Sonntag, 8. Januar 2012

terry pratchett

WSW-2012-007
Das Buch von Terry Pratchett gibt es auch auf deutsch: Ein Hut voller Sterne.
Wie gut die Übersetzung ist, kann ich nicht beurteilen. Terry Pratchett hat diesen typisch englischen Humor, der schwer auf deutsch wiederzugeben ist.
Wie auch immer: viel Spaß damit. Übrigens gibt es noch einen ersten Band dieser Hexen-Fantasy-Romane: Kleine freie Männer, englisch The Wee Free Men.
Und Band III und IV gibt es auch, habe ich aber noch nicht gelesen.

Freitag, 6. Januar 2012

Holles Tag

WSW-2012-003
In Süddeutschland und Österreich ist der heutige Tag der Percht, der wilden alten weiblichen Kraft gewidmet. Erst später wurde dieser Tag von den drei Königen besetzt.
Für mich ist es Holles Tag. Sie ist in Norddeutschland bis Hessen und Thüringen zu Hause und hat viele Ähnlichkeiten mit der Percht.
Die Raunächte haben Stürme mit sich gebracht, wie es sich gehört. Dieser Zeitraum zwischen den Jahren ist mir heilig. Es macht Sinn, daß Frauen in diesen zwölf Tagen und Nächten möglichst wenig arbeiten sollen: jetzt ist eine Zeit des Lauschens, Spürens, Träumens.
Das Nicht-Arbeiten ist mir nicht ganz gelungen: nachdem mein Weihnachtsbesuch am 27.12. abgereist ist, war es mir doch ein Bedürfnist, wenigstens den Staubsauger einzusetzen. Schwerwiegender war es aber, daß ich bis auf einen Tag täglich in der Klinik war. Das fühlte sich nicht gut an, aber die entgiftungswilligen Alkoholiker nehmen nun mal keine Rücksicht auf mein Bedürfnis nach Ruhe und Ausschlafen.
Daß mir auf der Station dann durch einen Denkfehler ein Missgeschick unterlief, das böse hätte enden können (Göttin sei Dank ist alles gut gelaufen, auch weil mir der Fehler noch irgendwann auffiel und dank des guten Teams geeignete Maßnahmen ergriffen werden konnten), bringe ich mit der Energie dieser Zeit in Verbindung.
Heute bekam ich einen Anruf von einer freundlichen Frau, die mir mitteilte, daß ich ein im Internet bestelltes Paar Schuhe zweimal bezahlt hätte: einmal per Vorauskasse und dann noch mal nach Lieferung. Ob mir das nicht aufgefallen wäre? Nein, war es nicht. Da hat die Holle sich einen Scherz erlaubt.
WSW-2012-014
Ich lese gerade A Hat Full of Sky von Terry Pratchett. Wunderbares und spannendes Buch. Terry Pratchett weiß was, das kann eine beim Lesen deutlich spüren.
Allein solche Sätze sprechen für sich: "She tells the land what it is. The land tells her who she is."
Das drückt genau aus, was ich spüre, wenn ich draußen in dieser sanften Hügellandschaft mit ihren Steinen, ihren Eichen, Buchen und ihrer Weite bin. Ich bin Erde, solange ich einen Körper habe. Und es ist spannend und schön, ein Erdenwesen zu sein.

