Dienstag, 10. Mai 2011

Körperschema

Ostara-2011-137
Es ist knochentrocken, seit Wochen schon, und mittlerweile auch heiß. Wenn ich im Garten sitze, auf den ausgedörrten Boden sehe und dem Wind zuhöre, erinnert sich mein Körper an die Naxos: die Hitze, die allmählich den Alltagsstress aus meinen Muskeln löste und mich lustvoll und sinnlich machte. Mittelmeerklima im Norden! Aber ich rechne mit einem nassen Sommer. Seit 2007 beobachte ich, daß der Frühling heiß und trocken ist, und dann setzt irgendwann der Regen ein.

Wie werden Körper wahrgenommen, wie sollten sie der Öffentlichkeit präsentiert werden - immer wieder beliebtes Thema. Heute gab es ein Gespräch unter Kollegen dazu: darf weibliches Personal in der Klinik körperbetonte Kleidung tragen? Die Meinungen gingen wie immer weit auseinander. Da gibt es die Position, oft von Männern vertreten, daß Frauen auf tiefe Dekolletés und kurze Röcke verzichten sollten, weil das die männlichen Patienten unruhig machen und sie zu Übergriffen verleiten würde.
Ich bin früher gern mit großem Dekolleté und kurzem Rock, engen Hosen und hochhackigen Schuhen zur Arbeit gegangen (das mit den Schuhen war zugegebenermaßen ziemlich verrückt, weil nach einem Acht-Stunden-Tag auf den Beinen die Füße brannten), aber Übergriffe habe ich wegen meiner Kleidung nicht erfahren, jedenfalls nicht von Patienten. Wohl aber verbale Übergriffe von männlichen Vorgesetzen, die der Meinung waren, daß ich Vergewaltigungen geradezu herausforderte. Ich schlug vor, sie sollten sich für die Einführung von Tschador und Burka in Deutschland einsetzen, und es macht mir große Freude, so weiter zu machen wie bisher.
Mein Kollege Markus sagte heute, daß Kulturen, die von ihren Frauen verlangen, sich in Burkas und ähnliches zu hüllen, den Frauen eine Verantwortung zuschieben, die nicht ihre sei. Männer seien für das, was sie mit ihren sexuellen Gefühlen machten, ausschließlich selbst verantwortlich. Es hat mir gut getan, diese klaren Worte mal aus dem Mund eines Mannes zu hören. Danke, Markus!
Ich wünsche mir sehr, daß wir Frauen lernen, unseren Körper für seine Lebendigkeit zu schätzen, statt ihn mit Fitness-Folter und Diäten zu quälen. Allein dieser Mythos von der Cellulite, die eine nicht haben darf! Ich glaube, daß die meisten Frauen Cellulite haben, und wenn nicht, sind sie entweder sehr jung, Extremsportlerinnen oder magersüchtig. Na gut, es mag einige wenige Ausnahmen geben. Cellulite ist keine Krankheit, sondern ein Merkmal des weiblichen Körpers und zeigt seine spezielle Fähigkeit, sich im Falle einer Schwangerschaft extrem zu weiten.
Es gibt ein Foto von Vivienne Westwood, die sich weitgehend nackt auf eine Recamiere drapiert hat und ihren cellulitischen Oberschenkel in die Kamera hält. Ich wünsche mir mehr solcher Frauen wie sie: alt, schön, ungeniert.
Ostara-2011-138

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