Jäger und Jägerinnen

Hier stürmt es schon den dritten Tag in Folge. Heute machte ich mich mal wieder auf den Weg zum Einkaufen ins Nachbardorf. Da, wo der Weg nur von Feldern begrenzt ist, mußte ich mich durch abenteuerliche Schneewehen hindurcharbeiten. Schneeschuhe wären nicht schlecht gewesen, und leider hatte ich auch nicht an meine Kamera gedacht. Auf dem Rückweg waren meine eigenen Spuren schon wieder zugeweht.
Die gestrige Autofahrt nach Kiel zu Dorothee war nicht so lustig: der Sturm blies so sehr, daß ich zeitweise nur auf Verdacht fuhr. Immer da, wo die Bauern die Knicks, das sind die in Holstein traditionellen Wallhecken, entfernt haben, um Riesenfelder für ihre monströs großen Landmaschinen zu schaffen, kommt es zu meterhohen Schneeverwehungen auf den Straßen. Ich war gestern wirklich dankbar für die vielen Menschen, die 24 Stunden am Tag mit ihren Räumfahrzeugen unterwegs sind.
Mir ist noch mal das Thema "Männer sind Jäger" durch den Kopf gegangen. Da kann eine mal sehen, wie gehirngewaschen wir sind: wir gehen ja ganz selbstverständlich von der Richtigkeit dieser Behauptung aus. Aber es ist bekannt, wird halt nur nicht so an die große Glocke gehängt, daß auch Frauen Jägerinnen waren und noch sind, z.B. bei den Inuit und Aboriginals, und allein oder mit den Männern zusammen gejagt haben. Ich glaube, dieser viel zitierte Jägermythos rührt von dem verständlichen Wunsch her, einen sinnvollen eigenen Beitrag für das Wohl der Sippe/Familie zu bringen und darauf stolz sein zu können.
Was ist vom Männer-sind-Jäger-Mythos geblieben? Heute wird aus "sportlichen" Gründen gejagt (die Briten nennen die Treibjagd bezeichnenderweise "bloodsports"), manche Jäger beschwören auch ihre Funktion als Regulierer. Es sind aber oft dieselben, die sich einer Wiederansiedlung der Wölfe und Bären, die ja die ursprünglichen Regulierer waren, widersetzen.
Dann fallen mir noch Männer in Kampfanzügen auf Kreta ein, die uns auf einer unserer Wanderungen ganz stolz winzige, erschossene Vögel entgegen hielten. Oder die Männer auf Gozo, die an den Wochenenden alles aus der Luft schossen, was keine Bogen um das maltesische Archipel machte. Ich habe es mit eigenen Augen gesehen, wie ein getroffener Bussard abstürzte. Auf Malta und Gozo überleben nur Vögel, die in winzigen Käfigen vor sich hin vegetieren.
Das Bedürfnis, einen Beitrag für das Große Ganze zu leisten, scheint universell zu sein. Um die Jagd kann es sich da in meinen Augen heute jedoch nicht mehr handeln. Ich kann mir da noch einiges mehr vorstellen, z.B. nachhaltig denken und handeln, oder wie indigene Völker sagen: sieben Generationen im Voraus denken.
Marie-Luise - 11. Jan, 16:17
