zur Begrüßung zu geben, wegen der Infektionsgefahr. Kein Scherz!
Als junge Krankenschwester habe ich noch gelernt, mir ständig die Hände zu waschen. Das ist heute nicht mehr angesagt. Stattdessen werden plastikflaschenweise Desinfektionsmittel in Praxen und Kliniken verwendet.

Diese beiden Beispiele haben in mir Gefühle hervorgerufen, die ich schon lange nicht mehr hatte: Wut und Schmerz.
Weniger gravierend finde ich Trumps Haltung zum Klimaschutz: daß die in all den Jahren von diversen Regierungen ausgehandelten Klimaschutzziele allenfalls ein Tropfen auf den heißen Stein sind, ist ja nicht Neues. Heute hörte ich im Radio etwas Kluges von Michael Braungart zum Thema. Er erwartet wenig von den Politikern, ist aber optimistisch, was die jungen Leute angeht. Klimaschutz erfolgt von unten, ist sein Resümee. Viel wichtiger als irgendwelche CO²-Grenzwerte seien z. B. so essentielle Maßnahmen wie Humusaufbau in der Landwirtschaft und ein Stopp aller Palmölplantagen.
Da freue ich mich doch mal wieder über das zunehmende Interesse an Permakultur!
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