Mittwoch, 10. Dezember 2014

Auf Reisen

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Ich war auf Familienbesuch in Münster und in Bonn. Zwar bin ich bereits in der Nacht von Sonntag auf Montag zurück gekommen und war seitdem täglich in der Klinik, aber erst allmählich stellt sich ein Gefühl von Wieder-zu-Hause-sein ein.
Es ist einfach unglaublich viel passiert, Schönes und Schreckliches. In Bonn gab es gutes Essen, gute Gespräche und viel Lachen. Auf dem Rückweg warf sich kurz vor Dortmund eine Person vor den sehr vollen Zug. Makabererweise las ich gerade in dem Buch, das mein Sohn mir geschenkt hatte: Letzte Hilfe - ein Plädoyer für das selbstbestimmte Sterben von Uwe-Christian Arnold, übrigens sehr empfehlenswert im Zusammenhang mit der aktuellen Debatte um Sterbehilfe und assistierten Suizid und gut zu lesen.
Vor meiner Abfahrt in Bonn hatte ich den überraschenden Gedanken, daß ich alles widerspruchslos und ohne inneres Hadern annehmen wollte, was mir begegnen würde. Ich liebe ja eigentlich geregelte Tagesabläufe mit nicht allzu vielen Überraschungen, und natürlich mag ich keine unangenehmen Überraschungen.
Natürlich war dieses Ereignis ganz schrecklich und ich wagte mich erst nach einer halben Stunde ans Fenster, wo ich den Arbeiten von Polizei, Feuerwehr, Notfallmanager, Staatsanwaltschaft und vielen anderen Menschen zusehen konnte. Aber gehadert habe ich nicht. Irgendwie schienen alle Leute in den Stunden, die wir auf den Gleisen standen und den Zug nicht verlassen konnten, ihren Umgang mit der Situation zu finden. Ich bewunderte die Mutter, die ihren beiden kleinen Töchtern ganz ruhig und feinfühlig alle Fragen beantwortete, die sie wegen der ständigen Durchsagen des Zugpersonals und dem Gerenne in den Gängen hatten. Ich kam mit einem Mann ins Gespräch, mit dem ich an der Tür stand und nach draußen schaute. Viele Menschen, die sich bis dahin nicht kannten, sprachen miteinander. Eine der Zugbegleiterinnen ging von einem zum anderen und fragte: "Wie geht es Ihnen?" Ich sagte: "Das müssten wir doch eigentlich Sie fragen." Sie war nämlich eine von denen, die nach dem Vorfall nach draußen gegangen war. Sie sagte ganz nüchtern: "Ach wissen Sie, ich habe beim Rettungsdienst gearbeitet."
Man kann mit Fug und Recht viel über die Deutsche Bahn meckern: zu teuer, zu unpünktlich, zu viele technische Defekte. Aber ich lasse nichts aufs Zugpersonal kommen. Die haben sich so toll verhalten, daß ich mich nur bedanken kann.
Als wir nach Stunden in Witten in einen neuen Zug umsteigen konnten, gab es Süßigkeiten, Kaffee für lau und ein Lob für uns alle, weil wir uns so gut verhalten hätten. Aber das Lob gebe ich gern zurück.
Ich kam schließlich nach zehn Stunden Fahrt in Kiel an.
Meine Haltung zum Thema Suizid: ich halte es für möglich, daß es gute Gründe dafür gibt und habe kein moralisches Urteil dazu.
Aber Schienensuizide finde ich das letzte, weil ein Lokführer zum Vollstrecker gemacht wird und so viele Leute davon betroffen sind. Allein diejenigen, die das sichten und bergen müssen, was von dem Menschen noch übrig ist - NEIN NEIN NEIN!
Und selbstverständlich ist es das gute Recht der Lokführer, für besseres Gehalt und bessere Arbeitsbedingungen zu streiken.
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