Samstag, 22. März 2014

Spirituell hochstehend?

Lichtmess2014-079
Ich bin schon wieder krank und zwar deftig: der zweite grippale Infekt in diesem Jahr, der mich tagelang völlig lahmgelegt und mir Fieberdämmer, Gliederschmerzen, üble Halsschmerzen, hartnäckigen Husten und die Unfähigkeit zu denken geschenkt hat. Letzteres war nicht von Nachteil. Gestern kamen die Frauen zum Frühlings-Tag-und-Nachtgleiche-Ritual. Das musste ohne mich stattfinden, aber beim gemeinsamen Essen war ich dabei. Zwar ist mein Geschmackssinn noch nicht wieder zurück gekehrt, aber ich hatte zumindest wieder richtigen Hunger. Obwohl auch meine Stimme noch längst nicht voll da war, konnte ich nicht aufs Reden verzichten und fühlte mich überraschend gut im Kreis der Freundinnen. Ach, ich mag ja doch gern unter Menschen sein. Aber in der Nacht hatte ich wieder fast 39°, hab mir also zuviel zugemutet.

Jetzt möchte ich die Zuschrift einer meiner Leserinnen aufgreifen: warum bekommen spirituell hoch entwickelte Frauen Krebs?
Meine Antwort: keine Ahnung. Gegenfrage: warum bekommen überhaupt Menschen Krebs? Bei manchen sorgt sicher der Lebensstil für eine deutliche Prädisposition: Rauchen, Alkoholmissbrauch, bestimmte Pestizide, die sich im Fettgewebe ablagern usw. Dann gibt es die, bei denen alle erstaunt sind, wenn die Krankheit ausbricht. Warum die, die hat so gesund gelebt, sich durchtherapieren lassen, meditiert, ein spirituelles Leben geführt, positiv gedacht...
Dann gibt es natürlich auch immer die, die sagen: die muss aber doch was falsch gemacht haben.
Im Umkreis von Krebserkrankten finden sich also viele Meinungen und Glaubensrichtungen, die schnell etwas sehr Penetrantes und Überhebliches haben und sich für die Betroffenen eher unangenehm als wohlwollend-unterstützend anfühlen.
Ich kenne mittlerweile einige Frauen, die mit einer Krebserkrankung umgehen mussten. Jede hat ihre eigene Art damit gefunden. Die besten Chancen scheinen die zu haben, die diese schwere Krankheit als Aufforderung betrachten, ihr bisheriges Leben auf seine Stimmigkeit zu überprüfen und sich dem Prozess mit aller Hingabe widmen. Mit "beste Chancen" meine ich, mit dem Krebs glücklich zu werden, egal ob Leben oder Sterben unterm Strich dabei rauskommt. Susun Weed nennt das so schön: mit dem Krebs tanzen.
Der erwähnte Post bezog sich auf den Tod von Ute Schiran. Sie ist an Krebs gestorben, das stimmt. Was heißt "spirituell hochentwickelt"? Für mich klingt da eine Art Hierarchie durch: es gibt also auch wenig entwickelte. Dürfen die Krebs bekommen, die anderen nicht?
Als ich frisch begeistert von der Reichschen Körpertherapie war, habe ich ganz naiv geglaubt, die Therapeuten sind glückliche Menschen mit glücklichen Beziehungen, ehrlich, zuverlässig, immer zugewandt. Daß dem nicht so war, habe ich sehr schnell sehen müssen: da gab es den Therapeuten mit Guru-Status, der reihenweise seine Klientinnen vernascht (und serienweise unglückliche und frisch traumatisierte Frauen hinterlassen hat) und sich tot gesoffen hat. Da gab es die kettenrauchende Therapeutin, die von ihrem Sofa aus Moralpredigten hielt. Da gab es sehr von sich selbst eingenommene Therapeuten, die nur ihre eigene Wahrheit akzeptieren konnten, da gab es reihenweise zerbrechende oder unglückliche Beziehungen in Therapeutenkreisen. So hatte ich mir das nicht vorgestellt!
Na, wahrscheinlich gehört das zum Erwachsenwerden und Selbst-Verantwortung-Übernehmen dazu, irgendwann zu wissen, daß wir alle gleich sind, daß es kein Höher und kein Tiefer, sondern nur unterschiedliche Lebensstrategien gibt. Und ich habe mittlerweile den zwingenden Verdacht, daß alle alle alle notwendig für den Gesamtorganismus Kosmos und wir viel zu kleine Lichter sind, um irgendetwas beurteilen zu können.
Übrigens weiß ich von Ute, daß sie ihren persönlichen Krebs als Lebenserfahrung angenommen und sich diesem Prozess völlig hingegeben hat. Sie hatte kaum Schmerzen - das ist für mich ein Zeichen, daß es in ihr keinen Widerstand gab. Alle Achtung!
Beenden möchte ich meine Ausführungen mit einem Satz aus ihrem Munde: "Heilung kann auch Tod bedeuten."
Lichtmess2014-075
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