Montag, 20. Februar 2017

Die schwingenden Felder

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Essen und Trinken hält Leib und Seele zusammen. Wie wahr!

Ich möchte etwas erzählen, was ich seit Ende letzten Jahres weiß, weil das jetzt kein Geheimnis mehr ist: mein langjähriger Freund J. hat Krebs.
Silvester habe ich mit ihm und seiner Frau, meiner Freundin I. gefeiert und wir haben über das Thema Krebs und Sterben ganz unbefangen sprechen können. Dabei haben wir viel gelacht. Vielleicht klingt das für einige befremdlich. Für mich ist es hingegen genau die Art und Weise, die ich mir den Umgang mit dieser Krankheit wünsche. Und ich verfolge mit großem Interesse, wie J. mit der Diagnose Krebs umgeht.
Heute haben wir lange miteinander telefoniert, und es war einfach nur erfreulich mitzubekommen, mit welcher Offenheit und Neugier er dieser Krankheit begegnet ("der Krebs bin ich", "das letzte Abenteuer meines Erdenlebens"). Es geht ihm gut.
Für ihn war vom Moment der Diagnose klar, daß er keine der schulmedizinischen Möglichkeiten, den Tumor zu verkleinern oder zu eliminieren versuchen wird. Das finde ich einfach nur großartig! Kein Bedauern, kein Hadern, stattdessen eine solche Offenheit für dieses seltsame Treiben in seiner Bauchspeicheldrüse. Ja, er will verstehen, wie und wann und warum irgendetwas in ihm die Entscheidung getroffen hat, in Tod bringendes Wachstum überzugehen. Er sieht den Krebs nicht als Feind - dann sähe er ja einen Teil von sich selbst als Feind - sondern als eine Möglichkeit Neues über sich herauszufinden.
Die Schulmedizin prognostiziert bei dieser Art von Krebs einen relativ schnellen Tod. Sie mag Recht haben, aber ihm geht es darum, sich die verbliebene Zeit, ob sie nun Monate oder Jahre beträgt, schön zu gestalten.
Wen es interessiert, in seinem Blog schreibt J. einiges zu diesem Thema: https://www.selbsterkenntnis-eigensinn.de/blog/
Ich habe in den letzten Jahren mit so vielen an Krebs erkrankten Menschen zu tun gehabt - einige sind gestorben, einige leben und haben die Krankheit als Aufforderung genommen, ihr Leben neu zu gestalten - und weil ich gern in Analogien denke, ist mir diese Idee gekommen:
Die Krebserkrankungen nehmen deutlich zu. Ich sehe da auf globaler Ebene eine Synchronizität zum vorherrschenden Wachstumsparadigma, das ja eine globale Form von Krebs ist - mit tödlichen Folgen für unsere eigene und andere Gattungen. Ich halte es für möglich, daß der Umgang mit einer persönlichen Krebserkrankung uns etwas über den Umgang mit der globalen Krebserkrankung des unbegrenzten Wirtschaftswachstums lehren kann.
Eine Gewissheit habe ich im Laufe meines Lebens gewonnen: wenn ich gegen etwas kämpfe, geht es mir schlecht. Wenn ich für etwas kämpfe, kommt Unterstützung aus den Bereichen, die Ute Schiran so schön "die schwingenden Felder" genannt hat.
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