Jutta (Gast) - 4. Jan, 18:10

Liebe Ise,

ich glaube, dass bei sexueller Gewalt gegen Frauen weniger eine Geringschätzung der Weiblichkeit eine Rolle spielt, sondern dass da eigentlich sehr viel Angst/Unsicherheit gegen das Fremde/Andere eine Rolle spielt. Aggression entsteht häufig, auch in anderen Zusammenhängen, aus Angst. Das soll natürlich überhaupt nichts entschuldigen. Aber ich denke, das muss man im Kopf haben, wenn man Gewaltprävention betreiben will.

Ein anderer wichtiger Faktor ist meiner Meinung nach die totale Reizüberflutung in der wir heute leben. Ich meine, wir Menschen haben uns hundertausende von Jahren lang in Kleingruppen lebend entwickelt und darauf ist auch zumindest der biologische Teil unseres Sexualtriebs, männlich wie weiblich, ausgerichtet. Wir riechen, spüren, erfühlen da ja unterbewusst sehr feine Signale. Und das kann nur funktionieren, wenn der Input nicht zu verwirrend und überwältigend ist.

Damit meine ich auf keinen Fall, dass Frauen sich nicht aufreizend kleiden sollten oder kein sexuell stimulierendes Parfüm benutzen sollten oder so etwas. Es geht einfach um die pure Masse von Menschen, mit denen man vor allem im städdtischen Umfeld heute fast ständig umgeben ist. Das ist ja selbst für einen gesunden, gefestigten Menschen sehr viel zu Verarbeiten. Vielleicht geht das auch nur mir so, aber ich habe dann ganz oft das Gefühl, die Situation überhaupt nicht unter Kontrolle zu haben und kann gar nicht richtig filtern, mit wem ich jetzt eigentlich Kontakt haben/kommunizieren möchte und mit wem nicht. Bei mir führt das meistens dazu, dass ich mich aus der Situation zurückziehe, entweder körperlich oder z.B. dadurch, dass ich mir einen MP3-Player in die Ohren stöpsle. Ein eher männliches Verhaltensmuster scheint aber zu sein, die Kontrolle über die verwirrende Situation an sich zu reißen, z.B. dadurch, lauter zu reden als alle anderen, sich in den Vordergrund zu drängen oder eben auch durch Gewalt. Es gab in den 60er Jahren einen amerikanischen Psychologen (den Namen hab ich leider vergessen), der Experimente mit Ratten gemacht hat. Er hat denen Futter und andere Resourcen im Überfluss zur Verfügung gestellt, so dass die Population in kurzer Zeit sehr groß wurde. Und obwohl ja genug von allem lebenswichtigem da war, sind diese Ratten irgendwann total ausgetickt und haben sich gegenseitig getötet. Wir sind zwar keine Ratten und Ergebnisse solcher Experimente auf Menschen zu übertragen ist immer ein bisschen bedenklich, aber ich denke, in diesem Fall ist da schon was dran.

Wie gesagt, auch das ist sicher keine Entschuldigung. Sexuelle Gewalt ist nicht zu entschuldigen. Aber es ist vielleicht ein Auslöser und somit etwas, wo man ansetzen kann.

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