Immunsystem

Eine Leserin hat mich auf http://freethebees.ch/ aufmerksam gemacht (Danke, Monika!). Ich habe sie aufmerksam gelesen und fand darin meine starken Bedenken gegen die Varroabekämpfung, wie ich sie bei den Ökoimkern gelernt habe, bestätigt. Von Anfang an habe ich die mehrfachen Milch-, Ameisen- und Oxalsäureanwendungen nur widerwillig ausgeführt, wissend, daß sie für die Bienen sehr unangenehm sind. Ich habe auch gelernt, daß die Honigbiene ohne den Imker nicht überleben kann. Mittlerweile halte ich letztere Aussage für größenwahnsinnig.
Wie kann die Honigbiene lernen, mit der Varroa-Milbe zu leben, wenn wir ständig alles daran setzen, sie zu töten und die Bienen zu schwächen? Das Argument war immer, daß Bienenvölker ohne Varroabehandlung innerhalb weniger Jahre sterben. Tatsache ist aber auch - das weiß ich von einem langjährigen Imker - daß in den vergangenen Jahrzehnten die Säurebehandlungen immer weiter gesteigert wurden, sich also Resistenzen entwickelt haben.
Gegen die These vom sicheren Untergang spricht, daß es auch in Deutschland Bienenvölker gibt, die niemals mit Säuren oder ähnlichem behandelt wurden und sich bester Gesundheit erfreuen. Ich hatte vor einigen Jahren Mail-Kontakt mit einer Imkerin, die genau das von ihren Völkern berichtete. Sie nimmt ihren Bienen allerdings keinen Honig weg, erlaubt ihnen zu schwärmen und gibt ihnen auf einer großen ungemähten Streuobstwiese optimale Bedingungen.
Wir kennen ja das Phänomen, das viele Menschen, die einmal gegen irgendeine Krankheit, etwa Mandel- oder Blasenentzündung, mit einem Antibiotikum behandelt werden, diese Krankheit immer wieder bekommen. Durch immer neue Antibiotikabehandlungen entsteht ein Teufelskreis: das Immunsystem stellt seine Tätigkeit weitgehend ein und es entwickeln sich Resistenzen.
Ähnliches geschieht, wenn Menschen psychisch aktive Medikamente nehmen, etwa Beruhigungs- oder Schlafmittel: innerhalb sehr kurzer Zeit streicht die körpereigene Selbstregulation resigniert die Segel. Dann dauert es unter Umständen sehr lange, bis sich ohne Medikamente der Neurotransmitterhaushalt wieder erholt und damit auch natürlicher Schlaf (Das ist ja auch der Grund, warum der Entzug von Tranquilizern in der Regel schwerer ist als ein Alkoholentzug).
Das gilt für eine Reihe von anderen Erzeugnissen der Pharmaindustrie, etwa Cortison, die Anti-Baby-Pille u. a.).
Auf Free the Bees wird nun vorgeschlagen, daß man Bienenvölkern wieder die Freiheit gibt, wirklich wesensgemäß zu leben. Das bedeutet: Vermehrung nur über den Schwarmtrieb, keine Honigentnahme oder erst nach vielen Jahren, kein Zufüttern von Zucker, allenfalls von Honig und keinerlei Varroabehandlung. Die Autoren wissen, daß das zunächst zu extrem hohen Volksverlusten führen wird, glauben aber, daß nur so auf die Dauer Bienenvölker mit der Varroa leben lernen können. Damit in der Zwischenzeit weiterhin Bestäubung stattfindet, könnten Imker einen Teil ihrer Bienen wie bisher mit Säuren oder Thymol behandeln, und einem anderen Teil nur ein Zuhause bieten und ihn ansonsten sich selbst überlassen. Es gibt auch die Idee, schwärmenden Bienen Wohnmöglichkeiten im Wald und in Gärten anzubieten.
Ich finde das sehr einleuchtend (und rechne damit, daß mir demnächst, wie bereits einmal geschehen, eineR zu verstehen gibt, ich sei als Imkerin ungeeignet). Das Problem dabei sind unsere Gesetze: es ist vorgeschrieben, seine Bienenvölker beim Veterinäramt zu melden, Varroabehandlungen zu machen und unter Umständen Kontrollen zu erdulden (habe ich noch nicht erlebt, aber eine Imkerfreundin in Kiel). Warum diese Vorschriften unlogisch und sinnlos sind, wird hier gut beschrieben:
http://freethebees.ch/wp-content/uploads/2013/03/2013_03_29-Zeitgemaesse-und-zielgerichtete-Imkermethoden_v11.pdf
Wie auch immer, ich bewege diese Gedanken in mir und bin gespannt, was er in Bewegung bringt.
Ich glaube, daß das Auftreten der Varroamilbe in den Bienenvölkern ein Teil der Selbstregulation ist: es weist auf etwas hin, was verstanden und beachtet werden möchte.

Marie-Luise - 15. Feb, 20:40