Allmende

Ich bin ja große Fanin der Allmende (mittelhochdeutsch: Gemeindeflur, Gemeindeland). Das war früher das Land, das von einem Dorf gemeinsam genutzt wurde, z.B. ein Wald, eine Weide. Wichtig dabei war, daß es nicht nur genutzt, sondern auch gepflegt werden musste. Man war sich bewusst, daß nachhaltig gewirtschaftet werden musste, damit auch folgende Generationen noch etwas davon haben konnten. Der Allmende-Gedanke kann auf alles Mögliche übertragen werden: auch auf geistiges Gemeingut. So steckt etwa hinter Gratis-Software, die zur allgemeinen Benutzung entwickelt und immer weiter entwickelt wird, oft auch ein Allmende-Gedanke (Beispiele sind der Browser Firefox, das Mailprogramm Thunderbird, Linux, Wikipedia, um nur einige zu nennen). Saatgut, das an die lokalen Gegebenheiten angepasst ist und von Gärtner zu Gärtnerin weitergegeben wird, ist auch ein Beispiel für Allmende.
Das Allmende-Prinzip steht im krassen Gegensatz zur Ideologie des Kapitalismus: es geht nicht um den Nutzen einiger weniger (Konzerne) und danach die Sintflut, sondern um das Allgemeinwohl.
Das englische Wort ist Commons, das was allen dient und dem alle dienen.
Dieses alte Prinzip scheint mir heute überlebenswichtig, nicht nur für uns Menschen, sondern auch für die mehr-als-menschliche Welt, ohne die wir ja sowieso nicht existieren könnten.
Wenn ich solche Worte wie mehr-als-menschlich (gefunden bei David Abram, Im Bann der sinnlichen Natur) oder Planetin (von Oya-Herausgeber Johannes Heimrath geprägt) übernehme, bediene ich mich gewissermaßen auch aus einer Allmende (der neu kreierten Sprachräume). Ich finde das sehr bereichernd, liebe ich doch ohnehin Sprache und ihre Möglichkeiten sehr. Ein Wort aus der neuen Oya, die sich dem Thema Commons widmet, hat es mir besonders angetan: Gleichachtung, übrigens auch von Johannes Heimrath er-funden.
Gleichachtung ist in meinen Augen etwas viel Tiefgreifenderes als Gleichberechtigung. Bei letzterer sind vor dem Gesetz unterschiedliche Wesen, also Frau und Mann oder Menschen aus verschiedenen Ländern, gleich. Ob Achtung dabei eine Rolle spielt, steht auf einem ganz anderen Blatt.
Gleichachtung ist im Gegensatz zur Gleichberechtigung eine Haltung. Sie kann nicht eingefordert werden, sie kann sich nur entwickeln. Ich möchte die Gleichachtung über das menschliche Feld hinaus erweitern: auf die Tiere und Pflanzen, die Steine, das Wasser und die Winde, die Sonnen und Planeten, also auf das mehr-als-menschliche Feld. Eine wichtige Voraussetzung für Gleichachtung so unterschiedlicher Wesenheiten ist Interesse für das Andere und Respekt für das Fremde mit seinen ganz eigenen Lebens- und Ausdrucksmöglichkeiten.

Noch mal Bienen: heute habe ich mich mit B., der Imkerin unterhalten. Das war ein sehr tröstliches Gespräch: keine ungebetenen Rat-Schläge, viel Verständnis für meine Trauer und einige nützliche Hinweise, was ich mit den leeren Top bar hives und den verwaisten Waben machen kann.
Zu deinem Kommentar, liebe Sabine: erst mal habe ich mich über das Wort senfen sehr gefreut (übernehme ich auch in meinen Sprach-Fundus). Mir ist ja bekannt, daß du was über die Imkerei weißt. Deshalb schmeckt mir dein Senf wesentlich besser als der derjenigen, die null Ahnung haben.
Marie-Luise - 5. Mai, 23:12