Allein leben

Zur Zeit wohnt meine Tochter bei mir. Sie macht ein Schulpraktikum in der freien Schule in Selent. Wir beide sind ja aneinander gewöhnt, und es gibt keinen Kleinkrieg um die Verteilung der Hausarbeit. Einerseits bedeutet das Zusammenleben mit ihr Entlastung für mich, andrerseits wird meine gewohnte und durchaus auch geschätzte Routine durcheinander geworfen. Und dann gibt es da auch die altbekannten kleinen Reibereien, wenn Dinge nicht so laufen, wie eine sie gern hätte.
Nun habe ich ja mit mir selbst die Übereinkunft getroffen, meine Lebendigkeit nicht mehr im alltäglichen Beziehungskampf zu verpulvern, aber wie geht eine mit der Impulsivität der anderen um? Ich erinnere mich an meine eigene Impulsivität und stelle fest, wie wohltuend für mich und wohl auch für andere ist, daß sie nur noch selten geschieht.
Es ist wohl eine große Kunst, mit einem Menschen unter einem Dach zu leben und sich selbst und den anderen so zu lassen, wie er/sie ist.

Durch die neue Oya erfuhr ich etwas über das Herbizid Clomazone, das auf Rapsfelder gesprüht wird, um den Wuchs von Beikräutern zu unterbinden. Clomazone ist gesundheitsschädlich, was weder die Hersteller-Firma Syngenta noch die Agrarlobby stört. Daß Clomazone verwendet wurde, kann eineR am weißlichen Blättern von Wildkräutern am Weg- und Feldrand, aber auch an welken Bäumen und Sträuchern erkennen. Mir fiel es wie Schuppen von den Augen: diese verblassten Pflänzchen habe ich im letzten Spätsommer haufenweise am Feldwegrand nach Selent gesehen, direkt neben einem riesigen Rapsfeld, das auch an meinen Garten grenzte. Es war nicht zu übersehen und zu überriechen, daß die gutseigenen Äcker mit der Agrochemiekeule behandelt werden, aber jetzt hat die Sache einen Namen.
Was kann eine tun? Weiterhin "Bio-Sprit" (welch zynische Bezeichnung) boykottieren, weiterhin sehr genau darauf achten, was ich einkaufe und verwende. Wo es keine Abnehmer mehr für Scheiße gibt, wird auch keine Scheiße mehr produziert.
Zum Thema Scheiße: im gleichen Oya-Heft steht ein interessanter Artikel über den überaus fruchtbaren Humus Terra preta in Amazonien, der von den indigenen Völkern vor den Konquistadoren aus Gartenabfällen, Holzkohle und eben Scheiße hergestellt wurde. Heute befassen sich etliche Menschen damit, diesen besonderen Kompost herzustellen. Und dabei wurde deutlich, daß menschlicher Kot nur dann genommen werden kann, wenn er frei von Chemikalien, also den gängigen Medikamenten von Psychopharmaka bis Betablockern ist, die ein deutscher Durchschnittsbürger so schluckt. Und natürlich spielt auch die Ernährung eine extrem wichtige Rolle. Es gibt also sone und solche Scheiße ;-)
Marie-Luise - 17. Jan, 22:02