Montag, 14. Juli 2014

Fußball

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Gestern morgen nach dem Nachtdienst hatte ich einen platten Hinterreifen. Sonntagmorgen um 6:30 mit unzulänglichem Werkzeug im Auto! Ich bin keine virtuose Reifenwechslerin, habe es aber einige Male gemacht. Mein Ex-Mann hat darauf bestanden, daß ich es kann und dafür bin ich ihm dankbar. Aber ich bekomme die Schrauben mit meinem Schraubenschlüssel nur auf, wenn ich ein Rohr als verlängerten Hebel darüber stülpe. Vermutlich liegt das Rohr in Kükelühn statt im Kofferraum, wo es sich lange befand.
Ich fuhr also mit plattem Reifen zu einer offenen Shell-Tankstelle, die damit wirbt, daß es hier Service gibt. Das heißt aber nur, daß jemand den Tank befüllt und die Scheiben wäscht und den Ölstand überprüft - alles Sachen, die ich prima selbst machen kann. Aber ein geeignetes Werkzeug für den Reifenwechsel hatte man nicht für mich. Ich fuhr zur nächsten Tankstelle und hatte Glück. Ein sehr freundlicher junger Mann erledigte die Arbeit für mich in wenigen Minuten und wollte noch nicht mal Geld dafür. Ich gab ihm trotzdem was.
Im platten Reifen steckte übrigens ein dicker Nagel. Das ist der dritte Platte innerhalb von sieben Jahren und nachdem ich davor mehr als zwanzig Jahre sowas nie erlebt habe, mache ich mir doch so meine Gedanken: Lag der Nagel einfach so auf der Straße oder wurde er mutwillig in das Gummi gestoßen?

Heute sah ich mit Patienten zusammen das Spiel Deutschland - Argentinien. Es hat mir Spaß gemacht und war sehr spannend. Ich fand auch, daß beide Mannschaften gut gespielt haben. Als das Tor für die deutsche Mannschaft fiel, habe ich mich gefreut und laut geschrieen. Und später hatte ich Freude an den ausgelassenen Tänzen der Spieler.
Das ist die eine Seite.
Die andere ist, daß ich überhaupt keine Patriotin bin und null Nationalstolz kenne, wie ich ihn auf meine Reisen z. B. in Frankreich erlebt habe (und dort unangenehm fand). Ich weiß, daß die FIFA ein übler korrupter Verein ist und daß die brasilianische Regierung für die WM die Favelas platt gemacht hat und daß dieser Berufsfußball ein einziges großes Geschäft ist.
Dennoch: ich mochte den Jungs gern zusehen und habe über das Stehaufmännchen Schweinsteiger gestaunt.

Ich möchte mal wieder für die großartige Zeitschrift Oya werben. In Ausgabe 27, Thema Verbundenheit, steht ein Interview mit dem vor kurzem verstorbenen Quantenphysiker Hans-Peter Dürr. Sehr spannend und berührend! Er beschreibt, wie sich seine Art über die Welt nachzudenken entwickelt hat: über seine Kindheit im Krieg, sein Studium bei Edward Teller, dem Erfinder der Wasserstoffbombe, seine Begegnung mit Hannah Arendt.
Zwei Zitate von ihm:
"Durch Kooperation von Unterschiedlichem komme ich auf ein höheres Niveau von Lebendigkeit. Dabei ist die Vielfalt eine entscheidende Kraft. Wir müssen auf das Zusammenspiel unterschiedlicher Talente achten, das erhöht unsere gemeinsame Gestaltungsfähigkeit. Ich will es mal drastisch formulieren: Unser Feind muss unser Verbündeter werden. Das müssen wir vor Augen haben, wenn wir uns vernetzen."
"Fehler sind unsere größten Lehrer! Darum dürfen wir keine Technik zulassen, die keine Fehler erlaubt, denn Fehler sind menschlich. Atomenergie, Genmanipulation, Nano-Technik, Fracking, Teersand, Patentierung lebender Organismen - alles Resultate alten Denkens, jeder Fehler kann hier verheerend sein."

In der zehnten Klasse bekamen wir eine Physiklehrer, der von der Waldorfschule kam. Ich hatte mich damals schon damit arrangiert, daß ich unfähig war, Mathe und Physik zu verstehen und schrieb im Unterricht unter der Bank Tagebuch. Dieser neue Lehrer akzeptierte mein "Ich kann das nicht" nicht und holte mich jede Stunde nach vorn. Ich musste elektrische Schaltkreise bauen und an die Tafel zeichnen. Er forderte mich und behandelte mich gleichzeitig mit Respekt. Und plötzlich erschloss sich für mich ein neues spannendes Feld: Elektrizität, Atomphysik, Astrophysik - ich ahnte, daß sie Möglichkeiten waren, in die geheimnisvollen Tiefen des Universums zu schauen.
Nach dem Abitur schrieb ich mich für Physik ein, aber schon in der ersten Vorlesung verstand ich nur Bahnhof. Im Gegensatz zu meinem nicht angetretenen Medizinstudium bedauere ich das manchmal.

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