Freitag, 23. Dezember 2011

Raunächte

Allerheiligen-2011-1021
Wir haben gestern Abend im dunklen Wald die Wintersonnenwende mit einem richtigen Feuer gefeiert. Trotz dichtem Nebel ließen sich irgendwann die Sterne und der strahlende Jupiter zwischen den Baumkronen blicken.
Wahrscheinlich war das Feuer illegal, aber ich war mir sicher, daß keine Menschenseele uns behelligen würde. Als wir den Kreis aufgelöst hatten, haben wir die noch glimmenden Scheite sorgfältig auseinander gezogen und alles möglichst so hinterlassen, wie wir es vorgefunden hatten. Und den Tieren, deren Platz wir benutzt hatten, haben wir Futter da gelassen.
Ich will in den kommenden Monaten darauf achten, viel mehr die Hände in den Schoß zu legen, und die Dinge kommen lassen, die kommen wollen, zu lauschen, wahrzunehmen, zu träumen.
Workaholisch, wie ich bin, wird mir das nicht leicht fallen. Aber ich will es und spüre ganz deutlich, daß das sein muss.
Und in diesem Sinne verabschiede ich mich jetzt schon mal in die Raunächte, in denen die Frauen nicht arbeiten sollen, weil die Percht/Holle ihnen alles durcheinander bringen würde.
Allerheiligen-2011-103

Sonntag, 18. Dezember 2011

Das Neue träumen

Allerheiligen-2011-085
Danke, liebste Astrid, für deinen Post: erstens, weil er mich wieder sehr erheitert hat und du natürlich Recht hast mit dem, was uns wirklich lehrt, und zweitens wegen des wirklich lesenswerten Links (obwohl diese Mammuttexte immer all meine Widerstände mobilisieren).
Hier also noch mal der Link für alle Interessierten:
http://faszinationmensch.wordpress.com/2011/06/12/warum-schuler-unsinnig-buffeln-mussen-brief-eines-vaters-an-seine-tochter-zur-erklarung/
Das, was dieser Vater beschreibt, ist extrem gruselig. Allerdings frage ich mich doch, warum er das mitmacht. Es gibt ja heute durchaus die Möglichkeit, Kinder aus dem normalen Schulsystem herauszunehmen. Außer Waldorfschulen existieren aus gutem Grund immer mehr private Schulen, die versuchen, anders zu arbeiten. Ich weiß, daß sie auch nicht ganz machen können, was sie wollen und daß unsere Regierenden sich redlich Mühe geben, ihnen das Leben sehr schwer zu machen. Dennoch sehe ich sie als das geringere Übel an.
Nachdem er ausgiebig den Irrsinn des heutigen Bildungssystems beklagt hat, bin ich jetzt sehr am nächsten Schritt interessiert: was kann eineR machen?
Beklagen hat uns, soweit ich weiß, noch nie weiter gebracht, wohl aber die Initiative von Menschen. Ich erinnere (mich) an das Bild von den Imago-Zellen, die in der formlosen Masse im Inneren des Raupenkokons die neue Gestalt träumen.
In dem irrsinnigen Feld unseres Bildungssystems existieren diese Imago-Zellen in Gestalt von Menschen, die munter dabei sind, etwas anderes zu machen. Die gängigen Medien berichten nicht darüber, aber z.B. die Oya, für die ich mal wieder Reklame machen möchte.
Zum Thema Bildung passt ein Brief meines Opas, den er uns Kindern vor etwa fünfzig Jahren zu Weihnachten geschickt hat. Meine Mutter hat ihn wiedergefunden und mir zukommen lassen: er schreibt in besonders gut leserlicher Handschrift über Weihnachten in dem Dorf seiner Kindheit. Auch die Zeichnungen stammen von ihm. Mein Opa ist in eine einklassige Dorfschule gegangen und war mit dreizehneinhalb Jahren fertig. Dann kam die Lehre.
Er hat immer von seinem Lehrer geschwärmt. Das war ein junger Mann, der mit den Kindern z.B. zusammen ein großes Becken hat ausheben lassen, in dem sie Schwimmen lernen konnten. Dieser junge Mann war von der Jugendbewegung beeinflusst und wußte seine Schüler zu begeistern. Er ist dann als Soldat im ersten Weltkrieg umgekommen. Mein Opa hat übrigens entscheidenden Anteil für mein Interesse an der Natur, den Sternen und dem einfachen Leben. Er hat sich bis ins Alter etwas Kindliches bewahrt, bohrte in jedem Mauseloch mit seinem Spazierstock herum, fackelte Bahndämme ab, weil er Feuer gern hatte, und konnte gut zeichnen, obwohl oder wahrscheinlich weil er darin nie geschult worden war. Ich bin sicher, daß Menschen gern lernen, wenn man es ihnen nicht frühzeitig versaut.
Allerheiligen-2011-107
Ich sehe eine deutliche Analogie zwischen dem globalen Kapitalismus mit seiner Ideologie des unbegrenzten Wachstums (zu der das Bildungssystem gehört)und einer Krebserkrankung: Krebszellen wuchern so lange, bis sie ihren eigenen Organismus zerstört haben.
Der Kapitalismus ist ein gigantisches Selbstzerstörungsprogramm.
Ich träume davon, den Kapitalismus, diesen globalen Krebs, auszuhungern. Wie das gehen kann? Mit Selbstversorgung, Tauschringen, Nachbarschaftshilfe, Konsumboykott und mit radikaler Wiederverwurzelung in der Erde. Wenn ich die jungen Leute in meinem Umkreis mit ihren niegelnagelneuen i-Phones sehe, frage ich mich sowieso, ob diese ganzen Geräte nicht ein Ersatz für das verlernte Spielen und Träumen sind. Und wenn ich daran denke, daß der ach so tolle Steve Jobs diese ganzen monströs teuren i-Phones, i-Pads und i-Sonstwas in China unter menschenverachtenden Bedingungen herstellen ließ, dann kann ich nur noch kotzen.
Allerheiligen-2011-102

