Hausputz

Ich habe in der letzten Zeit wenig geschlafen, weil meine Tage voller Termine waren. Heute stand ich zum Frühdienst um vier Uhr auf. Bei der Arbeit ertappte ich mich dabei, daß ich gereizt war. Erinnerungen kamen an die Zeit, als meine Kinder klein waren und ich chronisch zu wenig schlief, weil ich sonst nicht alles hätte machen können, was ich machen wollte. Als mein Sohn noch ganz klein war, fiel eines Tages seine Kinderfrau aus. Ich war noch in der Ausbildung und hatte Nachtwache und konnte nicht einfach frei nehmen. Also beschloss ich, daß ich eine Woche auf Schlaf verzichten würde. Das klingt verrückt und ist es auch, aber ich glaubte damals, daß mir das gelingen würde, wenn ich all meine Willenskraft mobilisierte. Nach der zweiten schlaflosen Nacht rettete mich N., von dem ich damals getrennt lebte.
Der Körper holt sich das, was er braucht, das weiß ich mittlerweile.
Und weil ich heute besser mit mir selbst umgehe, habe ich mich nach der Arbeit gleich ins Bett gelegt und ein Nickerchen gemacht, während draußen der Sturm ums Haus brauste.
Dann habe ich Hausputz gemacht. Morgen feiern wir Lichtmess, und ich hoffe, die Wettergeister sind uns wohl gesonnen.
In der letzten Zeit hatte ich einige Male mit Frauen zu tun, die von sich in der männlichen Form sprachen: Ich bin Biologe. Ich bin Vegetarier.
Ich zuckte jedes Mal zusammen. Wie befremdlich, aus dem Mund eines sichtbar weiblichen Menschen diese Selbstbezeichnungen zu hören, noch dazu, wo die deutsche Sprache doch anders als die englische männliche und weibliche Formen hat. Es sind jüngere Frauen, die so von sich selbst reden, und ich rätsele, was dabei in ihrem Kopf vorgeht. Manchmal spreche ich es auch an, dann kommt meistens eine genervte Reaktion: ENTSCHULDIGE bitte! Wahrscheinlich werde ich dann wieder mal als Hardcore-Feministin gesehen.
Tut mir leid, Mädels, da bin ich erbsenzählerisch. Ich habe noch die Zeiten miterlebt, als eine Frau die Leibeigene ihres Mannes war, auch vor dem Gesetz (Ja, ich weiß, ich wiederhole mich). Wenn es keine Feministinnen wie mich gegeben hätte, würdet ihr den Kampf um die weibliche Freiheit jetzt führen.
In den Anatomie-Lehrbüchern aus meiner Ausbildungszeit waren fast nur Bilder von Männern, außer im Kapitel "Weibliche Geschlechtsorgane" und "Schwangerschaft und Geburt". Der Mann war das Maß aller Dinge, der Mann war der menschliche Prototyp.
Langsam, sehr langsam kommt auch die Schulmedizin dahinter, daß Frauen in vielerlei Hinsicht deutlich anders sind als Männer. Warum also nicht selbstbewußt sagen, was ist: ich bin Biologin. Ich bin Vegetarierin.

Marie-Luise - 4. Feb, 22:50