Woher alles kommt

Innerhalb kurzer Zeit tauchte in meinem Umkreis dreimal das Thema auf, wie das zu benennen ist, woher alles kommt. Die Sufi-Frau Angela Fischer plädiert dafür, es Gott zu nennen, auch wenn es sich um einen männlichen Begriff handelt. Mit dieser Haltung steht sie nicht allein. Ich kann ihr da nicht folgen. Der Begriff Gott ist für mich ausschließlich mit männlichen Bildern verbunden, das Weibliche kommt darin überhaupt nicht vor (was ja ohnehin ein Grundmerkmal monotheistischer Religionen ist). Daß alles auf einen männlichen Schöpfer zurückgeführt wird, finde ich, schlicht gesagt, völlig widersinnig.
Am Freitag war ich bei der Verabschiedung einer Freundin, die als Pastorin im Dienst der lutherischen Kirche stand, in der Nikolai-Kirche in Kiel. Sie hat sich immer um weibliche Sprache in ihren Gottesdiensten bemüht: sie spricht von der Einen, der Ewigen, der Heiligen Geistkraft ... (Nebenbei rechne ich ihr hoch an, daß sie nie den Versuch gemacht hat, mich von meiner Ablehnung der Kirche abzubringen und eine große Offenheit für meine Form der Spiritualität gezeigt hat).
Gestern äußerte A. ihre Schwierigkeit, die Kraft, die hinter allem steht und alles durchdringt, mit einem Begriff zu benennen, der alle Geschlechter enthält. Die deutsche Sprache gibt das tatsächlich nicht her.
In der spirituellen Frauenbewegung spricht man von der Göttin, was ich auch nicht mehr so richtig passend finde.
Am liebsten mag ich den pelasgischen Schöpfungsmythos, in dem Eurynome auf dem Urmeer tanzt und durch ihren Tanz der Wind Boreas entsteht, den sie ergreift und sich mit ihm paart. Aus dieser Vereinigung entsteht ein Ei, das Boreas als Urschlange ausbrütet und aus dem alles kommt.
In der germanischen Mythologie sind viele Kräfte an der Erschaffung der Welt beteiligt: zum Beispiel Eis und Feuer und eine Kuh namens Audhumla, die die ersten Menschen aus dem Eis leckt.
Wie alles in die Existenz kam und noch immer kommt, liegt also außerhalb unseres Vorstellungsvermögens, daher bleiben Benennungen der verursachenden Kraft nur Versuche.
Ich persönlich wende mich gern an die drei Nornen, die Schicksalsschwestern, und erfreue damit das kleine Mädchen in mir, das in Bildern denkt und Freude an Märchen hat.

Marie-Luise - 13. Mär, 21:16