Besuch beim Arzt

Seit einigen Wochen habe ich ein dickes schmerzendes linkes Knie. Ich half mir mit einer Bandage und vermied Bewegungen, die schmerzhaft waren. Dann bin ich aber doch mal zu einem anthroposophischen Arzt gegangen, der mir empfohlen worden war. Ich habe es auch als Gelegenheit gesehen, mir nach zwölf Jahren mal wieder einen Hausarzt zu suchen. Ab und zu kann so einer ja nützlich sein.
Ich muß sagen, ich bin angenehm überrascht worden. Er ist mit seinen Ansichten über Diagnostik genauso drauf wie ich: möglichst wenig Geräte, möglichst viel Eigenwahrnehmung. Er legte Wert darauf, meine eigene Einschätzung zu hören, er nahm mich ernst und bestätigte mich. Außerdem gab er mir noch ein paar Hinweise, die nützlich und nicht bevormundend waren. Ganz schnell hatte er raus, daß ich nur selten zum Arzt gehe, nämlich dann, wenn meine eigenen Maßnahmen zu nichts führen. Und wofür ich ihn hätte knutschen können: als ich berichtete, daß mich vor Jahren von den gynäkologischen Vorsorgeuntersuchungen verabschiedet hatte, weil ich es leid war, mich dafür zu rechtfertigen, daß ich nicht zur Mammographie gehe, bestätigte er mich auch in dieser Haltung. So machen Arztbesuche Spaß.
Ach ja, meine Laborwerte sind alle im Normbereich, und mein Knie ist ein wenig arthrotisch, was ja durchaus altersentsprechend ist. Ich werde also mal wieder meine Osteopathin aufsuchen, die mir bei meinen gelegentlichen Gelenkbeschwerden immer prima geholfen hat.
Ironie des Lebens und Synchronizität: als ich nach Hause kam, lag da die zweite Vorladung in diesem Jahr zum Mammographie-Screening. Ich hätte auf die erste Einladung nicht reagiert. Sicher wäre mir etwas dazwischen gekommen, deshalb hätte ich jetzt noch mal die einmalige Gelegenheit, diese überaus wichtige Untersuchung... blablabla.
Sicher gibt meine Krankenkasse meine Daten weiter an die Praxis, die zu dieser Untersuchung einlädt. Wenn ich könnte, würde ich sofort aus der gesetzlichen Krankenversicherung aussteigen.
Jetzt höre ich einige aufschreien: Du könntest Krebs bekommen und daran sterben!
Stimmt, könnte ich. Was nur ganz selten erwähnt wird, aber in medizinischen Kreisen durchaus bekannt ist: ein großer Teil der Krebspatienten stirbt nicht am Krebs, sondern an den Folgen der Behandlung.
Ich habe keine Ahnung, was ich tun werde, sollte ich Krebs bekommen. Das beunruhigt mich nicht, denn ich werde es wissen, wenn es soweit ist. Es beunruhigt mich aber sehr, wenn ich zu einer Untersuchung genötigt werde, die mein zartes Brustgewebe mechanisch und radiologisch strapaziert. Kürzlich habe ich im Radio über das Mammographie-Screening gehört: die Chance, damit einen Brustkrebs fünf Jahre zu überleben, liegt um 1 Promille höher als ohne Mammografie. Dafür wird aber mit Mammografie-Screening deutlich häufiger operiert. Nein danke!
Marie-Luise - 29. Okt, 22:12