Claudia von Werlhof

Liebe Claudia von Werlhof,
ich habe 2004 dein Buch "Mutterlos" auf Mallorca gelesen, wo ich - Ironie des Schicksals - mit meiner Mutter auf Wanderurlaub war. Zwei Jahre später habe ich dich persönlich als Referentin bei Alma mater kennengelernt. Vor deinem Vortrag bist du von Frau zu Frau gegangen, hast jeder von uns die Hand gegeben und in die Augen gesehen. So etwas hatte ich noch nicht erlebt von einer Lehrerin. Auch nach deinem Vortrag gab es Körperkontakt, als wir nebeneinander auf einer Bank in der Gaststätte saßen und uns über Göttin und die Welt unterhielten.
Ich habe dich als scharfe Analytikerin des Patriarchats und des daraus hervorgegangenen kapitalistischen Systems kennengelernt, als Denkerin, die die Folgen der wirtschaftlichen Globalisierung in aller Härte und Klarheit aufzeigt, und auch als Visionärin, die auf Wege aus all dieser Lebensfeindlichkeit hinweist. Du hast wesentliche Impulse gegeben, daß die zeitweilige Lähmung, die mich angesichts der Brutalisierung unseres Systems befallen hatte, wieder von mir abfiel und meine alte Tatkraft erwachte.
Vor einigen Wochen erreichten mich Aufrufe von Alma mater-Schwestern, mich an einer Petition für dich zu beteiligen: ein Interview im österreichischen "Standard" hatte zu einer Hetzkampagne gegen dich an der Uni Innsbruck geführt, wo du als Professorin arbeitest.
Irgendetwas an diesen Aufrufen gefiel mir nicht, weshalb ich mich auch nicht an den Petitionen beteiligt habe.
Heute fand ich in Luisa Francias Blog auf www.salamandra.de kurz und knackig formuliert, weshalb ich mich so unbehaglich gefühlt habe: welche das System so mutig und radikal kritisiert wie du, sollte die heftige Reaktion ebendieses Systems als Zeichen nehmen, daß sie ins Schwarze getroffen hat. Es macht keinen Sinn, sich darüber zu empören oder gar ein Verbleiben in diesem System zu fordern.
Claudia, ich steh auf dich. Vergiss die Uni Innsbruck und mach dein Ding. Du bist doch nicht allein.
Marie-Luise - 28. Apr, 22:18
Astrid (Gast) - 3. Mai, 08:25
Ver-Rückt? Aber ja doch!
Liebe Marie-Luise, liebe Luisa, liebe Claudia,
mir geht es ähnlich - wie dir, Marie-Luise, weil auch ich auf Claudia steh´, auf ihre/deine unkomplizierte und sehr nüchterne Art, deinen scharfen Verstand und dein heißes Herz. Und wie Luisa: Ich hab mich gewundert, dass die doch "system-logische" reaktion der Uni soviel "Erstaunen" (möchte ich es mal vereinfachend ausdrücken) ausgelöst hat. Und wie du, Claudia: Ja, ver-rückt. Nicht nur aus der Norm ge-rückt, auch ein Stückchen ab-gerückt vom Wunsch, es möge sich durch unseren "Marsch durch die Institutionen" etwas an diesen ändern. Erstens hab ich noch nie was von "Marschieren" gehalten, das zwingt zum Gleichschritt, und ich steh eher auf das Tänzerische, das Unerwartete, den Fehl- und Zwischentritt und vor allem - den Schritt jenseits der Schwelle.
Wie Marie-Luise glaube ich: Du bist doch schon lange jenseits. Hier drüben, wo wir anderen auch stehen. Wo es noch nebelig ist und ungestaltet, weil die Zukunft noch Zeit braucht, um sich zu offenbaren. Weil wir noch nicht alles zuende geträumt haben (wie sollten wir auch? Und warum?)
Wenn ich mir die Repliken auf deine Arbeit so anlese, dann denke ich immer wieder: Das sind Seile, Netze, Fänger. Da soll eine in völlig unnötige Grabenkämpfe verstrickt werden damit ihr wacher und lebendiger Geist zu Boden geht. Wir müsen das immer sehr genau erkennen, wo Wider-Stand unabdingbar ist, weil es Wieder-Stehen ist - oder wo ein verlustreiches Anhaften an Erwartungen, die zum Glück nicht erfüllt werden.
