Dienstag, 17. Mai 2016

Grünkraft

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Beim Sammeln von Brennesseln und anderen Wildkräutern für meinen Kartoffel-Kräuter-Gratin staune ich darüber, daß der Giersch schon Blütenansätze hat. Letzte Woche konnte ich noch die kleinen zusammengefalteten Blättchen ernten, die finde ich jetzt kaum noch. Seit zwei Wochen ist die Natur förmlich explodiert. Der Mai ist die Zeit, in der alles am schnellsten wächst: die Pflanzen scheinen es eilig zu haben mit dem Wachsen und dem Blühen, jeden Tag entdecke ich etwas Neues.
Ich verstehe gut, wie Hildegard von Bingen auf den Begriff Grünkraft für die unbändige und alles durchfließende Lebensenergie gekommen ist und finde ihn sehr schön.

Gestern erzählte mir mein alter Freund J. von seiner Leistenbruch-OP. Er hat das Krankenhaus einen Tag nach dem beidseitigen Eingriff schon wieder verlassen können, obwohl er auch nicht mehr der Jüngste ist mit seinen 80 Jahren. Wenige Tage später hat er schon einem Freund beim Holzspalten geholfen und sich über die Anweisungen der Ärzte komplett hinweggesetzt (er ist diesbezüglich genauso eigensinnig wie ich, und dafür liebe ich ihn): keinerlei Beschwerden, keine Schmerzen beim Lachen, Husten, Niesen, Tragen von schweren Gewichten. Seine Erklärung: außer Reiki nach der OP hat er sich mental gut vorbereitet, indem er sich erzählt hat, daß sein Körper den Eingriff und das Einsetzen der Kunststoffnetze in die Bruchpforten gut tolerieren werde. Das scheint mir einer der Schlüssel zur Heilung zu sein: das Unausweichliche vertrauensvoll anzunehmen.

Mein Sohn erzählte mir von einem Fernsehbericht über die verbotene Zone um den Tschernobyl-Reaktor: dort leben jetzt wilde Tiere und Pflanzen in paradiesischer Vielfalt und Wildheit, daß es eine Freude ist. Wir wissen nicht, was die Radioaktivität auf lange Sicht mit deren Organismen macht. Aber dieses Beispiel zeigt doch, daß eine schnelle Regeneration, eine Wieder-Verwilderung einsetzt, sobald Menschen sich zurückziehen.
Mein Traum ist, daß wir Menschen lernen, dieser Wildheit, dieser unglaublichen Selbstregulation wieder zu vertrauen. Das würde alles ändern und vieles überflüssig machen und der Erde gut tun und mit ihr allem Lebendigen.
Das ewige Machen, Lenken, Eingreifen, Regulieren, Beschneiden, Dämpfen, Anregen, all diese für notwenig erachteten menschlichen Aktivitäten haben uns und unsere Planetin in diese so kranke Situation gebracht. Und wir sind es gar nicht mehr gewöhnt, einfach zu sein und uns der Grünkraft zu überlassen.
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