Donnerstag, 26. März 2015

German Wings

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Heute stand ich sehr früh auf, um auf den Markt zu gehen und anschließend am Warnstreik teilzunehmen, zu dem Verdi aufgerufen hat. Eigentlich hatte ich mich heute zum Mittagessen mit K. verabredet. Wir beide finden nicht so leicht eine Zeit, zu der wir beide können. Mein Kollege H. redete mir harsch ins Gewissen, ich fühlte mich unangenehm unter Druck gesetzt, schlief in der folgenden Nacht schlecht und fand morgens, daß es wohl gut sei, mein Gesicht vor der Landesregierung an der Kieler Förde zu zeigen, damit unsere Forderungen glaubwürdig erscheinen. Also sagte ich meine Verabredung ab.
Während ich meine Einkäufe machte, fror ich ganz erbärmlich. Es ist wieder kälter geworden und meine Kleidung entsprach nicht einer Demo durch die Stadt mit anschließender Kundgebung. Ich ging ins Blé noir, um mich aufzuwärmen, las die Berichte über den Flugzeugabsturz in den französischen Alpen und fror weiter. Da beschloss ich, daß mein Gesicht nun doch auf der Demo fehlen müsse.
Dieser Flugzeugabsturz, der unfassbarerweise vorsätzlich herbei geführt wurde, hat mich ganz schön mitgenommen. Am meisten fühle ich mit den Angehörigen. Und wie müssen sich der ausgesperrte Pilot und die Crew gefühlt haben, als sie realisierten, daß sie auf den sicheren Tod zusteuerten!
Daß einer sich umbringen will, kann ich akzeptieren. Aber warum so viele Menschen mitnehmen? Ich suche in mir nach vergleichbaren Impulsen: In den 80er Jahren, als die Körpertherapie meine vergrabene Wut freilegte, gab es Phantasien, die Stadt in Schutt und Asche zu legen. Aber es wurden nie Pläne daraus. Möglicherweise kennen viele Menschen gewalttätige Impulse, aber die allerwenigsten leben sie aus.
Zur Zeit liegt das Schöne, Magische und das extrem Unangenehme ganz dicht in meinem Leben nebeneinander: letzte Woche stürzte ich auf dem Markt über einen hinter mir abgestellten Korb auf den Rücken, wobei die Milchflaschen in meinem Rucksack in winzig kleine Scherben zersprangen und mein Hintern jetzt von einem riesigen Hämatom geziert wird. Wie gut, daß ich noch so solide Knochen habe! Einen Tag später hatte ich eine wunderbare Begegnung, von der ich ein paar Tage zehrte. Dann German Wings, gestern ein sehr belastendes Telefonat. Und heute auf dem Markt nahm ich Abschied von meinem Lieblingsverkäufer H., den ich seit 1998 kenne und der in Rente geht. Wir versicherten uns gegenseitig, daß wir uns im Herzen behalten werden. Ich mag ihn sehr mit seiner warmherzigen und leichten Art und genoss es, wenn er mit mir französisch redete, weil er wohl fand, daß das zu meinem Vornamen passte.
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