Altweibersommer

Letzte Woche feierten wir ein schönes Herbst-Tag-und-Nacht-Gleiche-Ritual am Vogelsee. Zwei Silberreiher saßen in einem Baum und sahen uns zu.
Und danach wurde das Wetter besser: trocken, warm und sonnig.
Ich bin heute aus der Nachtwache gekommen, habe am Nachmittag eine Gang nach Selent zum Einkaufen gemacht, die restlichen Kartoffeln aus der Erde geholt und Feldsalat eingesät. Dafür ist es recht spät, aber vielleicht klappt es noch.
Am Wochenende habe ich den Treckern mit ihren riesigen Eggen jenseits der Gartengrenze zugesehen: zwei Tage und auch einen Teil der Nächte waren sie zu Gange mit ihren tranceinduzierenden brummenden Motoren. Wieder dachte ich: Männer lieben Maschinen, und die haben ja auch etwas Faszinierendes. Andrerseits sehe ich, wie brutal diese Art des Felderbestellens ist. Für die kleinen Tiere, die auf und in der Erde leben, muß das doch einem Erdbeben gleichkommen.
Die Behandlung bei Heilpraktiker L. habe ich letzte Woche beendet. Anders als beim Rolfung habe ich dieses Mal auf meine innere Stimme gehört.
S. hat mir Pilates empfohlen, um meinen Rücken zu stärken. Sie sagte, daß meine Zeit im Gipsbett in meinem ersten Lebensjahr mir geholfen habe, langsam im Erdenleben anzukommen.
Ich habe Erinnerungen an diese Zeit - Eindrücke, Farben, Geräusche, Licht - die ich mit Alleinsein und Geborgenheit assoziiere. Mein Vater sagte, ich wäre in dieser Zeit ruhig und zufrieden gewesen.
Manchmal in der letzten Zeit erfüllt mich ein Gefühl von Weite, eine Art von Liebe, die sich auf alles richtet. Es ist gar nicht genauer zu beschreiben, so neu und ungewohnt ist es.

Marie-Luise - 27. Sep, 21:13