Schmoeler Hexenstein

Astrid macht gerade eine Reise durch Deutschland und war ein paar Tage meine Gästin. Es war schön, ihr diese Landschaft zu zeigen, der ich mich so verbunden fühle. Am Freitag fuhr ich mit ihr an die Ostsee: das erste Mal seit über vier Jahren an den Eitz, weil das in meinen Augen der schönste Küstenstreifen in meiner Nähe ist. Die Steilküste hat schon wieder ihr Gesicht verändert, jeder Sturm nagt an ihr und reißt Bäume herunter. Auf dem abgerutschten Hang blühte Hunderte von kleinen Sonnen - Huflattich, die Pflanze, die meinen Bronchien immer wieder zuverlässig hilft.
Dieser wilde Küstenstreifen ist voller Erinnerungen an gemeinsame Spaziergänge mit J. Aber am Freitag rief sie keinen Schmerz mehr wach, sondern Dankbarkeit für die gute Zeit, die wir miteinander gehabt haben, bevor sie nicht mehr gut war.
Die Ostseewellen flüsterten zärtlich, wir sammelten Steine und glatt geschliffene Holzstückchen, ein paar Angler trieben in ihren seltsamen Schlauchboothosen auf dem Meer, zwei entgegenkommende Männer lächelten mich an. Da war plötzlich eine große Liebe in mir, zum Leben, zur Erde, zu allem, was ist.

Ich habe letzte Woche eine Einladung zu einem Treffen bekommen, bei dem der Bildhauer Jan Koberstein sein Projekt "Schmoeler Hexenstein" vorstellen wollte. Hintergrund sind Hexenverbrennungen auf Gut Schmoel im 17. Jahrhundert, die durch den Grafen von Rantzau veranlasst wurden, nachdem es zu Denunziationen gekommen war.
Jan Koberstein möchte ein Denkmal errichten und damit zur Wiedergutmachung beitragen.
Astrid und ich fuhren am Mittwoch zu dem Treffen nach Schwartbuck im Feuerwehrhaus. Als wir das Haus betraten, begegneten wir zwei Männern. "Sind wir hier richtig?"fragte ich. "So wie Sie aussehen, sind Sie das", war die Antwort. Im Versammlungsraum saßen überraschend viele Menschen. Es waren noch zwei Stühle frei, wie reserviert für uns.
Der Bildhauer stellte sein Projekt vor. Ich fand einiges bemerkenswert: daß ein Mann sich hier eine Herzensangelegenheit erfüllen will, daß eine kleine Gemeinde diese Idee soweit mitzutragen bereit ist, daß sie sogar schon ein Stück Land dafür gekauft hat, daß soviele Leute da waren, die sich offensichtlich sehr angesprochen fühlten und daß endlich, endlich die Aufarbeitung der Hexenverbrennungen einer größeren Menge Menschen am Herzen liegt.
Als Mitte der 80er Jahre die spirituelle Frauenbewegung dieses Thema ins Licht des Bewusstseins brachte, gab es einige, die behaupteten, die verfolgten und verbrannten Frauen inkarnierten sich jetzt wieder. Das glaube ich auch. Aber für den Mainstream war das damals spinnertes Zeug, Spökenkram.
Und jetzt setzt sich eine kleine Dorfgemeinde für so ein Projekt ein. Alle Achtung!
Ich habe jedenfalls meine Mitarbeit zugesagt und werde weiter berichten

Jetzt ist die liebe Astrid, mit der ich Zeit und Raum geteilt habe, wieder weg. Es war schön mit dir, du Süße!
Marie-Luise - 18. Mär, 22:31