Gode - Göttin

Am Wochende war ich beim diesjährigen Godentreffen im Frauenbildungshaus Altenbücken bei Bremen. Sehr friedlich und entspannt dieses Mal, viel Singen und Tanzen und ein lustiges Ahninnenritual (ganz ungewohnt bei hellem Mondschein).
Ich kam inspiriert und mit einem warmen Gefühl für diese Frauen zurück, die mir Schwestern geworden sind. Wie gut tut mir das Eintauchen ins weibliche Feld.
Die Idee, das Göttliche weiblich zu sehen und mit Ritual und Tanz in den Alltag zu bringen, stammen aus der spirituellen Frauenbewegung, die sich Mitte der 80er Jahre formiert hat und seitdem gewachsen ist wie ein Baum mit Hunderten von Ästen: da gibt es die englische Wicca-Bewegung, die Reclaiming-Frauen um Starhawk, die Hexenzirkel und die vielen Frauen, die ihren eigenen Stil entwickelt haben und sich nicht auf ein bestimmtes System festlegen wollen (zu denen ich mich zugehörig fühle).
Auch wir Goden haben keine einheitliche Vorstellung von dem, was wir Göttin nennen.
Das Gemeinsame scheint mir zu sein: das Bewußtsein, daß das Weibliche das Leben hervorbringt, der Wille, diesem Weiblichen nach Tausenden Jahren von Unterdrückung, Vernichtungswellen, Verstümmelung, Versklavung wieder zu seinem Recht und zur Heilung aller erlebten Traumata zu verhelfen, auf allen Ebenen.
Die Erde ist weiblich, der Kosmos ist die große Gebärmutter, in der wir uns entwickeln.
Wenn diese Weltsicht wieder in den Alltag gebracht wird, ist das eine subversive Aktion. Wenn ich etwa in den Münsterschen Dom gehe und dort für die heilige Barbara eine Kerze anzünde, ehre ich damit keine katholische Heilige, sondern eine der heiligen vorchristlichen Frauen. Es macht Spaß, sich auf diese Weise die alten Stätten, die alten Symbole, die alten unterstützenden Energien wieder zurückzuholen. Ganz einfach, indem wir es tun. Kein Kampf, keine Diskussion - einfach tun, was eine braucht, um sich wieder mit dem Großen Ganzen zu verbinden, das wir Göttin nennen.
Die Frauen um Vera Zingsem (www.polythea.com) bereiten z.B. einen Göttinnen-Wagen für den Kölner Karneval vor. Das gefällt mir.
Siegrun erzählte von einem Ritual in Glastonbury in England, bei dem Männer einen Trommelkreis um die Frauen bildeten. Da bekomme ich doch Lust, mal wieder nach England zu reisen.
Vergnügt und mit dem deutlichen Gefühl, daß parallel zu Chaos und dem drohenden Zusammenbruch unseres Gesellschafts- und Wirtschaftssystems Heilung geschieht, fuhr ich nach Hause.
Wie gut, daß Eva damals vom Apfel vom Baum der Erkenntnis genascht hat!

Marie-Luise - 18. Okt, 22:19