Freude
Heute Morgen kam A. zum Frühstück und wir entwarfen das Herbst-Tag-und-Nacht-Gleiche-Ritual. Wir erzählten uns gegenseitig, wie sehr wir uns über den herzlichen und überaus hilfsbereiten Empfang der Flüchtlinge in Deutschland freuen. Meine Kolleginnen in Kiel haben Aktionen auf die Beine gestellt und auch hier auf dem Lande spielt sich einiges ab. Ich habe mich als Sprachpatin zur Verfügung gestellt und war gestern bei einem Koordinationstreffen in Selent.
Was da zur Zeit geschieht, rührt mich zu Tränen und versöhnt mich mit meiner Nationalität. Und es geht von den Menschen aus, nicht von den Politikern. Ähnliches hörte ich heute im Radio von den freiwilligen Helfern auf dem Budapester Bahnhof: die leisten Hilfe, weil sie der Stimme ihres Herzens folgen. Und das scheint mir die einzige Stimme zu sein, der eine_r folgen kann.
Ich habe mich endlich entschlossen, meine beiden 30 Jahre alten formaldehydgetränkten Billy-Regale durch zwei Buchenholzregale zu ersetzen. Gestern bekam ich sie geliefert und war dann Stunden damit beschäftigt, sie zusammen zu bauen, aufzustellen und einzuräumen. Beim zweiten Regal ging's schneller. Trotz eines blauen Fingernagels - ich haute mir kräftig mit dem Hammer drauf - war ich anschließend sehr stolz. Ich stamme ja noch aus der Generation, die davon überzeugt war, daß Frauen für solche Arbeiten Männer brauchen.
Jetzt stehen zwei schöne, nach Holz und Öl duftende Regale in meinem Schlafzimmer und ich muss keine Gifte mehr einatmen.
Marie-Luise - 11. Sep, 20:48