Samstag, 2. Juni 2012

Lernen

Walpurgis-2012-024
Pfingstmontag kam der zweite Bienenschwarm: ein weiterer Nachschwarm von dem Imker aus Neustadt. Von Anfang an fühlte ich diesem Volk gegenüber Sorge, vielleicht weil es recht klein war, vielleicht war es meine recht verlässliche innere Stimme. Ich hatte auch das Gefühl, daß ein Teil der neuen Bienen sich beim ersten Volk einlogiert hatten, denn vor deren Flugloch saß plötzlich ein handflächengroßer Pulk. Sie stammen ja alle aus der gleichen Familie, von daher vielleicht gar nicht so erstaunlich.
Nach ein paar Tagen entdeckte ich beim seitlichen Öffnen des TBH, daß ein Teil der Bienen unter dem Varroagitter saß, wo sie nicht hingehören. Wahrscheinlich hatte ich das Gitter nicht richtig eingelegt. Ohne nachzudenken nahm ich das Gitter raus und schüttelte die Bienen ab. Ein Teil erhob sich, um ins Flugloch wieder in den TBH zu fliegen, ein Teil saß auf der Wiese und schien sich neu zu orientieren, drei Bienen landeten in meinem Milchkaffee, zwei flogen auf meine Hand und saßen da eine Weile still. Ich sah sie an und entschuldigte mich für meine Impulsivität: es wäre besser gewesen, ich hätte das Gitter einfach nur auf die Wiese gelegt.
Vorgestern sahen mein Sohn und ich in beide TBHs. Das erste Volk hat schöne Waben gebaut, die teilweise schon bestiftet sind, also Eier enthalten. Das zweite Volk scheint noch kleiner geworden zu sein, was meinen Verdacht bestätigt, daß ein Teil zu Volk Eins abgehauen ist. Und sie haben keine Waben gebaut. Ein schlechtes Zeichen! Mein Imkerlehrer war nicht zu erreichen. Weil es so kalt ist, habe ich ihnen ein wenig Honig hinter den Trennschied gestellt.
Alles Weitere möchte ich der Selbstregulation überlassen.
Ich bin ein wenig traurig, hätte ich doch gern zwei starke Bienenvölker gehabt, aber es ist wie es ist - so lerne ich.
Walpurgis-2012-036
Vor zwei Tagen bin ich geschieden worden. Mein Sohn war als mein Rechtsbeistand da, und weil J. und ich uns einig waren und es nichts mehr zu verhandeln gab, brauchten wir keinen zweiten Anwalt.
Meine erste Scheidung war eine heitere Veranstaltung. Das kann ich von dieser nicht sagen. Zwar war alles innerhalb von einer Viertelstunde erledigt, aber die Fragen des Richters und noch mehr unsere Antworten ("Sehen Sie keine Möglichkeit mehr, die Ehe wieder aufzunehmen oder zu reparieren?" "Nein."), auch die Begegnung mit J. rissen etwas wieder in mir auf. Hinterher standen wir eine Weile auf dem Parkplatz hinter dem Amtsgericht zusammen, und J. sagte: "Das ist alles traurig."
Ja, ist es. Und ich unternehme nichts gegen dieses Gefühl.

Übrigens kann ich ganz klar sagen, daß das Scheitern dieser Beziehung nichts mit Schuld zu tun hat. Schuldgefühle sind ein Bestandteil unserer Kultur, tief in unserem Stoffwechsel verankert. Kinder fühlen sich schuldig, wenn sie spüren, daß es ihren Eltern nicht gut geht und scheitern bei dem Versuch, sie glücklich zu machen. Später machen Liebespartner dasselbe und scheitern ebenso zwangsläufig. Es ist auch weit verbreitet, daß wir den Anderen für unser Scheitern und unsere misslungenen Problembewältigungsstrategien die Schuld geben. Wir sind es halt gewöhnt, daß es immer einen Schuldigen geben muss - wir selbst und/oder die anderen.
Solange wir dem Anderen die Schuld geben, kann sich nichts ändern.
Solange wir uns selbst die Schuld geben, können wir nicht wirklich wir selbst sein: wir werden immer bestrebt sein, es anderen Recht zu machen.
Ich fühle mich nicht schuldig für das Scheitern meiner Ehe. Es gibt einiges, was ich bedauere. Aber ich habe mich zu jedem Zeitpunkt so gut ich konnte verhalten. Und ich habe sehr viel gelernt in dieser Beziehung, dafür bin ich dankbar. Und es war eine sehr große Liebe, auch dafür kann ich nur dankbar sein.

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