Montag, 15. Januar 2018

MeToo und Catherine Millet

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Am 11.1. erschien in der Süddeutschen Zeitung ein Interview mit der französischen Schriftstellerin Catherine Millet, einer der Unterzeichnerinnen des Aufrufs, der sich kritisch mit der MeToo-Kampagne auseinandersetzt.
Mein Sohn, der regelmäßig die Süddeutsche liest, fragte per Mail nach meiner Meinung.

Hier ist meine Antwort:

Die Aussagen von Catherine Millet finde ich zum Teil grenzwertig bzw. nicht nachvollziehbar. Ich habe auch ausschnittweise die Erklärung im Guardian gelesen, die u. a. von Catherine Deneuve unterzeichnet wurde.

Natürlich muss sexualisierte Gewalt abgelehnt und mit entsprechenden Konsequenzen bestraft werden. Ansonsten gibt es - finde ich - keine allgemeingültige Grenze. Das hängt von der jeweiligen Frau, dem jeweiligen Mann, der jeweiligen Situation und der jeweiligen persönlichen Verfassung ab. Wenn mich ein Mann auf der Straße an die Möpse oder in den Schritt fasst, kriegt er eine gescheuert oder einen Tritt in die Eier, mindestens wird er aber von mir laut beschimpf, wobei es ein Vorteil des Alters ist, daß solche Übergriffe schon lange nicht mehr vorgekommen sind. Wohl aber in der Vergangenheit, und da habe ich einige Male ziemlich wütend reagiert. Dafür brauche ich aber keinen Staatsanwalt, das regele ich selber. Und ich wünsche mir für alle jungen Frauen, daß sie frühzeitig lernen, sich selbstbewusst zu verhalten und ihre eigenen Grenzen zu setzen. Es wäre dann z. B. die Aufgabe der Mütter, das ihren Töchtern vorzuleben.

Meine Erfahrung ist, daß selbstbewusstes Auftreten das sicherste Mittel ist, um unbelästigt durchs Leben zu kommen. Aber das habe ich erst allmählich gelernt. So
bin ich viele Jahre abends ohne Angst allein durch die Stadt gegangen und nie ist etwas passiert. Manchen hilft diesbezüglich ein Selbstverteidigungskurs.

Bei Männern, die ich kenne, finde ich es manchmal angenehm, manchmal nicht, wenn ich angefasst werde. Das hängt davon ab, ob ich sie mag oder nicht, ob ich gut gelaunt bin oder nicht. Ich fasse übrigens auch Männer an, wenn ich sie mag (allerdings nicht an die Genitalien, wenn es nicht gerade meine Sexualpartner sind). Es kommt also ganz darauf an. Da gebe ich Millet unbedingt Recht, wenn sie sagt: Eine Frau kann Nein sagen.

Ich sehe in der #MeToo-Debatte einerseits die Chance, das mal auf den Tisch kommt, was noch immer Scheiße läuft zwischen einigen Männern und Frauen, andererseits die Gefahr, daß wir Frauen weiterhin in der Rolle des Opfers bleiben, das sich über die schlechte Behandlung durch Männer beklagt. Darauf habe ich schon seit Jahrzehnten keinen Bock mehr und seitdem bin ich auch kein Opfer mehr gewesen.

Und eines ist mir ganz wichtig: Frauen sind auf keinen Fall die besseren Menschen. Wir täten gut daran, für uns selbst zu erkennen, wo wir Komplizinnen geworden sind (Stockholm-Syndrom). Und ich habe mittlerweile auch Männer kennengelernt, die in der Kindheit und Jugend sexualisierte Gewalt erfahren haben, nicht nur durch pädophile Männer, sondern auch durch ihre Mütter. Jüngster Fall, der gestern im Radio kam: die Frau, die ihren neunjährigen Sohn im Netz an Pädophile verkauft hat.

Wir alle sind infiziert von der Seuche des Patriarchats, auch die Männer. Heilung kann nur stattfinden, wenn wir mit den Polarisierungen aufhören. Frauen müssen lernen zu sagen: Alter, bis hierher und nicht weiter! Und Männer müssen lernen, ein Nein hinzunehmen. Und einige Männer, offensichtlich vor allem ältere, müssen begreifen lernen, daß das Aussehen und die Kleidung einer Frau keine Aufforderung zum Übergriff ist. Wir Frauen haben in den letzten 40 bis 50 Jahren viel gelernt. Ich traue auch Männern zu, daß sie dazu grundsätzlich in der Lage sind - vielen jedenfalls.

Im Übrigen mag ich das erotische Spiel zwischen Mann und Frau und möchte es nicht durch Gesetze reglementiert bekommen.

Und was meinst du als Mann dazu?

Die Antwort meines Sohnes:

Hab mir noch nicht wirklich ein Urteil gebildet. Fand Millets Aussagen recht krass. Allerdings habe ich eher das Gefühl, sie will dem Main Stream, der sich gebildet hat, ein Kontra geben und das tut sie drastisch, damit es auf alle Fälle gehört wird.

Man braucht ja nicht drüber diskutieren, dass Übergriffe, die gegen den Willen geschehen, völlig unter der Sau sind. Aber diese ganzen Gutmenschen nerven mich. Plötzlich, da es Vorteile bringt, müssen sich alle darstellen und sagen, wie schlimm das ist. Aber vorher haben Streep und Co damit kein Problem gehabt. Gerade die erfolgreichen Schauspielerinnen hätten doch etwas sagen können. Jetzt wo es jeder erwartet, solidarisieren sie sich plötzlich. Das ist völlig verlogen. Da finde ich Millet besser. Die schwimmt gegen den Strom.
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Und sonst: ich habe mich von der Gürtelrose weitgehend erholt, habe allerdings noch mit Juckreiz an den abheilenden Stellen zu tun. Da hilft Hitze: einen Waschlappen mit kochendem Wasser übergießen und dann mit Hilfe eine Glases ausdrücken und direkt für ein paar Sekunden auf die Haut auflegen. Das gibt keine Verbrühungen, beschert einer aber viele juckreizfreie Stunden.
Am Donnerstag gingen I. und ich mittags ins Medea an der Holtenauer: georgische Küche, erinnert an mediterrane Kochkunst. Sehr zu empfehlen!
Am Samstag hat mich die liebe L. zu Käsefondue ins Blé noir eingeladen. Sehr lecker wie immer, sehr schöne Gespräche, nachdem wir lange Zeit nicht dazu gekommen sind.
Empfehlen möchte ich auch ein Buch, das ich gerade lese: Alles fühlt von Andreas Weber. Ich habe es Jans vor sieben Jahren geschenkt, weil ich schon andere Bücher des Autors gelesen und gut gefunden habe. Jetzt habe ich es zurückbekommen und mich sehr gefreut, als ich seine vielen Bleistiftstriche am Rand entdeckte. Andreas Weber ist Biologe und Philosoph, ein tiefenökologisch denkender Biologe sozusagen (er selbst nennt sich nicht so). Alles fühlt, alles ist lebendig, alles ist mit allem verbunden. Wer das einmal bis in die Körperzellen begriffen hat, der kann die Methoden und Erkenntnisse der Schulwissenschaften nicht mehr ernst nehmen.

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