Ich weiß, wie wichtig eine wie du an und in einer Organisation wie der Uni ist. Und dennoch: Das ist nicht mehr der Lernort der Zukunft. Millionen junger Mneschen werden zu Klappeimern degradiert, um die Behauptungen der Vergangenheit in sich aufzunehmen und weiter zu geben. Auch wenn du etwas anderes dagegen setzt: Hier kann es nicht gedeihen.
Du hast mal gesagt: Patriarchat, das ist ein verwahrlostes Matriarchat. Das ist mir ein wichtiger Satz. denn er verweist auf unsere Verantwortung. Als Mutter habe ich gelernt: Ich kann meine Kinder niemals zwingen, Dinge anders zu sehen udn zu tun. Ich kann auch nicht dagegen argumentieren. Abe rich kann eine andere Lebenspraxis vorleben, die entweder so verführerisch sein wird, dass sie von alleine überzeugt - oder eben nicht.
Auf die heutige Verwahrlosung bezogen: Ich räume die Zimmer meiner Töchter auch nicht auf. Ich gehe weg, in meine Ordnung. Und wenns meinen Töchtern zu bunt wird, lade ich sie schon mal ein. Zu meinen Bedingungen.
In Verbundenheit - mit euch allen dreien, Astrid
mir geht es ähnlich - wie dir, Marie-Luise, weil auch ich auf Claudia steh´, auf ihre/deine unkomplizierte und sehr nüchterne Art, deinen scharfen Verstand und dein heißes Herz. Und wie Luisa: Ich hab mich gewundert, dass die doch "system-logische" reaktion der Uni soviel "Erstaunen" (möchte ich es mal vereinfachend ausdrücken) ausgelöst hat. Und wie du, Claudia: Ja, ver-rückt. Nicht nur aus der Norm ge-rückt, auch ein Stückchen ab-gerückt vom Wunsch, es möge sich durch unseren "Marsch durch die Institutionen" etwas an diesen ändern. Erstens hab ich noch nie was von "Marschieren" gehalten, das zwingt zum Gleichschritt, und ich steh eher auf das Tänzerische, das Unerwartete, den Fehl- und Zwischentritt und vor allem - den Schritt jenseits der Schwelle.
Wie Marie-Luise glaube ich: Du bist doch schon lange jenseits. Hier drüben, wo wir anderen auch stehen. Wo es noch nebelig ist und ungestaltet, weil die Zukunft noch Zeit braucht, um sich zu offenbaren. Weil wir noch nicht alles zuende geträumt haben (wie sollten wir auch? Und warum?)
Wenn ich mir die Repliken auf deine Arbeit so anlese, dann denke ich immer wieder: Das sind Seile, Netze, Fänger. Da soll eine in völlig unnötige Grabenkämpfe verstrickt werden damit ihr wacher und lebendiger Geist zu Boden geht. Wir müsen das immer sehr genau erkennen, wo Wider-Stand unabdingbar ist, weil es Wieder-Stehen ist - oder wo ein verlustreiches Anhaften an Erwartungen, die zum Glück nicht erfüllt werden.
Ich weiß, wie wichtig eine wie du an und in einer Organisation wie der Uni ist. Und dennoch: Das ist nicht mehr der Lernort der Zukunft. Millionen junger Mneschen werden zu Klappeimern degradiert, um die Behauptungen der Vergangenheit in sich aufzunehmen und weiter zu geben. Auch wenn du etwas anderes dagegen setzt: Hier kann es nicht gedeihen.
Du hast mal gesagt: Patriarchat, das ist ein verwahrlostes Matriarchat. Das ist mir ein wichtiger Satz. denn er verweist auf unsere Verantwortung. Als Mutter habe ich gelernt: Ich kann meine Kinder niemals zwingen, Dinge anders zu sehen udn zu tun. Ich kann auch nicht dagegen argumentieren. Abe rich kann eine andere Lebenspraxis vorleben, die entweder so verführerisch sein wird, dass sie von alleine überzeugt - oder eben nicht.
Auf die heutige Verwahrlosung bezogen: Ich räume die Zimmer meiner Töchter auch nicht auf. Ich gehe weg, in meine Ordnung. Und wenns meinen Töchtern zu bunt wird, lade ich sie schon mal ein. Zu meinen Bedingungen.
In Verbundenheit - mit euch allen dreien, Astrid

sorry