Allgäu

Ich war wieder auf Reisen: zwei Tage in Münster bei Eltern und Tochter, dann eine Woche im Frauenhof im Allgäu mit Ute Schiran. Ich versuch schon gar nicht mehr zu beschreiben, was wir Frauen da gemacht haben, denn es entzieht sich einfach jeder Schilderung. Eine muß es erleben. Nur soviel: dieses Mal haben wir in den ersten Tagen geschwiegen. Daß eine, die so gern und viel redet wie ich, sich leicht tut im Schweigen und es sogar genießt, verwundert vielleicht die eine und den anderen, ist aber so. Interessant war auch, daß ich in der Schweigezeit das hervorragende vegetarische Essen von Gabriele noch mehr genießen konnte und gleichzeitig weniger aß. Ich war viel draußen, habe Rehe aus der Nähe gesehen, und an einem klaren Tag zeigten sich auch die Alpen. Am Berghang wuchs massenweise Bärlauch und trotz Schnee lag schon Frühlingsstimmung in der Luft.
Hier im Norden ist es dagegen noch sehr kalt.
Wir sprachen über die Aufstände im arabischen Raum. Ute bezeichnet die Haltung vieler Westler als Kolonialismus: wir bilden uns ein, wir wüßten, was für die Frauen in Afghanistan, im Iran, in Algerien usw. gut und richtig ist. Tatsächlich können die Frauen dort nur selbst herausfinden, wie sie leben wollen. Wer sagt denn, daß unsere Lebensweise die einzig Wahre und Gute ist? Und um eines beneide ich die dortigen Frauen sehr: sie haben eine eigene weibliche Kultur, die sich in ihren Tänzen, in ihren gemeinsamen Aktivitäten zeigt. Ich habe das vor vielen Jahren bei einer türkischen Freundin erlebt: das Feiern und Tanzen, das gemeinsame Essen und die ganz spezielle Erotik, die entstehen kann, wenn Frauen unter sich sind.
Erotik ist ein Lebensmittel, sagt Ute in Anlehnung an die verstorbene afroamerikanische Dichterin Audre Lorde. Sexualität ist nur ein Splitter davon. Es geht um größtmögliche Lebendigkeit.

Martin, Katharina und ich auf dem Spielplatz

Marie-Luise - 1. Mär, 22:45