Mittwoch, 21. März 2012

Öffentliche Hausfrau

FTuNG-2012-002
Während ich heute im Garten aufräumte und die trockenen Überreste der vergangenen Saison verbrannte, dachte ich an die Formulierung "öffentliche Hausfrau" aus dem Buch Erzähl mir Labyrinth - 20 Jahre Labyrinthplatz Zürich.
Lange Zeit war für mich das Wort Hausfrau fast ein Schimpfwort. Ich verband damit einen eingeengten Horizont, fortschreitende Verblödung und tödliche Langeweile. Das hatte mit meiner eigenen Erfahrung als Nur-Hausfrau in dem Jahr nach der Geburt meines Sohnes zu tun: ich erlebte eine enorme Isolierung, eine Reduktion auf die Aufgabe der Versorgerin ohne eigenes Geld. All meine Interessen und Neigungen lagen in der Zeit auf Eis, und ich konnte mir nicht vorstellen, daß es jemals wieder anders werden würde.
Das änderte sich schlagartig, als ich wieder anfing, Geld zu verdienen, auch wenn die Belastung enorm war.
Die Labyrinth-Frauen in Zürich sehen sich als öffentliche Hausfrauen: sie machen alles schön, unterhalten sich mit Besuchern, werden wie jede Hausfrau unzählige Male bei ihren Arbeiten unterbrochen, bekommen kein Geld für ihre Arbeit und erhalten diesen Platz, den sie als Ort der Frauenkultur verstehen und an dem auch Männer und Kinder willkommen sind.
Plötzlich wird mir bewusst, wie wichtig die Funktion der Hausfrau ist: in den meisten Fällten unsichtbare Arbeit, für die es keine Anerkennung gibt, die als selbstverständlich genommen und oft genug noch von den anderen Familienmitgliedern als typisch weibliche Pflicht eingefordert wir.
Was würde sich ändern, wenn wir diese Arbeit des Aufräumens, Kochens, Putzens, Wäschemachens, Einkaufens, Kinder versorgen, kranke Familienmitglieder pflegen, mit dem Bewusstsein machen würden, daß sie gesellschaftlich notwendig ist? Wenn wir Hausfrauen-Netzwerke gründen würden, wenn wir diese Tätigkeit öffentlich machen würden?
Ich möchte mich hier auf keine Fall für das alte Familienmodell einsetzen, in dem die Ehefrau nach der Geburt der Kinder zu Hause blieb und damit tatsächlich alles brachliegen ließ, was sie jemals gelernt und gern getan hatte.
Ich möchte aber an dieser Stelle versuchsweise mal sagen: ich arbeite in vielen Bereichen, als Krankenschwester, Therapeutin, Ritualgestaltende, Kräuterfrau, Gärtnerin und Hausfrau. Und alle diese Tätigkeit sind gleich-gültig und gleich wichtig.
Lichtmess-2012-090

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