Donnerstag, 15. Dezember 2011

Geschafft

Allerheiligen-2011-088
Der Schnee ist schon wieder weg

Uff, geschafft! Katharinas Examensarbeit ist im Kasten.
Gestern abend, als wir telefonierten, schien sie an dem Punkt zu sein, wo nichts mehr ging, aber noch einiges zu schreiben war.
Panik scheint ein Feld zu erzeugen, dem eine sich schwer entgegenstellen kann. Ich versuchte, ihr Mut zu machen, schickte ihr diverse mal Reiki, zündete eine Kerze für sie an, die die ganze Nacht brannte. Aber ich konnte nicht schlafen, lag in meinem Bett, hörte dem Sturm zu und geriet in einen Gefühlszustand, den ich sehr lange nicht gehabt habe.
Meine Erste Hilfe-Maßnahme in Zeiten der Schlaflosigkeit wegen kreisender Gedanken ist das bewährte Yoga. Aber ich habe diese Woche soviel Yoga gemacht, ich wollte nicht mehr. Szenen aus meinem Leben als junge Frau tauchten auf: ich erlebte Verlassensein und Betrogenwerden noch einmal. Dann kam ein großer finsterer Zorn auf unser Bildungssystem, das soviel Angst und Druck erzeugt. Überhaupt scheint Angst das bestimmende Gefühl unserer sogenannten Kultur zu sein: Menschen mit Angst sind besonders gut auszubeuten und zu manipulieren.
Würde sie es schaffen?
Mir ist früher einige Male von Männern - Liebhabern und einem Therapeuten - gesagt worden, ich solle mich nicht so mit meiner Tochter identifizieren. Sie wußten nichts über die Beziehung Mutter - Kind. Vielleicht spielte auch Eifersucht und Konkurrenz eine Rolle. Wie auch immer: es gibt da eine sehr starke Verbindung, die ist nicht zu kappen und warum denn auch? Wir sind uns sehr ähnlich, nicht nur äußerlich. Im Übrigen habe ich auch schon mit meinem Sohn mit gelitten, wenn er Liebeskummer hatte.
Ich bat meine Helferwesen aus den anderen Ebenen um Hilfe. Um halb fünf stand ich schließlich auf, pusselte in der Wohnung herum, ging mit einer Tasse Kaffee in den Holzschuppen und sah in die stürmische Dunkelheit hinaus. Dann kam eine Art von Frieden: ich hatte alles getan, was ich konnte. Ich habe keinen Einfluss mehr auf das, was geschieht. Alles Weitere muss ich ganz ihr überlassen.
Einige Stunden später rief sie an und berichtete, daß sie nach ein paar Stunden Schlaf doch noch in den Flow gekommen sei.

