Samstag, 12. Mai 2012

Artemis

Walpurgis-2012-005
Diese Schneckenhochzeit fand an meinem Komposthaufen statt. Nicht nur die Fliegen, auch die Schnecken scheinen Tantra-Meisterinnen zu sein.

Heute fand ein sehr gut besuchter Kräuterkurs statt. Wir waren zu neunt, und ich hatte tagelang Stress, wie ich alle bei mir unterbringen sollte. Normalerweise will ich ja nicht mehr als sechs Teilnehmerinnen, aber wegen eines Missverständnisses hat es sich anders ergeben. (Ihr Lieben, ich brauche unbedingt eine Anmeldung, erst dann soll das Geld auf mein Konto überwiesen werden!!).
Mein Wunsch nach angenehmem Wetter, so daß wir draußen sitzen konnten, wurde nicht erfüllt. Stattdessen machten die Eisheiligen ihrem Namen alle Ehre: seit gestern fegten eiskalte Winde über den Norden.
Also stellte ich alle vorhandenen Stühle im Wohnzimmer auf, drei quetschten sich aufs Sofa, eine thronte im Sessel, so passte es dann erstaunlich gut.
Im kleinen Wäldchen an den Teichen nahmen wir schweigend und mit geschlossenen Augen Kontakt zu den Buchen auf. Wenn der Gesichtssinn lange genug ausgeschaltet ist, wächst das Bewusstsein für andere Arten der Wahrnehmung: wie riecht der Wald? Wie klingt der Wind in den Baumkronen? Wie fühlt sich die Rinde unter meinen Händen, an meinem Gesicht an?
Ein Kuckuck fing an zu rufen.
Zwischen hohen Buchen und knorrigen Eichen, zwischen umgestürzten Baumleichen, aus denen riesige ledrige Zunderschwämmen wachsen, und eiszeitlichen Granitbrocken, zwischen Sternmiere und Waldveilchen lebt immer noch Artemis, wilde Frau des Waldes, Hüterin der wilden Tiere, Freundin der Bären und Hirsche.
Das heutige Deutschland war zur Zeit Karls des Schrecklichen (manche nennen ihn den Großen) noch zu 90 % bewaldet. Heute sind nur noch kümmerliche Reste davon übrig, in denen Bäume kaum eine Chance haben, alt zu werden. Das ist der sehr hohe Preis der Sesshaftigkeit.
Aber ich stelle mir vor, daß der Wald wieder kommt und mit ihm die wilden Tiere, die Wölfe, Bären und Luchse.
Durchgefroren kamen wir nach drei Stunden wieder im warmen Haus an. Der Wohnzimmertisch bog sich fast von den Leckereien, die jede mitgebracht hatte.
"Wie gut wir's doch haben", sagte eine.
Das sehe ich genau so.
Walpurgis-2012-014

zurück

Aktuelle Beiträge

Ich ziehe um
https://hollesgarten.wordp ress.com/
Marie-Luise - 10. Mär, 12:06
Immer die gleiche Geschichte
Vorletztes Wochenende war ich mit I. in Flensburg....
Marie-Luise - 9. Mär, 23:24
Kummer
Meine liebe kleine Skadi ist tot. Sie ist nur drei...
Marie-Luise - 20. Feb, 21:12
Fluss
Ich hatte mir den Sonntag frei getauscht, um zum De...
Marie-Luise - 6. Feb, 17:01
Marienkirche
Am Sonntag besuchte mich M. und ich zeigte ihr unseren...
Marie-Luise - 31. Jan, 01:35

Suche

 


Profil
Abmelden
Weblog abonnieren