Mittwoch, 24. Januar 2018

Ermächtigung

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Gestern trafen wir Sprachpat*innen und Flüchtlingshelfer*innen uns, um zu besprechen, was wir im Falle der Familien tun können, denen die Abschiebung droht. Es war nicht das erste Treffen. Dieses Mal war noch eine der Koordinatorinnen des Kreises Plön dabei, die wir eingeladen hatten. Es kamen drei weitere in der Kreisverwaltung für das Thema Geflüchtete zuständige Personen, die wir nicht eingeladen hatte; sie schienen es aber für wichtig zu halten zu kommen.
Die Stunde mit ihnen fühlte sich für mich sehr befremdlich an: die Ranghöchste der drei redete sehr, sehr viel ("sabbeln" nennt der Norddeutsche das). Aber unterm Strich waren es nur zwei Botschaften:
- sie können auch nichts machen; das ist Aufgabe des Gesetzgebers
- unser Engagement als Helfer*innen sei trotzdem sinnvoll, weil dank uns die Abzuschiebenden gute Deutschkenntnisse nach Hause mitnehmen.
Aha!
Dann gingen die drei, nachdem sie jedem von uns die Hand gegeben hatten.
Wir sahen uns an und fragten uns: "Was hat uns das jetzt gebracht?"
Sinnvoller war dann der anschließende Termin mit einer Frau von den Kieler Nachrichten, die einen Artikel über das Thema schreiben wird. Sie hörte uns zu, schrieb alles auf und gab uns anschließend noch ein paar nützliche Tipps.
Wir erfuhren übrigens auch noch von einer Person, die es wissen muss, daß zur Zeit alle Asylanträge von afghanischen Geflüchteten abgelehnt werden und es dem BAMF völlig schnurzegal ist, ob diese Menschen gut integriert sind.
Mir gefällt die Idee, die Blechanstecknadeln, die wir letztes Jahr für unser Engagement bekommen haben (und auf die keine*r von uns scharf war) in einer öffentlichkeitswirksamen Aktion an die Landesregierung zurückzugeben.
Einer aus unserem Kreis fragte, ob den Verantwortlichen in Berlin wohl klar sei, was passierte, wenn alle ehrenamtlichen Helfer ihre Tätigkeit einstellten, sozusagen in Generalstreik gingen.
Sehr aufgeladen und wütend ging ich nach Hause. Dort erwartete mich die neue Brennstoff. Und die ist mal wieder so toll, daß ich sie sofort zum x-ten Mal empfehlen muss. Mittlerweile auch online verfügbar:
http://brennstoff.com/ausgaben/selbstermaechtigung/
Besonders stark der Artikel über das Kongo-Tribunal von Milo Rau. Daß es ganz furchtbar ist, was seit 20 Jahren im Kongo abgeht, wusste ich schon. Aber es ist noch viel, viel furchtbarer. Und das alles wegen Coltan, das wir für unsere Handys, Smartphones, Laptops usw. brauchen. Durch das Tribunal meldeten sich viele Menschen bei den Veranstaltern und schilderten andere Fälle von Verbrechen global agierender Firmen. Außer dem üblichen Verdächtigen Monsanto sind auch z. B. VW und KiK beteiligt. Letztlich wahrscheinlich fast alle.
Ganz großartig ist auch das Interview mit dem chilenischen Biologen und Philosophen Humberto Maturana, der über seine Begegnung mit Pinochet berichtet - sehr ehrlich, sehr offen.
Es geht um Selbstermächtigung: die Verantwortung für unser Handeln liegt bei jedem von uns, immer und immer wieder. Das ist Freiheit.
Hier noch ein schönes Zitat von Howard Zinn:
"Ziviler Ungehorsam ist nicht unser Problem. Unser Problem ist ziviler Gehorsam. Unser Problem ist, dass Unzahlen von Menschen aus aller Welt den Diktaten der Anführer ihrer Regierungen gehorcht haben und in den Krieg gezogen sind - und Millionen sind aufgrund dieses Gehorsams ermordet worden. Unser Problem ist, dass Menschen aus aller Welt angesichts von Armut und Hunger, Grausamkeit, Dummheit und Krieg gehorchen. Unser Problem ist, dass Menschen gehorchen, während die Gefängnisse voller unbedeutender Diebe sind, während die ganz großen Diebe die Gesellschaft anführen und ausrauben. DAS ist unser Problem."
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