D., der ich von meinem unerwarteten Gefühlszustand erzählte, kennt das: sie hat zwei erwachsene Söhne und hat auch mit ihnen schon mitgefiebert.

Schön war, wie sehr Katharina unterstützt worden ist: von ihrem Freund, ihren WG-Leuten, Freundinnen, Arbeitskolleginnen, einem Freund aus Bonn, der wie ich Korrektur gelesen hat. Das hat mich sehr berührt.

Dienstag, 13. Dezember 2011

Felder

Allerheiligen-2011
Mittags hörte ich eine Serie von Schüssen in unmittelbarer Nähe. Als ich meinen Kaffee im Holzschuppen trank und in die Sturm- und Regenlandschaft hinausschaute, rannten zwei Damhirschkühe über den Acker. Mit großer Betriebsamkeit fuhren Forstfahrzeuge über das Feld und den Weg vorm Haus einige Male hin und her. Es lag etwas Hektisches, Angespanntes in der Luft.
Auf dem Weg zum Einkaufen kam mir in den Sinn, was Ute über das Töten gesagt hat: daß es wieder gelernt werden müsse und daß es eine Übereinkunft zwischen dem Gejagten und dem Jagenden gebe.
Trifft das auch auf Sklaventiere zu? Die zehntausende von gequälten Geschöpfen, die z.B. in den niedersächsischen Massentieranlagen vor sich hin vegetieren? Ich habe da so meine Zweifel.
Ich habe die Abbilder der wilden Tiere in der nachgebildeten Höhle von Lascaux gesehen. Manche sagen, unsere JägerInnen-AhnInnen hätten mit diesen Bildern Jagdzauber betrieben, damit immer genug Wild zum Töten da war. Auch das bezweifle ich. Man weiß ja aus JägerInnen- und SammlerInnen-Kulturen, daß sie nur zu einem kleinen Teil von tierischer Nahrung gelebt haben (Ausnahme sind arktische Völker wie die Inuit). Für mich sprechen die Bilder eine andere Sprache: von einer Zeit, in der Menschen und Tiere noch nicht als getrennte Spezies gesehen wurden, in der es eine Art von Kommunikation zwischen allen Lebewesen gegeben hat, von der wir nur träumen können, von dem Bewußtsein, daß alles lebt und alles eine Seele hat, vom Wissen um die wechselsseitige Abhängigkeit und von einer großen Freude, Leben inmitten von Leben zu sein.
Wir leben in einer sogenannten Kultur, in der das Morden normal ist: ich rede vor allem von Krieg, von dem manche behaupten, daß die Menschheit nicht ohne sein könnte. Das sagen die, die nicht wahrhaben wollen, daß Krieg eine recht neue Errungenschaft in der Geschichte der menschlichen Gattung ist, seit ca. 6000 Jahren. Und wenn einer/einem klar ist, daß Deutschland einen großen Teil seiner Exporte mit Rüstung macht, dann wundert es auch nicht, daß es ein großes Interesse am Morden/Kriegführen gibt.
Das ist also das Feld, in dem wir leben und dem wir uns nicht entziehen können. Wenn wir jetzt in dieses mächtige Feld hinein Inseln setzen: z.B. indem wir darüber nachdenken, was es bedeutet, wenn wir ein anderes Lebewesen töten, um selber zu leben?
Und bitte jetzt kein Aufschrei von Vegetariern und Veganern! Auch Pflanzenesser töten. Das Argument, daß Pflanzen kein Nervensystem und damit auch keine Schmerzrezeptoren haben, kann ich nicht gelten lassen. Solche Behauptungen entspringen menschlicher Überheblichkeit.
Meine Frage ist, egal ob Vegetarier, Veganer oder Mischkostfresser: wie können wir respektvolles Töten lernen?

