Noch ein Umzug

Ein paar Tage in Münster, um meinen Eltern bei Umzugsvorbereitungen zu helfen. Sie haben ihr Haus verkauft und beziehen eine kleinere Wohnung, die ihren Bedürfnissen als alte Menschen eher entgegenkommt. Ich finde es gut, daß sie in ihrem Stadtteil und damit in ihrem gewohnten Umfeld bleiben.
Mein Bruder war mit seiner Frau aus Schwaben angereist. Die beiden dübelten in der neuen Wohnung an, was an die Wände mußte, während ich Kisten im Akkord packte.
Meine Eltern wanderten durch das Haus, in dem sie fast vierzig Jahre ihres Lebens verbracht haben. Ich weiß, daß ihnen der Abschied schwer fällt.
Freitagmittag waren wir bei W. und H., einem befreundeten Ehepaar, zum Essen eingeladen. Sie sind sehr herzliche aufgeschlossene Menschen, deren Gegenwart ich immer angenehm finde. Ich ertappte mich dabei, daß ich Paare sehr genau beobachte: wie leben sie zusammen? Wie gehen sie miteinander um? Wie ist die Arbeitsteilung?
Es gibt ja offensichtlich Paare, die es lange und gut miteinander aushalten, wenn auch nicht so häufig. Ich würde gern wissen, wie sie es schaffen, ihre Verbindung lebendig zu halten. Alle Paare, die zufrieden wirken, sind aktiv, haben etwas Gemeinsames (und damit meine ich nicht gemeinsame Kinder, auch nicht gemeinsames Vor-der-Glotze-Abhängen) und existieren gleichzeitig als Individuen mit persönlichen Interessen.
Ich gebe zu, daß ich mich nach einem Menschen sehne, mit dem ich gemeinsam alt werden kann.
Ich verbrachte die letzte Nacht in diesem Haus und brachte gestern mit meinem Sohn ein paar Möbel, die ich von meinen Eltern geerbt habe, nach Lammershagen. Mein Vater hat sie gebaut, sie sind funktionell und schön, und ich freue mich über sie.
Ansonsten ist es seltsam: angesichts des Alters und der zunehmenden Hilfsbedürftigkeit meiner Eltern fühle ich mich richtig erwachsen. Und ich bin froh, sie unterstützen zu können.
Während ich durch Münster fuhr, entdeckte ich an den Getreidesilos am Hafen das überdimensionale Bild eines Stieres, der mich sehr an die Höhlenmalereien von Lascaux erinnerte. Es wirkte magisch: der gehörnte Stier in dieser Industrielandschaft. Später erfuhr ich von Katharinas Freund Martin, das es das Werk des Münsteraner Künstlers Pellegrino Ritter ist.
Wissen eigentlich noch Leute, daß Kühe Hörner tragen würden, wenn sie nicht serienmäßig auf qualvolle Weise enthornt werden. Übrigens auch die meisten Bioland-Kühe. Nur Demeter-Kühe dürfen ihre Hörner noch tragen. Seit ich das weiß, heißt es für mich, nur noch Milchprodukte von horntragenden Kühen zu kaufen.
Marie-Luise - 21. Feb, 20:12
