Sturm

Seit zwei Tagen tobt hier ein schöner Herbststurm und fegt die Blätter von den Bäumen. Gestern morgen auf dem Weg nach Pinneberg zu D. fiel mir auf, wie bunt die Bäume geworden sind. Das regionale Godentreffen bestand dieses Mal nur aus ihr und mir, weil die anderen Drei kurzfristig abgesagt hatten. So war es klein, aber fein. Wir frühstückten königinnenlich und hatten uns viel zu erzählen. Später machten wir eine ausgedehnten Gang durch den Fahlt und den Rosengarten. Es war schön, eingehakt durch die Herbstlandschaft zu gehen und sich gut zu verstehen. Wir sprachen auch über mein goßes Bedürfnis, aus den durchgeplanten Jahreskreisritualen auszusteigen und stattdessen eine Form zu finden, die Raum gibt für die Energien und Bedürfnisse, die sich während des Treffens zeigen. Dabei ist deutlich geworden, daß einige Frauen die strenge Struktur brauchen. Ich aber brauche jetzt einen größeren Spiel-Raum.
Im Gespräch mit D. entstand das Bild einer Entwicklung vom Kind, das noch Vorbilder und Anleitungen braucht über die Jugendliche, die eigene Wege finden möchte. Ich bin gespannt, wo das alles noch hinführt.
Heute fuhr ich zum Hexenstein-Platz bei Gut Schmoel und schaufelte tiefe Löcher für die Wächter-Steine, während Jan Koberstein innerhalb des schon fertig gestellten Ringfundaments in der Mitte Röhren für den Ziegelbrand legte. Etliche Menschen haben in den letzten Wochen schon an diesem Platz gearbeitet. Ich hatte erst heute das erste Mal Zeit.
Es stürmte immer noch, der Himmel war durchgehend grau, die Autos rasten auf der Bundesstraße an uns vorbei und das Ausheben des lehmigen Bodens war sehr anstrengend. Beim ersten und zweiten Loch haderte ich noch: was mache ich hier eigentlich? Habe ich nicht genug andere Dinge zu tun? Aber dann grub ich nach und nach sieben Löcher und es war in Ordnung.
Unterbrochen wurden wir von einem deftigen Regenguss. Wir setzten uns in Jans Auto, tranken Tee und unterhielten uns.
Ein Mann hielt an und fragte, was das werden solle. Jan erklärte ihm das Projekt. Der Mann begann dann sehr umfangreich aus der Geschichte der Region zu erzählen. Er wusste die Bedeutung der slawischen und plattdeutschen Ortsnamen, er kannte auch die Geschichte der Hexenvernichtungen durch den Grafen Rantzau. Aber auf die Kirche ließ er nichts kommen. Da schien ein blinder Fleck zu sein.

In den letzten Wochen wurde ich mehrmals gefragt, welche Kräuter es gegen Bronchitis gäbe. Dabei stellte sich heraus, daß diese Menschen sich ein Mittel wünschten, das von heute auf morgen den Zustand vor der Krankheit wiederherstellt. Aber das können Pflanzen ebenso wenig wie schulmedizinische Mittel. Huflattich ist z.B. ein wunderbares Kraut, um den Hustenreiz zu lindern und den festsitzenden Schleim zu lösen. Dazu unterstützt er das Immunsystem. Dennoch hat eine Bronchitis ebenso wie alle Infektionskrankheiten einen eigengesetzlichen Verlauf. Sie zwingt eine, sich Zeit für sich zu nehmen, innezuhalten, sich zu pflegen, ins Innere zu lauschen, aus dem hektischen Getriebe auszusteigen, in Zwiesprache mit Viren und Bakterien zu gehen.
Antibiotika machen die Symptome meist sehr schnell weg. Aber sie betrügen den Menschen auch um die Chance dieses Innehaltens, Langsamwerdens und bringen das Immunsystem um eine neue Erfahrung. Und die Regel ist, daß nach einer Antibiotikabehandlung die nächste Infektion schon in der Warteschleife ist.
Marie-Luise - 12. Okt, 21:42