Zum Thema Feld: ich befinde mich zur Zeit im Prüfungsstress-Feld meiner Tochter, die mir jeden Tag Teile ihrer Englisch-Examensarbeit zum Korrekturlesen mailt. Wenn ich dann abends mit ihr telefoniere, um ihr Korrekturen vorzuschlagen, bin ich anschließend so wach und aufgemöbelt, als machte ich selbst Examen. Dann hilft nur eine Stunde Kundalini-Yoga, damit ich zur Ruhe kommen kann. In der letzten Nacht wachte ich um vier auf, war putzmunter und schob noch eine Stunde Yoga ein. Das erinnert mich an meine eigenen Prüfungssituationen, aber auch an die beiden Geburten, bei denen irgendwann der Punkt kam, wo ich es nicht mehr für möglich hielt, daß ich noch weiter machen könnte. Und dann konnte ich doch, weil es sein mußte! Was für erstaunliche Organismen sind wir doch! Ein weiterer Grund, Respekt vor dem Lebendigen zu haben.

Samstag, 10. Dezember 2011

Selbstübereinstimmung

Allerheiligen-2011-090
Letzte Phase der Mondfinsternis
Allerheiligen-2011-097
Zwei Stunden später

Meine Freundin Astrid schreibt, daß sie mich als "selbstübereinstimmend" wahrnimmt. Mir gefällt das Wort, und es beschreibt, wie ich mich seit einigen Jahren tatsächlich fühle.
Das ist nicht immer so gewesen. Ich habe lange Jahre gebraucht, um dahin zu kommen, wo ich jetzt bin. Und ich habe viel getan, um zu der zu werden, die ich jetzt bin: Therapie, Selbsthilfegruppe, Selbsterfahrung. Nachdem ich einmal gesehen habe, daß Veränderung möglich ist, bin ich auf dem Weg geblieben. Den letzten Schliff hat mir aber das Leben gegeben, besonders durch die Wechseljahre, die ich jeder Frau nur wärmstens (wörtlich: mit den Hitzewallungen, die in meinen Augen ein großes Energiegeschenk sind) empfehlen kann.
Heute nachmittag, nach einem Spaziergang im Schnee, habe ich meine Traumzeit Milchkaffee trinkend und in der Tür meines Holzschuppens sitzend verbracht, in die Landschaft geschaut und mal wieder dieses stille Glücksgefühl genossen, hier zu sein.
Wie lange habe ich mit mir selbst, meinen Eigenheiten, meinem Aussehen, meiner Unfähigkeit, Beruf, Kinder, Haushalt und Beziehung unter einen Hut zu bringen, Menschen und Lebensbedingungen gehadert. Das scheint vorbei zu sein. Es ist ja nicht so, daß ich jetzt ohne Macken wäre: ich stoße immer noch gelegentlich Leute mit meiner Direktheit vor den Kopf, ich fröne immer noch dem Laster des Lästerns, ich neige immer noch dazu, zu viel zu reden und dabei mein Gegenüber aus dem Blick zu verlieren, ich reagiere immer noch gelegentlich impulsiv. Aber der entscheidende Unterschied ist, daß ich mit mir selbst in Frieden bin.
Dennoch geht die Reise weiter, und ich fühle, daß etwas im Umbruch ist, daß etwas Neues in mein Leben treten will und daß es gut ist, ihm Raum zu geben. Deshalb ist es auch gut, weniger zu arbeiten und mehr zu sein. Ja, Gewohnheiten sind nicht von heut auf morgen zu ändern, aber ich bin dabei, Schritt für Schritt.

Am Mittwochabend ging ich zum offenen Advent, der bei der Gutsherrin stattfand: in ihrer Eingangshalle unter ca. hundert Hirschgeweihen, tummelten sich viele Leute, tranken Glühwein mit und ohne Alkohol und unterhielten sich. Ich empfand wieder diese freundliche und unkomplizierte Atmosphäre, die ich mit diesem Dorf verbinde.

