Ostara im Schnee

Am Freitag feierten wir den Frühlingsbeginn im Schnee und bei schneidend-kaltem Nord-Ost-Wind, der die Streichholzflamme immer wieder ausblies. Dann stimmte A. das Feuerkind-Lied an, wir sangen alle mit, und bald glimmte der Salbeizopf.
Ein wichtiges Symbol für den erwachenden Frühling ist das Ei. Dazu fällt mir der pelasgische Schöpfungsmythos ein, nachzulesen bei Robert von Ranke-Graves Griechische Mythologie:
Aus dem Ur-Chaos steigt nackt Eurynome und beginnt zu tanzen. Durch ihren Tanz erzeugt sie einen Wind. Den greift sie, reibt ihn zwischen ihren Händen, und die Schlange Ophion entsteht. Die Schlange windet sich um Eurynome, und beide tanzen voller Lust zusammen. Eurynome wird schwanger. Als es soweit ist, verwandelt sie sich in eine Taube und legt ein Ei. Sie ruft Ophion, der sich siebenmal um das Ei windet und es ausbrütet. Alles, was ist, springt heraus: die Sonne und der Mond, das Wasser, die Steine, die Erde, die Pflanzen und Tiere.
Ich liebe diesen Mythos sehr. In ihm ist alles enthalten: das Chaos am Anfang, das Weibliche als Ur-Matrix, die das Männliche hervorbringt, der lustvolle schöpferische Tanz, die Fähigkeit des Gestaltwandels, das Bewusstsein um die enge Verwandtschaft mit den Tieren.

Marie-Luise - 26. Mär, 00:07