Vorgestern streifte ich mal wieder durch die Landschaft und ließ mich von meinen Impulsen führen. Da sah ich plötzlich das Langgrab von Lammershagen: ein Hügel mitten im Acker, behütet von Holunderbüschen. Als ich ihn bestieg, entdeckte ich, daß zwischen den großen Steinen einer sich einen Jagdsitz gemacht hatte. Nicht ganz das, was ich mir an diesem Ort gewünscht hätte, aber so ist das Leben.

Mittwoch, 7. Dezember 2011

Barbara

Allerheiligen-2011-025
Heute brachte ich zwei schöne bunte Steine vom portugiesischen Strand zu "meiner" Buche und legte sie zwischen ihre markanten Wurzeln. Dann schnitt ich mir Barbara-Zweige von dem wilden Kirschbaum, mit dem ich mich diesen Sommer angefreundet habe.
Ich weiß, daß der Barbara-Tag am 4.12. ist. Aber da war ich in der Klinik, gestern und vorgestern auch. Also ist für mich heute Barbara-Tag.
Diesen schönen Brauch, Zweige zu schneiden, die dann um die Wintersonnenwende herum in der warmen Wohnung blühen, habe ich als Kind von meiner Mutter kennen gelernt.
Die Katholiken kennen Barbara als Märtyrerin, die für ihren christlichen Glauben gequält, in einen Turm gesperrt und schließlich getötet wurde. Also die übliche Geschichte der meisten Heiligen. Siegrun Laurent hat uns bei Alma mater erzählt, daß diese Legenden in einem Kloster irgendwo in Süddeutschland erfunden wurden, um die in der Bevölkerung des frühen Mittelalters so beliebten Ahnfrauen christlich umzudeuten.
Immer nach dem Muster: Bekehrung zum christlichen Glauben, dafür verfolgt werden und leiden, schließlich unter entsetzlichen Qualen sterben und dann heilig gesprochen werden.
Was ist die Moral von der Geschichte? Leiden ist gut.
Wie tief haben wir alle das verinnerlicht: kennt nicht jede, wenigstens ansatzweise, daß sie ihr eigenes Dasein oder Handeln dadurch aufzuwerten wähnt, daß sie sich selbst und anderen erzählt, wie schwer sie es gehabt hat, welche Opfer sie gebracht hat, wie übel ihr die anderen mitgespielt hätten?! Es sind mächtige Felder, die durch diese immer wiederholten Geschichten und Glaubenssätze aufgebaut worden sind, durch unser Tun aufrechterhalten werden und auf uns einwirken, ohne daß wir es wahrnehmen. Und die De-Konditionierung braucht Zeit, Klarheit und Freundlichkeit gegenüber sich selbst.
Ich selbst bin gerade damit beschäftigt, meinem Anstrengungsmuster auf die Spur zu kommen, das in die gleiche Schublade fällt. Das Sich-Anstrengen, viel und schwer arbeiten und darauf auch irgendwie noch stolz zu sein ist bei mir so eingefleischt, daß es mir gar nicht mehr auffällt. Meine tauben Hände haben mich auf diese Spur gebracht, und jetzt frage ich mich jeden Tag: ist es wirklich not-wendig, daß ich dies und das noch tue?
Dank meiner Osteopathin und Portugal sind meine Hände nicht mehr taub.
Allerheiligen-2011-055
Noch mal zu Barbara: sie gehörte ursprünglich zu den drei Frauen, die in unserer Kultur unter Begriffen wie die drei Beten und die drei Matronen bekannt geworden sind.
Für die afrikanischen Sklaven in den Amerikas war Barbara das Synonym für die westafrikanischen Wettergöttin Oya. Der Turm, ihr Attribut, erinnert an die germanische Seherin Weleda, die in einem Turm gewohnt haben soll, ebenso an Rapunzel, die in einem Turm von einer weisen alten Frau in die Geheimnisse des Lebens eingeweiht wurde.

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